Kreis Lörrach Wenn die Existenz bedroht ist

Michael Werndorff
Am Mittwoch startet der bundesweite Lockdown. Der stationäre Einzelhandel hat das Nachsehen. Weihnachtseinkäufe verlagern sich dann noch stärker ins Internet. Foto: Die Oberbadische

Lockdown: Handelsverband Südbaden warnt vor Pleitewelle / Politik hat kein nachhaltiges Konzept

Kreis Lörrach - Die pandemische Lage lässt der Politik keine andere Wahl: Mit dem am Mittwoch startenden bundesweiten Lockdown wird das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben wieder runtergefahren. Nun drohen tausende Pleiten, warnt Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südbaden.

Endspurt im Weihnachtsgeschäft für den stationären Einzelhandel, denn morgen geht Deutschland in den zweiten Voll-Lockdown seit Beginn der Pandemie. Was bedeutet das für viele kleine und mittelständische Unternehmen? „Die Beschlüsse sind existenzbedrohend“, erklärt Peter Spindler, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südbaden, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Mit Blick auf 200 000 Betriebe drohten zahlreiche Insolvenzen. Denn viele Branchen erwirtschafteten in diesen Tagen rund 20 bis 30 Prozent ihres Jahresumsatzes. In einzelnen Branchen wie Bücher, Uhren oder Schmuck liegt der Wert noch deutlich höher. Ein Ausfall des Weihnachtsgeschäfts sei deshalb doppelt misslich, sagte Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, Ende November in einem Interview mit unserer Zeitung. Kleine und mittelständische Unternehmen mit insgesamt 250 000 Arbeitsplätzen in Baden-Württemberg treffe es nun besonders hart, weiß Spindler.

„Das gesamte Weihnachtsgeschäft fällt aus.“ Vor dem Hintergrund des fünfwöchigen Lockdowns im Frühjahr sei dies fatal. Denn jetzt hätten die Unternehmen versucht, den Verlust vom ersten Lockdown einigermaßen auszugleichen. Erschwerend komme in Südbaden hinzu, dass der Einkaufstourismus coronabedingt und wegen eines „Regelwusts“ weitgehend ausgeblieben sei.

Geschäfte liefen schleppend

Und schon vorher sei das Geschäft aufgrund des Teil-Lockdowns nur schleppend gelaufen. Dieser habe dem Bürger gewissermaßen die Lust am Ausgehen genommen, meinte Marx. Der Einzelhandel, der nun seine Tore schließen muss, sei aber auf genau diese Frequenz angewiesen.

Mit dem neuen Lockdown bis zum 10. Januar rechnet der Handelsverband Südbaden für Baden-Württemberg mit einem Umsatzverlust in Höhe von rund drei Milliarden Euro. Sollte es im Januar zu einer Verlängerung kommen, werde der Betrag dementsprechend höher ausfallen, warnt Spindler.

Die Gefahr, dass es zu einem größeren Ladensterben und einer Verödung der Innenstädte komme, sei hoch, macht der Hauptgeschäftsführer deutlich. Er bekräftigt die Forderung des Verbands nach finanziellen Hilfen. Denn: „Die vorliegenden Pläne zur Überbrückungshilfe reichen bei Weitem nicht aus.“

Verlust kann nicht ausgeglichen werden

Der Handel müsse sich umstellen, die Pandemie wirke hier als beschleunigende Kraft, verweist Spindler auf das Onlinegeschäft. Gut jeder vierte Händler versuche, per Internet Umsätze zu generieren. Nicht nur durch das Betreiben eines eigenen Shops, sondern auch durch Nutzung vorhandener Anbieter im Internet. Indes könne der Internethandel das Kerngeschäft im stationären Handel nicht ausgleichen. Und: „Was der Lockdown anrichtet, kann nicht mehr aufgeholt werden“, bilanziert Spindler. Mit Nachholeffekten im Frühjahr sei derweil nicht zu rechnen, Stichwort Saisonware.

Rückblickend hat der stationäre Einzelhandel umfangreiche Hygienekonzepte umgesetzt. „Die Konzepte sind gut, und an diesen kann es nicht gelegen haben“, zeigt sich Spindler ob der steigenden Infektionszahlen ratlos. Niemand wisse die genaue Ursache, bedauert der Hauptgeschäftsführer. Dieser sieht Versäumnisse seitens der Politik nach der ersten Welle. Zudem sei kein nachhaltiges Konzept erkennbar, moniert Spindler. Dass nach zehn Monaten Corona-Pandemie immer noch nicht genügend FFP2-Masken zur Verfügung stünden, sei nicht nachvollziehbar.

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