Kreis Lörrach Weichen für die Zukunft stellen

Michael Werndorff
Glück im Unglück: Höhere Schlüsselzuweisungen des Landes wirken sich entlastend auf den Kreishaushalt 2022 aus. Foto: Archiv

Kreistag: Haushalt 2022 wird verabschiedet / Grüne kritisieren mangelnde Klimaschutzmaßnahmen

Die Folgen der Corona-Pandemie sind vielerorts zu spüren. Lichtblicke gab es indes zuletzt bei den Beratungen für den Kreishaushalt 2022: Sah dieser zunächst eine Unterdeckung von fast 5,3 Millionen Euro vor, waren es bei der gestrigen Verabschiedung noch 3,8 Millionen. Zudem einigten sich die Fraktionen auf eine Senkung des Hebesatzes der Kreisumlage um 0,5 Zähler auf 31,6 Prozent.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Der Kreis müsse auf Basis einer sinnvollen Priorisierung einen Weg finden, die zur Verfügung stehenden Ressourcen zu kombinieren, um Herausforderungen bewältigbar zu machen, sagte Landrätin Marion Dammann am 20. Oktober bei der Einbringung des Haushaltsentwurfs. Eine Botschaft dabei lautete: Der Hebesatz der Kreisumlage, also jene Finanzmittel, welche die Kommunen an den Landkreis entrichten müssen, dürfe angesichts der schwierigen Lage, in der sich viele Gemeinden befinden, nicht ansteigen. Und: Der Haushalt wies nach dem Vorjahr zum zweiten Mal ein Minus im Ergebnishaushalt auf.

Doch es gibt auch Lichtblicke: Da die Steuereinnahmen im maßgeblichen Jahr 2020 zunahmen, steigt damit auch die Kreisumlage 2022 in absoluten Zahlen, finanziell entlastend wirken sich höchstwahrscheinlich auch die höheren Schlüsselzuweisungen des Landes aus. „Jedenfalls könnten wir mit dieser Annahme, die sich hoffentlich Mitte Dezember als richtig erweisen wird, die Kosten einer Hebesatzabsenkung um 0,5 Punkte ausgleichen“, wie Finanzdezernent Alexander Willi auf Nachfrage unserer Zeitung erklärte.

Weiter rechnet die Verwaltung mit mehr Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer. Aber: Nach wie vor liegt die Höhe der Kreisumlage wieder deutlich unter dem Nettoressourcenbedarf im Sozialwesen von knapp 136 Millionen Euro.

Deutliche Kritik formulierte Grünen-Chef Bernd Martin: „Nach unserer Auffassung ist es ein äußerst enttäuschender Haushaltsentwurf.“ Es sei ein Haushalt des „weiter so wie bisher“. Den großen Herausforderungen werde der Entwurf nicht gerecht, da sich in ihm wenig Ambitioniertes in Richtung Klimaschutz finde. Den Vorschlag von CDU und FW, SPD und jetzt auch der Verwaltung, den Hebesatz zu senken, um die Städte und Kommunen etwas zu entlasten, hätten die Grünen wie in den Vorjahren abgelehnt, so Martin. „Angesichts der fehlenden Umweltschutzmaßnahmen und der Großzügigkeiten in anderen Bereichen gehen wir aber ausnahmsweise bei diesem Vorschlag mit.“

Die Fraktion hoffe, dass mit der Senkung endlich ernsthafte Anstrengungen unternommen würden, die strukturelle Deckungslücke zu bekämpfen und Spielräume, etwa für den Umweltschutz und den ÖPNV, zu schaffen. Völlig unverständlich sei die Anhebung des Budgets für Straßen- und Brückensanierungen, führte Martin aus, der dringende Nachbesserung bei den Planungen zum Ausbau der Regio-S-Bahn forderte.

