Kreis Lörrach 30 000 Euro für obdachlose Frauen

Die Oberbadische

Hilfsprojekt: Angebot der AGJ-Wohnungslosenhilfe für wohnungslose Frauen: „Frauen-WG“ in Brombach

Schon seit vielen Jahren leistet das Erich-Reisch-Haus in der Wallbrunnstraße vielfältige Hilfen für Wohnungslose in Lörrach. „Wir haben einen Teil für Frauen, aber die meisten Bewohner sind einfach männlich“, erklärt Dorothy Luneman, Mitarbeiterin im Sozialdienst Wohnen. Genau das ist aber ein Alptraum für diejenigen Frauen, die gerade aus psychisch oder physisch gewalttätigen Beziehungen kommen und in der Wohnungslosigkeit landen.

Von Nina Ricca

Kreis Lörrach. Um dieser Thematik gerecht zu werden, haben Stefan Heinz, Leiter der AGJ-Wohnungslosenhilfe im Landkreis gemeinsam mit Stadt und Landkreis ein Projekt für wohnungslose Frauen gestartet. „Wir nennen es die ‚Frauen-WG‘“, erklärt Luneman. Das schöne, alte Haus in Brombach ist für Männer verboten. Insgesamt stehen acht Zimmer zur Verfügung, derzeit sind fünf davon bereits besetzt. Die Einrichtung der Zimmer und der Gemeinschaftsküche wurden von der Aktion „Leser helfen Not leidenden Menschen“ unserer Zeitung mit insgesamt 30 000 Euro unterstützt.

„Als ich hier eingezogen bin, wusste ich, dass ich jetzt heilen darf.“, berichtet eine Bewohnerin. Nach 25 Jahren Ehe hat sie ihren Mann verlassen, am Ende hat sie mit ihm und den sieben Kindern in den USA gewohnt. „Ich bin noch fast sieben Jahre in den USA geblieben, um in der Nähe meiner Kinder zu sein.“ Auch dort hat sie auf der Straße oder in Frauenhäusern gelebt, um ihrem Exmann zu entkommen. „Er hat gedroht, dass er mich umbringt und meine Leiche irgendwo verscharrt, und nach den Grausamkeiten vorher hielt ich das für möglich.“

Die Bewohnerin berichtet ruhig und mit klarem Blick. „Ich habe nie zu Drogen gegriffen, dabei hat mir auch mein Glauben geholfen. Heilung dauert einfach, das Schlimmste für eine Frau ist, wenn sie in ihrer Beziehung keine eigene Stimme mehr hat.“

Zurückgekehrt nach Deutschland in ihre badische Heimat wollte sie erstmal einfach ihre Seele heilen. „Man fühlt sich, wie nach einem Krieg. Ich habe keine anderen Menschen ertragen und musste erst lernen, dass ich nicht an allem selbst schuld war.“ Dankbarerweise konnte sie bereits nach drei Wochen im Erich-Reisch-Haus in die Frauen-WG ziehen. AGJ-Mitarbeiterin Luneman besucht die Bewohnerinnen mehrfach pro Woche und betreut mit einer Kollegin die erschöpften Frauen in Einzelgesprächen. „Wir erleben oft bei häuslicher Gewalt, dass die Frauen sich selbst die Schuld zuschreiben und sich Vorwürfe machen.“, berichtet Luneman. Auch verdeckte Obdachlosigkeit sei häufiger, als man denkt. „Frauen, die von zuhause ausziehen, aber nicht auf der Straße wohnen möchten und dann bei einem Mann einziehen. Das führt immer wieder zu neuem Mißbrauch durch die scheinbare Abhängigkeitssituation.“

Das Erich-Reisch-Haus hat eine ambulante Fachberatung, die in jedem Fall als erste Anlaufstation zur Verfügung steht. Dort wird auch entschieden, welche der Frauen in die Frauen-WG einziehen kann. Die Bewohnerinnen freuen sich über Spenden, die die Wohnungslosenhilfe Lörrach oder Projekte wie Näharbeiten, Gartenarbeit oder Freizeitaktivitäten unterstützen.

Bei Interesse können Leser sich auf der Homepage www.wohnungslosenhilfe-loerrach.de informieren.

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