Kreis Lörrach „Verbote sind keine Option“

Die Oberbadische
„Durch die CO2-Bepreisung wird ein Anreiz geschaffen das eigene Heizverhalten zu überdenken und fossile Energieträger einzusparen“, meint CDU-Bundestagskandidatin Diana Stöcker. Foto: zVg

Frage: Frau Stöcker, Sie wollen die Interessen der Region in Berlin

Frage: Frau Stöcker, Sie wollen die Interessen der Region in Berlin vertreten. Welche Ziele haben Sie sich auf die Fahne geschrieben?

Unser Wahlkreis liegt am weitesten von Berlin entfernt, deshalb braucht unsere Region eine engagierte Stimme in Berlin. Neben den Belangen von Stadt und ländlichen Raum müssen die Auswirkungen der Grenzlage berücksichtigt werden. Wir brauchen mehr Pflegekräfte und Kurzzeit- und Tagespflege, um pflegende Angehörige zu entlasten.

Wir müssen mehr Ärzte ausbilden für eine Versorgung im ländlichen Raum. Wir brauchen eine tragfähige Verkehrsinfrastruktur wie den Ausbau der A 98 oder der S-Bahnen. Wir brauchen mehr sozialen Wohnungsbau. Wir brauchen ein neues „Schwarzwald-Programm“, um die Besonderheiten der regionalen Landwirtschaft in der Förderpolitik besser abzubilden.

Frage: Bei der vergangenen Bundestagswahl hat die CDU nicht nur im Wahlkreis herbe Verluste einfahren müssen. Was lässt Sie dennoch optimistisch in die Zukunft blicken?

Ich bekomme von Menschen im Wahlkreis viel Zuspruch und Unterstützung. Diese verweisen auf meine Erfahrungen als Bürgermeisterin und Kreisrätin. Die aktuellen Herausforderungen für Deutschland sind zu groß, um an der CDU als größte Volkspartei vorbeizukommen. Wir haben viele hochengagierte und couragierte Politikerinnen und Politiker, denen es eine Herzensangelegenheit ist, unser Land so zu gestalten, dass auch unsere Kinder und nachfolgenden Generationen gesund, sicher und in einer sozialen Gemeinschaft leben können.

Frage: Ein Blick auf das Geschehen im heimischen Kreis: Welche Stärken und Schwächen sehen Sie für den Landkreis Lörrach. Wie können die Stärken erhalten und ausgebaut werden?

Unsere Region zeichnet sich durch viele kleine und mittelständische Unternehmen aus – viele von ihnen in Familienhand. Deren Kreativität und Problemlösungsfähigkeit werden wir nach der Krise brauchen, damit der wirtschaftliche Aufschwung gelingen kann. Deshalb ist mir die unbürokratische Unterstützung dieser Unternehmen besonders wichtig.

Ein starker Wirtschaftsstandort braucht auch eine effiziente Infrastruktur. Dazu gehören auch der Ausbau und eine dichtere Taktung von Bus und S-Bahn, auch grenzüberschreitend. Ebenso muss der Radverkehr bei der Planung von Verkehrswegen stärker berücksichtigt werden.

Frage: Was sind für Sie die zentralen Zukunftsaufgaben, und wie sollen diese gelöst werden?

Zentrale Zukunftsaufgaben weltweit sind die Bekämpfung des Klimawandels, ein friedliches Zusammenleben, die Sicherung von Ernährung, Trinkwasser und Gesundheit. Für mich sind diese nur durch eine gute internationale Zusammenarbeit und ein starkes Europa zu lösen.

Für Deutschland sehe ich die Bewältigung der Pandemiefolgen – nicht nur die ökonomischen, sondern auch die sozialen Folgen – als unmittelbare Aufgabe. Hinzu kommen der Abbau der Bürokratie, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus und der Ausbau der Digitalisierung. Die zentrale Zukunftsaufgabe für uns alle ist der Klimawandel. Das sind wir den nachfolgenden Generationen schuldig.

