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Kreis Lörrach Wenn Gesetze zum Problem werden

Michael Werndorff
 Foto: Pixabay

Personalbedarf: Kreisverwaltung sieht sich überfordert

Bei vier Enthaltungen hat der Sozialausschuss dem Kreistag empfohlen, das Stellenplus im Haushaltsplan 2023 zu beschließen. In der Debatte wurde deutlich, dass gut gemeinte Gesetze die Kommunen an den Rand der Handlungsfähigkeit bringen können. Scharfe Kritik übte das Gremium an Land und Bund.

Von Michael Werndorff

Kreis Lörrach. Die Botschaft war eindeutig: Die immer zahlreicher werdenden komplexen Gesetze können in Kommunen angesichts des Personalmangels nicht mehr administriert werden. „Und wir müssen uns auch von der Vorstellung verabschieden, dass wir mehr Mitarbeiter finden werden“, sagte SPD-Kreisrat und Lörrachs Oberbürgermeister Jörg Lutz. „Das wird nicht geschehen. Und Fachkräfte können wir uns auch nicht backen.“ Die Situation mache einen ratlos und ärgerlich.

Probleme an Land und Bund spiegeln

Dass man diese Problematik an Land und Bund spiegeln müsse, forderte Schwörstadts Bürgermeisterin Christine Trautwein-Domschat (FW). Andernfalls werde man handlungsunfähig. Vorgaben und Gesetze würden von Menschen gemacht, die von den Folgen vor Ort wohl keine Ahnung hätten. „Wir müssen die Aufgaben erfüllen und zerfleischen uns an der Basis dabei.“ Indes müssten Lösungen gefunden werden.

Landrätin Marion Dammann sah bei der Landesregierung eine gewisse Hilflosigkeit. Dort wisse man nicht, was Gesetze in der Administration konkret bedeuteten. Sie machte auch auf die Arbeitsbelastung der Mitarbeiter in der Kreisverwaltung aufmerksam: Es sei ein Kommen und Gehen, ständige Wechsel innerhalb der Verwaltung oder Kündigungen seien Alltag. So müssten neue Mitarbeiter, unter anderem Quereinsteiger, eingearbeitet werden, was wiederum Zeit in Anspruch nehme. „Ich würde mir mehr Stabilität wünschen“, die aktuellen Umstände sprächen aber dagegen, bedauerte die Landrätin. Und weiter: Die Kritik der Basis finde bei den Gesetzgebern zu wenig Gehör.

Dammann machte sich dafür stark, Komplexität zu reduzieren, Standards herabzusenken oder sogar ganz darauf zu verzichten. In keinem Verhältnis zu Kosten und Aufwand stünden zum Beispiel Prüfmechanismen, die etwa verhindern sollen, dass wenige schwarze Schafe unberechtigt Leistungen erhalten.

Prozesse müssen vereinfacht werden

Bernd Martin (Grüne) sah einen Lösungsansatz in der Vereinfachung von Prozessen und weiterer Digitalisierung. Ein gutes Beispiel sei die elektronische Steuererklärung. Dammann versprach sich freiwerdende Ressourcen über den Einsatz künstlicher Intelligenz. Für derartige Verfahren brauche es aber einheitliche Lösungen von Land und Bund. Dass sich aber gerade im sozialen Bereich vieles nicht digitalisieren lasse, erklärte Gabriele Weber (SPD).

Die Verwaltung schlägt vor wegen steigender Fallzahlen und wachsender Aufgaben im Haushaltsentwurf 2023 53,25 neue Stellen zu schaffen. Dabei entfallen rund die Hälfte der Stellen auf den Sozialbereich. So soll vor allem das Personal in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, im Bereich Wohngeld und bei der Versorgung von Asylsuchenden aufgestockt werden.

„Die Wohngeldanträge müssen schließlich bearbeitet werden“, kommentierte Sozialdezernentin Elke Zimmermann-Fiscella die Folgen der Wohngeldreform ab 2023. Allein bei den Wohngeldanträgen sei mit einer Verdreifachung zu rechnen, und dafür brauche es Personal. So ist es vorgesehen, die Anzahl der Stellen in diesem Bereich auf zehn zu verdoppeln, um die Arbeit bewältigen zu können. Erhebliche Mehrbelastungen bringe zudem das Bundesteilhabegesetz mit sich, dessen vierte Stufe nächstes Jahr in Kraft tritt. Dies sei gut gemeint, aber nicht gut gemacht, sagte die Sozialdezernentin.

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