Kreis Lörrach Zahl der jungen Flüchtlinge steigt weiter

Michael Werndorff
Der Landkreis Lörrach verfügt über 300 Unterbringungsplätze für minderjährige Flüchtlinge. Foto: Beatrice Ehrlich/Beatrice Ehrlich

Im Landkreis Lörrach kommen seit Ende 2022 immer mehr unbegleitete minderjährige Flüchtlinge an.

Es gab schon Wochenenden, an denen bis zu 84 unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA) ankamen. Insgesamt muss der Landkreis in diesem Jahr rund 1700 junge Flüchtlinge aufnehmen und versorgen.

Bis vergangenen Donnerstag waren es etwa 1600. Weitere 100 werden bis Jahresende erwartet. Das stellt die Kreisverwaltung vor enorme Herausforderungen, wie Tilman Rieder, stellvertretender Leiter des Sozialdezernats, beim Jahrespressegespräch des Landratsamts am Donnerstag vor Medienvertretern sagte. Es sei eines der Themen, die die Behörde in diesem Jahr am meisten beschäftigt habe. Der Verwaltungsaufwand sei enorm hoch, verwies er auf die Bearbeitung der zahlreichen Fälle.

Fokuslandkreis

Der Landkreis ist laut Rieder zu einem „Fokuslandkreis“ geworden. Die Zahlen sind eindrücklich: Diese stiegen im landesweiten Vergleich vor allem aufgrund der Grenzsituation im Landkreis Lörrach stark an. Ende Oktober zählte die Verwaltung bereits mehr als 1300 UMA, die durch das Landratsamt vorläufig in Obhut genommen wurden. Im vergangenen Jahr waren es dagegen insgesamt nur 521 geflüchtete Minderjährige, wie die Verwaltung Ende Oktober informierte.

Der Kreis verfügt über fünf Unterkünfte mit insgesamt 300 Plätzen. Täglich gebe es im Schnitt 3,4 Zugänge. Zu 98 Prozent sind es Jungs. Nur vereinzelt seien Mädchen darunter, so Rieder. Mit 80 Prozent kommt die Mehrheit der UMA aus Afghanistan, gefolgt von Guinea und Syrien. 20 Prozent stammen aus weiteren Ländern.

Landkreis ist zuständig

Die UMA werden in der Regel von der Bundespolizei nach dem Grenzübertritt aufgegriffen und dem Landkreis Lörrach als zuständigem Träger der öffentlichen Jugendhilfe überstellt. Der Landkreis muss die minderjährigen Menschen vorläufig in Obhut nehmen und entsprechend betreuen.

30 Menschen sind laut Rieder mit der Betreuung der UMA beschäftigt. Hinzu kommt ein externer Sicherheitsdienst an allen fünf Unterkünften. Nach einer Erstuntersuchung und einem Erstgespräch, in dem die Angabe der Minderjährigkeit überprüft wird, werden sie in der Regel innerhalb von vier bis sechs Wochen an das Landesjugendamt zur weiteren Verteilung in Baden-Württemberg oder auch darüber hinaus angemeldet.

Die Erstgespräche nehmen viel Zeit in Anspruch. Diese würden von zwei Mitarbeitern durchgeführt, dabei seien ein Protokollant und ein Dolmetscher. Acht solcher Teams gebe es. Dafür sei auch Personal aus anderen Bereichen abgezogen worden, kommentierte Rieder den hohen Aufwand in der Organisation und Koordination.

Weitere Entwicklung offen

Zum Prozedere gehöre ein Gesundheitscheck und bei Zweifeln eine Alterskontrolle. „Wir sind den Kliniken sehr dankbar, welche die nötigen Ressourcen zur Verfügung stellen“, sagte Landrätin Marion Dammann. Denn die Kinderärzte könnten die Erstuntersuchung aus kapazitätsgründen nicht übernehmen. Derzeit sehe man viele Fälle von Tuberkulose bei den UMA, wie Tilman Humpl, neuer Ärztlicher Direktor der Kreiskliniken, anmerkte. Bisweilen müssten mehrere UMA gleichzeitig stationär behandelt werden. Laut Rieder ist die weitere Entwicklung bei den minderjährigen Asylsuchenden offen. Die Entwicklung der Zahlen lasse sich nicht abschätzen. Das Land arbeite daran, Kompetenzzentren einzurichten, die für mehrere Kreise zuständig seien – vergleichbar mit den Landeserstaufnahmestellen für Asylsuchende (LEA). Noch sei aber nichts in trockenen Tüchern.

Derweil wollen die Landkreise den politischen Druck auf das Land aufrecht erhalten, so Rieder. „Dann gibt es vielleicht mehr Unterstützung vom Land.“

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