Frage: SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil erklärte, dass das Unionsprogramm vor allem für all diejenigen, die „unser Land während der Pandemie am Laufen gehalten haben“, nichts biete. Stattdessen sollen Unternehmenssteuern gesenkt und der Soli für Spitzenverdiener abgeschafft werden. Was erwidern Sie?

Hier wird völlig falsch ein Gegensatz hergestellt. Unternehmen haben in der Pandemie die Arbeitsplätze für die Menschen erhalten. Dank des Kurzarbeitergeldes konnten große soziale Verwerfungen verhindert werden. Andere Länder beneiden uns um dieses Instrument. Wir müssen die Wirtschaft stärken, denn nur damit werden Arbeitsplätze erhalten. Damit können wir den Sozialstaat sicherstellen.

Frage: Wie kann die Wirtschaft nach der Coronakrise Ihrer Ansicht nach wieder angekurbelt und ein ausgeglichener Haushalt angestrebt werden?

Um die hohe Staatsverschuldung zurückzuführen, muss die Wirtschaft wieder wachsen. Dafür sind Investitionen und Innovationen nötig, die gute Rahmenbedingungen brauchen. Viele Betriebe und Unternehmen konnten bereits wieder durchstarten. Aktuell sind die begrenzenden Faktoren fehlende Bauteile oder Materialien, weil sie aufgrund der langen Transportwege aus Übersee, Marktspekulationen oder protektionistischen Verhaltens nicht geliefert werden können. Hier muss ein Umdenken stattfinden, wie wir uns wieder unabhängiger machen können, indem wir Produktionen in Europa aufbauen.

Frage: Sehen Sie Korrekturbedarf in der aktuellen Corona-Politik der Bundesregierung?

Ich sehe die Corona-Politik heute auf einem guten Weg raus aus der Krise. Die neuesten Zahlen zeigen, dass die Inzidenz bei Ungeimpften um ein Vielfaches höher liegt und sie diejenigen sind, die auf den Intensivstationen liegen.

Daher weiter der Appell, dass die Menschen sich impfen lassen. Auch aus Solidarität den jungen Menschen gegenüber. Sie haben so viel Rücksicht genommen, konnten nicht in die Kitas, Schulen und Universitäten. Zumindest jetzt müssen sie eine Perspektive haben, dass es keine erneuten Schließungen und Online-Unterricht gibt. Deshalb lehne ich einen erneuten Lockdown entschieden ab.

Frage: Unternehmen sollen durch ein „Entfesselungspaket“ von Steuern und Bürokratie entlastet werden, und zwar in Milliardenhöhe. Lohnzusatzkosten sollen auf einem „stabilen Niveau von maximal 40 Prozent“ gehalten werden. Einige Ökonomen halten das für ungerecht, weil eine Entlastungsperspektive für Geringverdiener und Mittelschicht fehle. Verliert die Union den sozialen Aspekt aus dem Blick?

Ziel ist eine wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung in Deutschland vergleichbar mit anderen Staaten. Aktuell droht eine der höchsten Unternehmensbelastungen weltweit. Dadurch gefährden wir Arbeitsplätze. Steuerpolitik ist auch abhängig von der konjunkturellen Lage. Kleine und mittlere Einkommen wurden bereits in der letzten Legislaturperiode entlastet. Wenn es die Haushaltslage erlaubt, sollen Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen weiter entlastet werden, damit diese mehr Geld in der Tasche haben.

Frage: Der Klimaschutz spielt auch für die CDU eine große Rolle. Wie kann die Klimaneutralität erreicht werden, ohne Arbeitsplätze in Deutschland zu gefährden?

Die Pariser Klimaziele sind unsere Grundlage. Um sie zu erreichen, den CO 2-Ausstoß zu senken und bis 2045 ein klimaneutrales Industrieland zu werden, braucht Deutschland so schnell wie möglich 100 Prozent Erneuerbare Energie. Das gibt es nur mit innovativen Technologien, wirtschaftlichen Investitionen und koordiniertem Handeln von Politik, Industrie und Gesellschaft. Denn wir brauchen bezahlbaren Strom, um Industrie und Wirtschaft verlässlich zu versorgen.

