Kultur Andrea Büttner im Kunstmuseum

Dominique Spirgi
Former plant beds from the plantation and „herbal garden,” used by the SS for biodynamic agricultural research, at the Dachau Concentration Camp, 2 Foto: Julian Salinas

Eine Ausstellung mit Werken der vielschichtigen deutschen Künstlerin Andrea Büttner ist im Kunstmuseum Basel zu sehen. Titel der Schau: „Der Kern der Verhältnisse“.

Das Haus lädt zu einem ausgedehnten Parcours durch die komplexen Kunstwelten von Andrea Büttner ein. Die deutsche Künstlerin offenbart sich dabei als gesellschaftlich engagierte, aber inhaltlich schwer fassbare Pendlerin zwischen den künstlerischen Medien.

Alles hat tiefe Bedeutung

Alles hat seine tiefe Bedeutung im Werk der 1972 geborenen Künstlerin Andrea Büttner. Sie bebildert mit Fundstücken Immanuel Kants „Kritik der Urteilskraft“; sie dokumentiert die von Arbeitsmigranten beherrschte deutsche Spargelernte; sie konfrontiert altmeisterliche Darstellungen von Broten mit Drucken von Brotlaiben der Gegenwart. Und sie offenbart Zusammenhänge von Nonnenkloster und Kapitalismus, biologischem Gartenbau und Faschismus.

So breit gefächert wie die Inhalte sind auch die Medien, derer sich Büttner bedient: Da sind die großformatigen, minimalistisch figurativen Holzschnitte, die sinnlich und ästhetisch sehr ansprechend sind. Daneben stehen Videos, Diaprojektionen, in Auftrag gegebene Schnitzereien oder eine eingebettete kirchlich-sozialistische „Friedensbibliothek“-Wanderausstellung, die ihren Ursprung in der DDR hatte.

Nachvollziehbar ist, wenn die Ausstellungskuratorin Maja Wiesmer sagt, dass es nicht einfach gewesen sei, eine so große Retrospektive zum Werk einer Künstlerin zusammenzustellen. Büttner sei eine Künstlerin, die gegen den Strich der künstlerischen Moden in Kapiteln arbeite - eine Aussage, gegen die sich die Angesprochene an der Medienführung nicht zur Wehr setzte.

Politik und Gesellschaft

Wer sich auf die Werkserien der Künstlerin, auf den „Kern der Verhältnisse“, wie es im Untertitel heißt, einlässt, der kann viel über überraschende politische und gesellschaftliche Verhältnisse erfahren. Und einer Künstlerin begegnen, die sich ironiefrei und mit großem Ernst ihren Themen widmet.

Überraschungen

So thematisiert Büttner zum Beispiel die Naturverbundenheit und den Antimodernismus der extremen Rechten: In großformatigen Fotografien zeigt sie die Beete der biologischen Pflanzungen der SS im Konzentrationslager Dachau, die von einem ehemaligen Weleda-Mitarbeiter betreut worden waren.

In einer weiteren Werkserie zeigt sie in großen Holzschnitten gebückte Arbeitsmigrantinnen bei der Spargelernte. Auf einem Tisch daneben hat sie über 150 in Holz geschnitzte Spargeln ausgebreitet, die sie in bayrischen Schnitzereiwerkstätten in Auftrag gegeben hat. Den höchst unterschiedlich proportionierten Spargeln gewährt sie damit ein individuelles Dasein, das den abgebildeten Arbeitsmigrantinnen nicht vergönnt wird.

Die Ausstellung zieht sich in Basel vom Haus für Gegenwart bis zum Hauptbau durch alle drei Häuser des Kunstmuseums. Und sie führt von eigenen Werkgruppen bis zu künstlerischen Interventionen in den Altmeistergalerien des Hauses.

„Andrea Büttner. Der Kern der Verhältnisse“: bis 1. Oktober

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