Dass man beim Klimaschutz die Weichen bereits im Jahr 2019 richtig gestellt habe, befand FW-Fraktionsvize Martin Bühler. Die unternehmensunabhängige interkommunale Wärmeplanung sei jedenfalls ein Leuchtturmprojekt, alle Gemeinden im Landkreis beteiligten sich dabei. Zum Klimaschutz gehöre auch die Weiterentwicklung der Mobilität. So sei ein Angebotsausbau der Regio-S-Bahn für die Zukunft dringend erforderlich. „Möglichst viele Stellplätze zu bauen ist keine Alternative.“

Die Digitalisierung sei eine weitere wichtige Zukunftsaufgabe, betonte Bühler, der dann einen Blick auf den Sozialbereich warf. Dieser gebe Anlass zur Sorge: Die Transferleistungen für Sozial- und Jugendhilfe führen nämlich zu einem Defizit in Höhe von acht Millionen Euro. „Trotzdem werden wir die in diesem Jahr vorgenommenen Kürzungen im Freiwilligkeitsbereich weitgehend zurücknehmen, um die vorhandenen guten Strukturen nicht dauerhaft zu gefährden.“

Sorgen bereiten laut Paul Renz (CDU) die erheblich steigenden Kosten in der Eingliederungshilfe mit einem Plus von zehn Prozent zum Vorjahr, unter anderem als unmittelbare Folge des Bundesteilhabegesetzes. Und in der Hilfe zur Pflege sei der Landkreis mit rund 65 Euro pro Einwohner Spitzenreiter. Der Trend nach oben sei vorgezeichnet.

Der CDU-Fraktionsvorsitzende brachte aber auch Optimismus zum Ausdruck: „Wir verkennen die schwierige Haushaltssituation des Kreises nicht, wir gehen aber davon aus, dass auch das laufende Haushaltsjahr nicht mit dem vorgesehenen Fehlbetrag, sondern einem ordentlichen Plus abschließen wird“, kommentierte er den CDU-Antrag auf Senkung des Umlage-Hebesatzes. „Dadurch beteiligen wir die Städte und Gemeinden an den Mehreinnahmen aus der November-Steuerschätzung und dem höheren Ansatz der Grunderwerbssteuer.

„Wir zehren noch von den guten Ergebnissen aus den Vorjahren, insbesondere aus denen des Jahres 2020“, befand Oliver Friebolin für die FDP. Er trug die Haushaltsrede von Fraktionschef Manuel Karcher vor. Zwar stehe seine Fraktion hinter den Beratungsergebnissen, man sei jedoch sehr kritisch in Sachen finanzieller Entwicklung der kommenden Jahre, so Friebolin, der für Christoph Hoffmann in das Gremium nachrückte. Die neu gewählte Bundes-Ampel müsse nun liefern und einen guten Diskurs führen, und: „Bund und Land sind weiterhin in der strengen Pflicht, die Finanzkraft unserer Kommunen und Landkreise zu stärken.“ Seine Fraktion erachte das Gegensteuern im Sozialbereich als enorm wichtig, weitere Einsparungen in naher Zukunft müssten abgelehnt werden. Gleichwohl sei das Ziel zu setzen, zukünftig einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen.

Die Senkung des Hebesatzes forderte neben den anderen Fraktionen auch die SPD. Denn: „Es kann nicht sein, dass die Kommunen vor Ort ihre Aufgaben in allen Bereichen der Daseinsvorsorge kürzen oder infrage stellen müssen, um mit erhöhten Beiträgen die Kreisumlage zu finanzieren“, sagte SPD-Chef Klaus Eberhardt. Auf Dauer gefährde dies die kommunale Verantwortung für die Pflichtaufgaben wie Kinderbetreuung und Schulmodernisierung. Rückblickend dankte Eberhardt den Kooperationspartnern im Sozialwesen, die trotz finanzieller Kürzungen für ein Weiterbestehen der Beratungsangebote gesorgt hätten. Mit der Pandemie sei die Nachfrage weiter gestiegen, weshalb man sich früh für die Zurücknahme der Kürzungen eingesetzt habe. Letztlich forderte Eberhardt zur absoluten Haushaltsdisziplin in den Folgejahren auf.

Wie seine Vorredner warf auch Wolfgang Fuhl (AfD) den Blick nach vorne und erklärte: „Um die zukünftigen Aufgaben zum Wohle der Bürger stemmen zu können, müssen wir die Schere zwischen Kreisumlage und Nettoressourcenbedarf im Sozialwesen wieder schließen. Das ist unser strukturelles Defizit“, verwies er auf ein Delta im Plan von etwa 17 Millionen Euro.

Bis auf die Anschaffung weiterer Messtechnik zur Geschwindigkeitsüberwachung trug die AfD den Haushaltsentwurf mit. Fuhl: „Es gibt bereits genügend Blitzer im Landkreis.“

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