Kreis Lörrach Wenn Jugendliche allein fliehen müssen

Maja Tolsdorf
Nahezu 2000 minderjährige unbegleitete geflüchtete Ausländer verschiedener Länder hat der Landkreis Lörrach im Jahr 2023 aufgenommen. Foto: / Pixabay

Das Unterbringen von unbegleiteten minderjährigen Ausländern ist für den Landkreis Lörrach eine Mammutaufgabe. Aktuell sei die Lage aber unter Kontrolle, wie das Landratsamt mitteilt.

 Minderjährige unbegleitete Ausländer (UMA) stellen den Landkreis und die Kommunen vor Herausforderungen. Vor allem anfangs seien diese kaum bewältigbar gewesen, wie Gerhard Rasch, Fachbereichsleiter Jugend & Familie, beim Jahrespressegespräch des Landratsamts zu Jahresbeginn erklärt hatte.

Mehr UMA als anderswo

Denn wegen der Grenzlage des Lörracher Landkreises kommen dort mehr UMA an, als in anderen Regionen Deutschlands, wie die Kreisverwaltung mitteilte. So seien im Jahr 2023 rund 1800 minderjährige Geflüchtete aufgenommen und versorgt worden, ehe sie auf weitere Landkreise in Baden-Württemberg verteilt werden konnten.

Derzeit habe sich die Lage aber entspannt, im Landkreis befinden sich 70 unbegleitete minderjährige Geflüchtete, teilt Thorben Pahl, Pressesprecher des Landratsamts, auf Anfrage unserer Zeitung mit. Die durchschnittlichen monatlichen Zugangszahlen seien seit vergangenem November etwas weniger geworden.

„Wir hatten im ersten Quartal 2024 rund 200 UMA im Zugang. Das sind etwa 70 weniger als im gleichen Zeitraum 2023“, schreibt Pahl in seiner Mitteilung. Voraussichtlich würden die Zahlen aber ab April oder Mai wieder steigen.

Von Mitte April bis Jahresende verfügt der Landkreis über 290 Plätze zur Unterbringung von minderjährigen Geflüchteten. Ab 2025 fallen mit Schönau 100 Plätze weg. Die Bearbeitung der Verwaltungsverfahren und die Verteilung liefen zwischenzeitlich gut, vor allem weil das DRK die Transporte in die anderen Landkreise übernommen hat und der KVJS die Koordination mit den aufnehmenden Jugendämtern übernimmt.

Noch im Herbst hatte sich der Landkreis hilfesuchend an den Kommunalverband Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) gewandt, der gesetzlich für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig ist und damit für die Unterbringung von UMA.

So konnten vor Ort Unterbringungskapazitäten erhöht und die Betreuung verbessert werden. In Bezug auf die Schaffung von Drehkreuzjugendämtern gab es weitere Gespräche mit dem Landkreis- und Städtetag. Eine abschließende Lösung gebe aber noch nicht. Zeit zum Zurücklehnen ist im Landkreis Lörrach aber trotzdem nicht. Denn die meist 15 bis 17-jährigen Jungen müssen von der Jugendhilfe betreut werden. Weil sie ohne Eltern und Familie einreisen, kommen sie nicht in die vom Landkreis betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte, sondern in Inobhutnahmestellen der Jugendhilfe. Diese können dann eine altersgerechte Sozialbetreuung leisten.

Kultur vermitteln

Meist werden die jungen Geflüchteten im Landkreis von Polizei oder Bundespolizei aufgegriffen und an die Jugendhilfe des Landkreises übergeben. Danach geht es für sie zur medizinischen Erstuntersuchung und -versorgung in die eingerichtete Ambulanz in der Kinderklinik Lörrach.

Anschließend werden sie in einer Einrichtung vorläufig untergebracht. Nach dem Erstgespräch mit Mitarbeitern des Fachbereichs Jugend & Familie sowie Dolmetschern werden die Familiensituation, Verwandtschaftskontakte und Schulbildung festgestellt. Dabei haben die Mitarbeiter auch mögliche Traumata der allein geflüchteten Jugendlichen im Blick. In der Aufnahmestelle werden ihnen dann erste Sprach- und Kulturkenntnisse vermittelt, zudem gibt es dort für die jungen Menschen Programme zur Freizeitgestaltung.

In den Jahren 2022 und 2023 kamen 62 Prozent der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge aus Afghanistan, elf Prozent aus Guinea und sieben Prozent aus Syrien. 21 Prozent sind in Regionen Afrikas beheimatet, in denen Diktatoren an der Macht seien und die Jugendlichen, meist im Alter zwischen 15 und 17 Jahren, von ihren Eltern nach Europa geschickt würden. Im Landkreis Lörrach sind aber auch schon jüngere UMA teils unter 14 Jahren angekommen.

  • Bewertung
    4

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading