Kreis Lörrach Zu wenig Plätze für Frauen in Not

Nina Ricca
Die Aktion „Leser helfen Not leidenden Menschen“ unserer Zeitung unterstützt in diesem Jahr schwerpunktmäßig Projekte und Institutionen, die sich gegen „Gewalt gegen Frauen“ einsetzen. Darunter sind beispielsweise das Autonome Frauenhaus in Lörrach, das seit 33 Jahren Anlaufstelle für Frauen in Not ist, sowie die Frauenberatungsstelle. Foto: Fotolia

Frauenhaus: 60 Frauen mit Kindern fanden Zuflucht.  Für 94 Frauen  mit 133 Kindern war kein Platz.

Kreis Lörrach - Ein scheuer Blick, den Kopf gesenkt oder ein Veilchen am Auge. So oder ähnlich erwarten wir die offensichtlichen Zeichen von misshandelten Frauen, Opfern häuslicher Gewalt. Aber diese Vorstellungen sind rein fiktiv, im Gegensatz zu der Brisanz des Themas. Sichtbar oder unsichtbar hat laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend jede vierte Frau mindestens einmal in ihrem Leben körperliche oder sexuelle Gewalt erlebt.

Zuflucht finden

Auch in Lörrach ist Gewalt gegen Frauen häufiger als gedacht, etwa 60 Frauen und 60 Kinder haben im Jahr 2017 Zuflucht im Frauenhaus gefunden. Weitere 94 Frauen und 133 Kinder mussten aus Platzmangel im Lauf des Jahres weggeschickt werden. Carolin Throm vom geschäftsführenden Leitungsteam,bedauert das natürlich: „Notaufnahmen nachts und am Wochenende für Frauen aus dem Landkreis Lörrach sind immer möglich. Dann klären wir am nächsten Morgen, wie es weitergeht.“

Die Ankunft im Frauenhaus beginnt ausnahmslos am Telefon. Wenn keine der Mitarbeiterinnen Dienst hat, geht eine der aktuellen Bewohnerinnen ans Telefon. „Wir haben wöchentlich eine Hausversammlung, in der wir außer Putzplan und alltäglichem Ablauf auch schulen, wie der Telefondienst funktioniert“, erklärt Throm.

Flucht bedeutet oft auch Gefahr für Leib und Leben

„Der Standort des Frauenhauses ist geheim, dies dient dem Schutz der Frauen und Kinder und auch der Mitarbeiterinnen. Nicht selten bedeutet deren Flucht Gefahr für Leib und Leben.“

Nach dem Erstkontakt per Telefonat kommen die Frauen, oft mit ihren Kindern an. Am nächsten Werktag findet das erste Aufnahmegespräch statt, in dem sanft geklärt wird, was geschehen ist, was die nächsten Schritte und Möglichkeiten sind und welche Hilfe die Frau braucht.

„Wir arbeiten parteilich, die Frau entscheidet immer selbst, was sie möchte. Wir stärken die Frau in jede Richtung, das heißt, wenn eine Bewohnerin zurück zu ihrem Partner möchte, gibt es auch keine moralische Keule. Dann reden wir einfach über Schutzmaßnahmen.“

Eine Trennung braucht oft mehrere Anläufe

Throm weiß, dass Frauen aus Situationen mit häuslicher Gewalt oft nicht mehr wissen, dass sie eine Entscheidungskompetenz haben. „Ganz oft braucht es mehrere Anläufe, ehe eine Frau sich trennen kann. Aber eine Gewaltbeziehung löst sich nicht von selbst auf“, stellt Throm klar.

Im Frauenhaus erhalten die Frauen den Raum und die Beratung, um einen Neuanfang in Betracht zu ziehen. Das geht von ganz praktischen Ideen, wie man eine Finanzierung auf die Beine stellen kann, bis hin zu der Vermittlung in therapeutische Hilfe.

Solidarität unter Frauen ist sehr bewegend

„Das Schöne ist, dass es bei uns oft sehr fröhlich ist“, lächelt Throm. „Das Wissen ‚Ich bin nicht alleine!‘ und die Solidarität unter den Frauen ist sehr bewegend.“

Das Frauenhaus in Lörrach wird getragen vom Verein „Frauen helfen Frauen“. Derzeit sind fünf Mitarbeiterinnen im geschäftsführenden Leitungsteam in Teilzeit, eine Hauswirtschafterin auf Minijobbasis und eine Praktikantin im Frauenhaus tätig. Die Finanzierung der Ausgaben für die Frauenhausarbeit setzt sich aus freiwilliger Hilfe durch Gemeinden aus dem Landkreis Lörrach, Tagessätzen vom Landratsamt und vom Jobcenter, und etwa 30 Prozent Spenden zusammen.

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