Klimaneutralität wird ein Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft werden. Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO 2-Reduktion sollen künftig steuerlich besser abgesetzt werden können.

Frage: Die CDU will den CO 2-Ausstoß über einen Zertifikatehandel drosseln. Bis dieses Instrument auch nur europaweit am Start ist, dauert es. Brauchen wir nicht bis dahin nationale Alleingänge? Etwa auch Verbote?

Verbote sind keine Option. Die Menschen zu gängeln und ihren Erfindergeist einzuschränken, bringt uns keinen Schritt weiter. Es braucht technische Innovationen, mehr Freiräume und weniger Bürokratie. Das Instrument des Emissionshandels ist der richtige Weg. Wir streben einen umfassenden europäischen Emissionshandel mit einheitlichem Preis und globaler Anschlussfähigkeit an.

Frage: Die Grünen haben sich mit ihrem „Klimaschutz-Sofortprogramm“ ehrgeizige Ziele gesetzt. Welche Aspekte stoßen bei Ihnen auf Kritik, und was macht die Union besser?

Die Union setzt sich für Freiheiten und gegen Verbote, Hemmnisse und zusätzliche Belastungen für die Bürger ein. Sie begrenzen die Kreativität und Leistungsfähigkeit des Mittelstandes. Problematisch ist ebenso das geplante „Vetoministerium“ der Grünen. In der Frage der CO 2-Bepreisung liegen wir nicht sehr weit auseinander. Der CO 2-Preis wird bis 2025 steigen, das steht schon im Gesetz. Wir wollen den Pfad der CO 2-Bepreisung „straffen“, die Bepreisung also schneller machen. Aber nur dann, wenn es sozialverträglich und mit Ausgleich möglich ist. Wir dürfen die Geringverdiener und sozial Schwachen in unserer Gesellschaft nicht vergessen.

Frage: Die CO 2-Bepreisung beim Heizen soll nach den Vorstellungen der CDU der Mieter tragen. Der hat es aber nicht in der Hand, eine Heizungsanlage zu erneuern. Warum nimmt Ihre Partei die Vermieter nicht mit in die Pflicht?

Die CDU hält am bestehenden Verursacherprinzip fest, wonach derjenige die Kosten trägt, der sie auch verursacht. Bei Heizkosten ist dies der Mieter, der durch sein Heizverhalten über die Menge der genutzten Energie bestimmt. Durch die CO 2-Bepreisung wird ein Anreiz geschaffen das eigene Heizverhalten zu überdenken und fossile Energieträger einzusparen.

Frage: Mit dem Siegeszug der Taliban wird es wieder zu Flüchtlingsströmen in Richtung Europa kommen. Ihr Kanzlerkandidat erklärte, dass sich Ereignisse wie 2015 nicht wiederholen dürfen. Welche Flüchtlingspolitik will die CDU verfolgen?

Unser Asylrecht ist klar definiert und bietet Schutzbedürftigen den Schutz, den sie benötigen. Viele Geflüchtete würden lieber in ihren eigenen Kultur- und Sprachräumen bleiben, auch weil sie die Hoffnung nicht aufgeben, irgendwann wieder in ihre Heimat zurückkehren zu können. Daher ist die Unterstützung der Anrainerstaaten sehr wichtig, damit sie diesen Flüchtlingen eine Perspektive geben können.

Frage: Bitte ergänzen Sie: Wenn ich Bundeskanzlerin wäre,

... würde ich mich für ein starkes Europa einsetzen, sowohl in der Außen-, Sicherheits-, Klima- und Wirtschaftspolitik. Und es wäre mir ein großes Anliegen, unsere Gesellschaft wieder zu einer Gemeinschaft zusammenzuführen.

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