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Kreis Lörrach Vertrauen in Energiepolitik auf Tiefstand

Michael Werndorff
Die steigenden Energiekosten und eine nur langsam voranschreitende Energiewende setzen vielen Unternehmen zu. Foto: pixabay/pixabay

Hohe Energiepreise treiben Unternehmen um.

Die Auswirkungen der Energiewende belasten viele Unternehmen. Ein jetzt präsentiertes Energiebarometer für den Südwesten ist von minus zwei im Vorjahr auf minus 25,9 im Jahr 2022 abgestürzt, wie der Baden-Württembergische Industrie- und Handelskammertag mitteilt. Besonders in der Industrie wird die Kombination aus dem Krieg in der Ukraine, gestiegenen Energiepreisen, stärkerer Umweltregulierung und der langsame Umbau der Energie-Infrastruktur als Belastung wahrgenommen.

Diese Entwicklung macht auch vor den Unternehmen im Landkreis Lörrach nicht Halt, wie Daniel P. Herkommer, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft, im Gespräch mit unserer Zeitung erläutert. Mitgliedsbetriebe können aber von einer Strompreisgarantie profitieren, erläutert Herkommer das Angebot von Energiedienst. „Der jetzige Stromvertrag läuft am 30. Oktober aus und lief über einen Zeitraum von drei Jahren“. Dann folgt ein neuer Vertrag, der zwar teurer sei, aber immer noch unter den aktuellen Strompreisen liege.

Steigende Nachfrage

Viele Unternehmen wüssten das Angebot in dieser schwierigen Zeit zu schätzen. „Und es werden wohl mehr Unternehmen, die solch einen Vertrag mit dem Energieversorger abschließen wollen. „Wir tun etwas für unsere Mitglieder“, lautet seine Botschaft.

Ein Baustein seien Preisgarantien, ein anderer Investitionen in den Betrieb, um sich unabhängiger von steigenden Energiekosten zu machen: Angesichts der steigenden Preise ergreifen Unternehmen Maßnahmen zur Steigerung der eigenen Energieeffizienz, verweist Herkommer auf energiesparsamere Anlagen und Maschinen sowie die Installation von Solar- und Wärmerückgewinnungsanlagen.

Solarstrom nutzen

Ein Beispiel: Seit April produziert die Metzgerei Stich in Schopfheim ein Viertel des benötigten Stroms selbst, wie Frank Stich im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Hochleistungssolarmodule wurden auf einem neuen Carport, auf bestehenden Garagen und einem Vordach der Metzgerei installiert. „Allein das Vordach produziert 16 bis 20 Kilowattstunden pro Tag. Der Strom fließt direkt in unseren Betrieb“, freut sich Stich, der sich mit seiner Investition insgesamt zufrieden zeigt.

Allerdings gibt es auch Nachteile, moniert Stich: Sinkt sein Verbrauch, so rutscht er in einen teureren Tarif. „Wir müssen dann mit dem Energieversorger nachverhandeln.“ Kurzum: „Wer spart, wird abgestraft.“ Dennoch empfiehlt er auch anderen Firmen zu investieren, schließlich gehe es auch um einen ökologischen Prozess. So hat er unter anderem eine Industriespülmaschine mit Energierückgewinnung sowie eine Wärmerückgewinnungsanlage angeschafft. „Das sind alles gute Investitionen. Ich bereue nichts.“ Zu den energieintensiven Branchen zählt auch das Bäckerhandwerk: Dank moderner Technik spart die Bäckerei Paul in Lörrach 80 Prozent Energie ein.

Kurzum: Die Betriebe reagieren auf steigende Energiepreise auf unterschiedliche Weise, weiß Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee. „Sie versuchen, durch spezifische Maßnahmen Energie einzusparen. Dazu gehören der Einsatz energieeffizienter Technologien, die Optimierung von Produktionsprozessen und die Schulung von Mitarbeitenden im Umgang mit Energie.“ Viele Unternehmen investierten in erneuerbare Energien, um ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, fasst Marx zusammen.

Das Vertrauen in die Energiepolitik sei auf einem Tiefstand, die Frustration der Unternehmerinnen und Unternehmer hoch – das lasse sich anhand der Zahlen im Energiewendebarometer ablesen, so Marx auf Anfrage unserer Zeitung. Die Umfrage verdeutliche auch, dass kleine regulatorische Maßnahmen nicht mehr ausreichen. „Wir brauchen einen großen Wurf, damit unsere Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähig bleiben. Nur am Strompreis zu drehen, wird allerdings nicht reichen, damit Deutschland ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleibt.“

Für stabile Preise

Versorgungssicherheit und Preisstabilität in der Energieversorgung seien wichtige Bausteine, der defizitäre Arbeitsmarkt, die marode Infrastruktur, die wuchernde Bürokratie kämen als weitere Baustellen hinzu. „Unsere Mitgliedsunternehmen brauchen nicht nur sichere und bezahlbare Energie, sie brauchen auch gut ausgebildete Mitarbeiter, sie müssen sich auf Straße und Schiene, im Netz und mobil effizient bewegen können und sie wollen nicht tagtäglich mit einer wachsenden Flut von Vorschriften und Regelungen ausgebremst werden“, fasst Marx zusammen. Für Abhilfe bei den hohen Energiepreisen will Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sorgen. Er plant einen subventionierten Industriestrompreis von sechs Cent pro Kilowattstunde. Das würde zu großen Wettbewerbsverzerrungen führen, sollten kleinere Unternehmen außen vor bleiben, warnt Herkommer.

„Über 95 Prozent aller deutschen Unternehmen zählen zum vielgepriesenen deutschen Mittelstand. Es ist kein Geheimnis, dass ihre Optionen, exorbitanten Energiekosten kurzfristig mit einer Verlagerung ins Ausland zu begegnen, weitaus geringer sind als die multinationaler Konzerne, die bereits über solche alternativen Standorte verfügen“, so Marx.

Die IHK unterstütze den Vorschlag des Dachverbandes, der Deutschen Industrie- und Handelskammer, durch eine Ausweitung des Stromangebots die Stromnebenkosten zu reduzieren. „Ergänzt durch niedrige Steuern und Abgaben können kurzfristig wettbewerbsfähige Energiepreise in der Breite erreicht werden“, ist Marx überzeugt.

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