Kreis Lörrach Wenn der Protest vor Gericht landet

Valentin Radonici
In Grenzach- Foto:  

Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren können beim Bau von Ampel-Galgen drohen.

Die Proteste der Landwirte in der Region gegen die Bundesregierung und den geplanten Stopp der Rückvergütung der Energiesteuer für Agrardiesel, haben in der letzten Zeit für viel Aufsehen gesorgt. Wichtiges Thema bei den Protestaktionen: rechtliche Grundlagen und das Vorgehen der Polizei gegen Straftaten.

Keine Verfahren bei Gericht

Im Landkreis war es zu Aktionen mit umgedrehten Schildern und Anbringen von Ampelgalgen an Ortstafeln gekommen. Der Vorsitzende des BLHV-Kreisverbandes Lörrach, Heinz Kaufmann, hatte am Montag versichert, dass die Schilder nach den Protesten wieder zurückgedreht würden und man darauf dränge, die Ampel-Galgen zu entfernen. Zwischen den Fällen mit umgedrehten Schildern und den Ampel-Galgen muss unterschieden werden. Johannes Saiger von der Stabstelle Öffentlichkeitsarbeit Polizeipräsidium Freiburg erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung am Dienstag, dass das Umdrehen von Ortsschildern keine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstelle: „Umgedrehte Ortsschilder erfüllen keinen Tatbestand im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht. Daher werden die Ortsschilder von den Kommunen wieder instandgesetzt.“

Die Ampel-Galgen seien von der Polizei erfasst und an die jeweils zuständige Staatsanwaltschaft zur Prüfung vorgelegt worden. Im Kreis Lörrach seien mit Stand vom 4. Januar drei Anbringungen von Ampel-Galgen bekannt.

Brigitta Stückrath, Richterin am Amtsgericht Lörrach, erklärte am Dienstagmorgen, dass beim Amtsgericht bislang keine Verfahren bekannt seien. Den Vorgang in so einem Fall beschreibt sie wie folgt: „Grundsätzlich kommt zunächst der Tatbestand der Sachbeschädigung bei der Zerstörung oder Beschädigung von Gegenständen in Betracht, ebenso, wenn das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird.“

Hier könnten Strafen von Geldstrafe und Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren im Einzelfall in Betracht kommen. Die Verfahren würden über die Polizei der Staatsanwaltschaft vorgelegt, die über die weitere Sachbehandlung entscheide.

Unangemeldete Blockaden

Vor der Großdemonstration am Montag war auch das Thema nichtangemeldete Blockaden präsent. Im Umgang mit solchen Blockaden zieht Stückrath einen Vergleich mit dem Vorgehen gegen Klebeaktionen der „Letzten Generation“. Bei nicht angemeldeten Blockadehaltungen der Landwirte könnten grundsätzlich dieselben Delikte verwirklicht werden, wie bei den Festklebeaktionen der „Letzten Generation“: „Hier kommt vor allen Dingen der Tatbestand der Nötigung in Betracht, der die Verhängung einer Geldstrafe beziehungsweise Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren ermöglicht.“

Im Landkreis ist es bisher weder zu unangemeldeten Blockaden noch zu Behinderungen von Rettungskräften gekommen. Kaufmann hatte am Montag auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet, dass der BLHV die Bauern im Vorfeld angewiesen habe, etwa die Durchfahrt von Rettungsfahrzeugen zu ermöglichen.

4000 Teilnehmer dabei

Beim Großprotest waren einer Pressemitteilung vom Montagnachmittag des Polizeipräsidiums Freiburg zufolge 3500 Fahrzeuge und 4000 Teilnehmer im gesamten Bereich beteiligt. Zahlreiche Kontaktaufnahmen und Kooperationsgespräche mit Verantwortlichen der jeweiligen Versammlungen hätten zu einer hohen Anzahl von Anmeldungen geführt. Die Polizei beschreibt den Verlauf der Proteste als geordnet. Es habe jedoch große Beeinträchtigungen des Straßenverkehrs gegeben.

Zwei Polizeibeamte verletzt

Im Landkreis Lörrach bewegten sich laut Polizei in der Spitze über 600 Fahrzeuge in unterschiedlichen Versammlungen. Bei einem Auffahrunfall eines Verkehrsteilnehmers auf das polizeiliche Schlussfahrzeug eines Aufzuges im Bereich Zell im Wiesental wurden zwei Polizeibeamte leicht verletzt. Ansonsten sei es zu keinen besonderen Vorkommnissen gekommen.

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