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Kultur Das Leonkoro-Quartett begeistert

Jürgen Scharf
Machen Karriere: Leonkoro-Quartett Foto: Jürgen Scharf

Geheimtipp in der Kammermusik-Szene: Junge Musiker faszinieren im Burghof.

Der Ensemblename Leonkoro weckt bei Kennern der jungen Kammermusikszene höchste Erwartungen. Und die wurden beim Auftritt des Quartetts im Burghof am Freitagabend vollauf erfüllt - musikalisch, weniger von der Publikumsresonanz her. Die vielfach preisgekrönte Formation wurde ihrem Ruf gerecht, eines der herausragendsten neuen Streichquartette zu sein. Ihr Zusammenspiel ist perfekt, ihre Klangkultur sensationell.

Hochrangige Interpreten

Jonathan Schwarz und Amelie Wallner (Violinen), Mayu Konoe (Viola) und Lukas Schwarz (Cello) sind nicht nur klangtechnisch hochrangige Interpreten, sondern zeigen, was es heißt, eine hellhörige Dynamik zwischen Sensibilität und Klangfantasie, Subtilität und Spannung zu erzeugen. Ihre Darbietung im Stehen (bis auf das Cello) spielt sich in einer Spannbreite zwischen Filigranheit und Expression ab.

Schon bei dem eröffnenden Langsamen Satz für Streichquartett von Anton Webern (1905) aus der Zeit, als dieser Privatschüler von Arnold Schönberg war und noch nicht seine ästhetische Wandlung, den Schritt in die freie Atonalität vollzogen hat, verblüffen die Leonkoros als wahre Dynamikweltmeister bis in den kaum noch hör- und spielbaren Pianissimobereich.

Zwischen Tradition und Aufbruch

Mit seinem fein ausgehorchten Spiel macht das Ensemble klar, dass sich dieses Werkfragment zwischen der Tradition der tonalen Spätromantik und Aufbruch bewegt.

Spannend und kontrastreich war auch, wie die Rhetorik Schostakowitschs im schwergewichtigen dritten Streichquartett von 1946, einem Werk aus der Zeit der Kulturkampagnen Stalins, das sich noch an Beethovens späten Streichquartetten orientiert, ebenso konturenscharf wie ausgewogen herausgearbeitet wird.

Ironisch bis tragisch

Da war alles, was Schostakowitsch ausmacht: das wechselnde Kolorit, das Groteske, Resignative, das Bizarre und Grelle, das Ironische ebenso wie das Zarte, Klagende und Tragische. Besonders intensiv hörte sich der Klagegesang des Adagios an. Bis in das ätherisch pianissimo und visionär verklingende, bittere Finalmoderato rüttelte die Interpretation auf. Beklemmend.

Unglaubliche Reife

Die Spieltechnik von „Löwenherz“, wie Leonkoro auf Esperanto heißt, ist um Welten entfernt von der lange Zeit richtungsweisenden Referenzaufnahme eines Borodin Quartetts. Mit einer absoluten Genauigkeit wird hier Musik gemacht, transparent, mit enormem Bewegungsimpuls und großer atmosphärischer Dichte, die eine unglaubliche Reife dieser jungen Quartettspieler verrät.

Fulminanter Schumann

Fulminant auch nach der Pause Schumanns drittes Streichquartett mit dem Variationensatz, der Liedmelodie als Herzstück des Adagios und dem frech punktierten Hauptthema im Finale - genauso furios und eindringlich gespielt wie das ganze Abendprogramm. Ein Quartettspiel in Vollendung und eine Zugabe, die wohl nur die wenigsten auf Anhieb erkannten: eine Fantasia von Henry Purcell. Das war wirklich beeindruckend.

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