Kreis Lörrach Weitere Kräfte gehen von Bord

Peter Ade
Die Kliniken des Landkreises Lörrach stehen vor großen Herausforderungen. Foto: Peter Ade

Kreiskliniken: Verantwortliche reagieren auf steigendes Defizit mit Umstrukturierungen an Standorten

Nach Geschäftsführer Armin Müller und dem Medizinischen Geschäftsführer Bernhard Hoch verlassen zwei weitere Führungskräfte die Kliniken des Landkreises: die Geschäftsführerin Pflege Kathrin Knelange und der Geschäftsführer Verwaltung & Service Marco Clobes haben ebenfalls gekündigt. Unterdessen verteidigen Landrätin Marion Dammann und der neue Leitende Geschäftsführer Sascha Sartor die angekündigte zügige Umstrukturierung der drei Kreiskliniken und des St. Elisabethen-Krankenhauses aus Kostengründen. Für das Jahr 2022 wird mit einem Defizit in Höhe von 20 Millionen Euro gerechnet.

Von Peter Ade

Kreis Lörrach. „Knelange und Clobes werden diesen Weg leider nur noch kurze Zeit mitgehen, da sie ihre Lebensmittelpunkte in andere Regionen verlagern.“ Bis dahin würden sie den von ihnen mitinitiierten Weg „mit voller Kraft“ vorantreiben, hieß es gestern bei einem Pressegespräch. Weiter wurde angekündigt, dass zur Regelung der Nachfolge in den kommenden Wochen Gespräche stattfinden. Außerdem bekräftigten die Landrätin und der Geschäftsführer, dass die Profile der Häuser zur Steigerung der Versorgungsqualität und der Patientenzufriedenheit sowie zur Verbesserung der Personal- und Kostensituation im ersten Halbjahr 2023 neu aufgestellt würden.

„Wir werden Maßnahmen ergreifen, um die schlechte finanzielle Situation baldigst in den Griff zu bekommen“, bekräftigte die Landrätin in ihrer Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzende die „gewaltige Herausforderung“. Die anstehenden Themen seien „sehr komplex“. Der Landkreis stehe zu seiner Verantwortung für das ambulante und das stationäre Gesundheitswesen in der Region. Der Kreistag werde seine Hausaufgaben machen und in Kürze weitere wichtige Entscheidungen treffen.

Finanzielle Schieflage

Bekannt ist, dass die Kliniken des Landkreises nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten sind. Wie gestern bestätigt wurde, wird für das Jahr 2022 mit einem Defizit von rund 20 Millionen Euro gerechnet. Deshalb sollen noch vor Inbetriebnahme des Zentralklinikums „Entenbad“ die Funktionen der bestehenden Standorte überarbeitet werden. So muss Schopfheim – bis auf die Psychiatrie – alle Abteilungen abgeben, während gleichzeitig der Standort Rheinfelden gestärkt und um die Diabetologie erweitert wird.

„Die angestrebten Korrekturen erfordern von allen Beteiligten große Kraftanstrengung“, unterstrich Sartor. Man sei überzeugt, dass die Umstrukturierung der richtige Weg sei, um gut und in kommunaler Trägerschaft in das Zentralklinikum starten zu können. Sartor und weitere Sprecher betonen: „Es ist uns ein großes Anliegen, ein offenes Ohr für die Mitarbeitenden zu haben.“

Künftige Zuordnungen

Bereits im ersten Halbjahr 2023 sollen die Umstrukturierungen anlaufen. Dafür hat der Aufsichtsrat grünes Licht gegeben. Eine erste Skizze möglicher künftiger Zuordnungen von Abteilungen zu Standorten war Anfang November bekanntgegeben und in den vergangenen Wochen mit Führungskräften intensiv besprochen und vertieft geprüft worden.

Ziel der Neuerungen ist es, die Qualität der Patientenversorgung und die Attraktivität der Kliniken als Arbeitgeber zu sichern und auszubauen. Dafür sollen durch die Zusammenführung von Leistungen zwischen den vier Klinikstandorten in Lörrach, Rheinfelden und Schopfheim und den Abbau von Doppelvorhaltungen weitere Personal- und Strukturpotenziale identifiziert und Kosten gesenkt werden.

Durch Fokussierung unterschiedlicher Leistungsangebote an den vier Standorten mit entsprechender Unterstützung durch die notwendigen Sekundärbereiche wie Anästhesie oder Radiologie werden Schwerpunkte gebildet. Sie sollen Raum bieten für die Erweiterung und qualitative Verbesserung der bestehenden Leistungen.

Mit externer Expertise

Die Geschäftsführung der Kliniken verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel, die Themen Verweildauer, Kosten durch Fremdpersonal, ärztliche Leistungsdichte, Kommunikation und Personal zu fokussieren. Dadurch soll die Situation so verbessert werden, dass ab dem Wirtschaftsjahr 2026 wieder ein (nahezu) ausgeglichenes Ergebnis erzielt werden kann. Zur operativen Umsetzung soll externe Expertise hinzugezogen werden.

Oberstes Ziel der Kliniken bleibt es nach Angaben der Verantwortlichen, die Patientenversorgung im Dreiländereck nicht nur sicherzustellen, sondern zu verbessern und die Arbeitsplätze für rund 2400 Mitarbeitende in kommunaler Trägerschaft zu erhalten. Gleichzeitig wolle man dem zukünftigen Zentralklinikum eine gute Ausgangslage verschaffen.

Durch die angestrebte Konzentration von Fachbereichen entstehen nach Ansicht der Verantwortlichen mehrere Synergieeffekte, die sich positiv auf die Stellenschlüssel, die Qualität der Patientenversorgung und auf die Anzahl der zu versorgenden Patienten auswirken.

Kreis erhöht Kredit

Die Verantwortlichen sind sich einig, dass zur Umsetzung des Sanierungskonzepts die Unterstützung durch den Landkreis notwendig ist. Dammann bestätigte im Pressegespräch, dass sich der Kreistag klar zur kommunalen Trägerschaft bekenne und bereit sei, zusätzlich zu dem bereits genehmigten Kredit in Höhe von zwölf Millionen Euro einen weiteren Kredit über zwei Millionen Euro zu gewährten.

Bevor die Kliniken 2026 wieder ein ausgeglichenes Wirtschaftsergebnis erzielen können, würden sie in den Jahren 2024 und 2025 weitere Hilfen für den laufenden Betrieb benötigen – wenn auch voraussichtlich in geringerer Höhe.

Für die Beurteilung der Fortschritte bei den Restrukturierungen der Kliniken soll dem Kreistag eine begleitende Kontrolle zur Seite gestellt werden – ein Konstrukt, mit dem man bei dem Klinikneubau sehr gute Erfahrungen macht, wie es heißt.

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