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Kreis Lörrach Wenn der Wald unter Druck gerät

Die Oberbadische
Jäger und Revierförster Sven-Hendrik Wünsch sieht durch die vermehrte Nutzung der Natur in Corona-Zeiten Herausforderungen und Chancen.Foto: Ralph Lacher Foto: Die Oberbadische

Umwelt: Corona-Pandemie führt zur vermehrten Freizeitnutzung der Natur- und Kulturlandschaft

Jäger und Forstleute verzeichnen seit den coronabedingten Einschränkungungen des öffentlichen Lebens eine vermehrte Nutzung der Natur- und Kulturlandschaft im Kreis Lörrach. Dass mehr Naherholungssuchende in Wald und Feld unterwegs sind, sei zum einen Herausforderung, zum anderen auch Chance für Jagd-, Land- und Forstwirtschaft, sagen Jäger und Forstleute.

Von Ralph Lacher

Kreis Lörrach. Vorstandsmitglied Thomas Vogl aus dem Kreisverband Lörrach Badischer Jäger lebt in Wittlingen und ist dort auch Jagdpächter. Corona habe ihn und seine Jagdkollegen im gesamten Landkreis betroffen und beschäftige sie nach wie vor.

Die Jäger, die ihr Fleisch im Frühjahr üblicherweise über die regionale Gastronomie vermarkten, hätten durch den Lockdown Absatzprobleme gehabt. Durch die Abstandsregeln sei des Weiteren ein gemeinsames Jagen erschwert worden, weil nicht gemeinsam in einem Fahrzeug in die Jagdreviere gefahren werden konnte, berichtet Vogl. Problematisch sei das eigentlich nur dann gewesen, wenn größere Instandhaltungsarbeiten an Hochsitzen oder Futterstellen nötig waren. „Das war dann für Einzelkämpfer sehr schwierig“, blickt Vogl zurück.

Fernab der Waldwege

Die gerade im Dreiländereck durch Corona erheblich gesteigerte Nutzungsfrequenz von Wald und Feld durch die Erholungssuchenden habe ihn und seine Kollegen ziemlich umgetrieben. „Von Mountainbikern und Joggern fernab der Waldwege bis hin zu freilaufenden Hunden ist alles dabei gewesen“, erzählt Vogl. Das habe die Wildtiere, im Wesentlichen Rehe und Wildschweine, ziemlich verängstigt. „Vor Einbruch der Dunkelheit waren deshalb kaum Wildtiere zu sehen. Sie haben sich, da aufgescheucht vom Mensch, erst später als ansonsten üblich, aus dem Schutz des Unterholzes herausgetraut“, erklärt der erfahrene Waidmann. Man habe seitens der Jäger das Gespräch mit den Mitbürgern im Wald und vor allem jenen, die neben den Wegen unterwegs waren, gesucht. Und meist sei man auf Verständnis gestoßen, sagt Vogl.

Verunsicherte Rehe

Er hat auch ein weiteres Problem erkannt: Vor allem das Rehwild war verunsichert, suchte sich Fluchtwege vor dem Menschen. „Ich hatte im Vorjahr nur einen Wildunfall auf der Kandertalstrecke. In diesem Jahr waren es schon vier“, berichtet Vogl.

Sven-Hendrik Wünsch ist Revierförster im Bereich Maulburg/Hausen, er lebt in Schopfheim-Fahrnau und ist dort auch Jagdpächter. Auch im mittleren Wiesental seien Wald und Feld in Corona-Zeiten erheblich mehr als sonst üblich zur Naherholung genutzt worden. Das habe die Wildtiere auch in seinem Revier zurückhaltender gemacht und das Jagen und die Einhaltung der auferlegten Abschussquoten erschwert, erzählt Wünsch. Und auch Extremsituationen gab es: „Da saß ich auf dem Hochsitz, und in der Abenddämmerung kam aus dem Busch kein Keiler, sondern ein Mountainbiker auf Abwegen“, so der Waid- und Forstmann. Insgesamt habe die coronabedingte Mehrnutzung des Waldes durch den Menschen auf die Wildtiere keinen nachhaltigen Schaden gehabt und habe diesen wohl auch weiter nicht.

Trotzdem appelliert er an die Bürger, bei der Nutzung von Wald und Feld auf den markierten Wegen zu bleiben. Als Jäger und Forstmann sähe er in der vermehrten Kommunikation mit den Waldbesuchern Chancen. „Wir konnten deutlich machen, dass Jäger und Forstleute letztlich Heger und Pfleger sind und für das ökologische Gleichgewicht und nicht etwa aus ökonomischen Gründen aktiv sind“, erklärt Wünsch.

Auch Landwirte gefragt

Als Jäger könne man an die Verantwortung des Menschen für die Tierwelt appellieren, als Forstmann deutlich machen, dass Eschentriebsterben und die Ausbreitung des Borkenkäfers größere Einschlagaktivitäten unumgänglich mache. „Da kamen viele Fragen auf uns zu“, so Wünsch.

Ebenfalls vermehrt „nachgefragt“ waren die Landwirte, und zwar auch im Zusammenhang mit den Wildtieren, machen Vogl und Wünsch deutlich. Rehkitz- und Wildschweinschutz bei gleichzeitigem Getreidebestandsschutz sei für die Jäger ein wichtiges Thema.

Denn wenn Landwirte Grünland mähen, bedeutet dies häufig Lebensgefahr für die Rehkitze, die noch ohne Fluchtreflex im Gras liegen. Da sei es gut, dass man im Kreis Lörrach mit Frank Thoma aus Todtnau und Elias Spickermann aus Schopfheim-Wiechs zwei Drohnenpiloten habe, die mit ihren Wärmebildkameras die relativ kleinen Tiere aufspüren, bevor der Bauer das Feld mäht.

Auch Wildschweine in Mais- und anderen Getreidebeständen kann man mit der Drohne lokalisieren. Und dann durch Vertreiben der gefräßigen Tiere Schaden vermeiden. Das ist nicht nur im Sinne der Landwirte, sondern auch der Jagdpächter. Denn gemäß Jagdgesetz müssen diese für die von „ihren“ Wildtieren verursachten Ertragseinbußen oder anderweitigen Geländeschäden aufkommen – teilweise ein erheblicher finanzieller Aufwand, erklären Vogl und Wünsch.

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