Kultur Die Energie der Zukunft

Gabriele Hauger
Atomstrom als Energiequell: von den einen bejubelt und von den anderen verurteilt. Das ist bis heute so. Foto: Gabriele Hauger

Der Mensch braucht Energie: Die Ausstellung „Transform!“ im Vitra Design Museum greift das Thema in einer inspirierenden Ausstellung auf. Wie sieht die künftige Energiegewinnung wohl aus?

Energie bewegt die Menschheit. Sie ist allgegenwärtig, unverzichtbar. Wir alle benutzen sie täglich: die Heizung, das Auto, die Kaffeemaschine, das Smartphone. Doch die Quellen der Energie sind endlich. Was also ist zu tun?

Faszinierendes Beispiel aus Norwegen: Foto: Gabriele Hauger

Das Vitra Design Museum greift regelmäßig entscheidende gesellschaftspolitische Themen auf und trifft damit den Nerv der Menschen, was die stets große Publikumsresonanz zeigt. So gab es jüngst Ausstellungen zu Robotern, zu Plastik – nun also zur Energie. „Transform!“ – mit Ausrufezeichen – so ruft der Titel der ambitionierten Schau zum Handeln auf. Die Menschheit ist an einem entscheidenden Wendepunkt angelangt. Wir müssen Abschied nehmen vom naiven Glauben, dass Energie unendlich ist. Und wir müssen Lösungen finden.

Krise macht nachdenklich

In Krisenzeiten wird der Mensch nachdenklich. Jetzt haben wir zwei große Krisen, darauf verwies der Kurator der Ausstellung Jochen Eisenbrand bei der Einführung: die Klimaerwärmung mit ihren dramatischen Folgen, der Ukraine-Krieg. Der Wandel müsse also kommen, so Eisenbrand. Indes: Wir müssen ihn planen und Akzeptanz bei den Menschen erreichen. Dabei könne Design eine wichtige Rolle spielen, unterstreicht er.

Das E-Cargobike hilft, den Verkehr zu entlasten. Foto: Gabriele Hauger

Die Ausstellung des Museums geht daher nicht mit mahnenden Belehrungen an die Thematik heran. Sie blickt mehr nach vorn als zurück, widmet sich der Transformation des Energiesektors aus der Designerperspektive.

Zunächst betritt der Besucher einen von vier Leuchtkästen umrahmten Raum mit Protestschildern aus verschiedenen Ländern und Epochen. Anti-Atomkraft-Sticker neben Werbe-Plakaten: Sie verdeutlichen, dass die Kernenergie die am meisten bekämpfte, aber auch zum Teil staatlich unterstützte Energiequelle darstellt. In den Leuchtkästen wird gezeigt, wie sehr Energiequellen unsere Landschaften verändern: Windräder am Golfplatz, riesige Solarparks, Stromkabel-Salat.

Nebenan ist Mitmachen angesagt. Interaktiv können die Besucher auf Rädern ausprobieren, wie lange sie für ein paar Minuten Handy-Nutzung strampeln müssen.

Produkte und Experimente

Der nächste Raum ist wie ein Haus gestaltet und präsentiert Produkte, Prototypen und Experimente für ein Leben unabhängig vom Stromnetzwerk. Die solarbetriebene Lampe „Sunne“, die Energie sammelt. Ein Solar-Shirt mit Fotovoltaik-Zellen. Oder eine Straßenlaterne, die sich selbst durch ein aufgesetztes Windrad versorgt. Nur als Film zu sehen: die so genannte „Solar-Do-Nothing“ Maschine von Ray und Charles Eames aus den 50er Jahren, die Solar nutzte, um eine bewegliche Skulptur anzutreiben. Das Original ist im Übrigen verschollen. Der Raum zeigt schlüssig, wie früh sich Designer mit dem Thema bereits auseinandersetzten und welch kreative, nützliche, aber auch ästhetische Ideen sie dazu entwickeln.

Lowbudget und trotzdem höchst effizient: das TAKK–Haus Foto: Gabriele Hauger

Der dritte Raum präsentiert innovative Ansätze aus Architektur und Mobilität, die bereits funktionieren: ein schnittiges Solarauto, das immerhin bis zu 500 Kilometer weit und 90 Stundenkilometer schnell ist; ein E-Cargobike; als Modell gezeigt wird das faszinierende Powerhaus aus Norwegen, das so viel Energie erzeugt, dass sogar die E-Busse der Stadt Trondheim sowie die Nachbargebäude mitversorgt werden können.

Dass es auch im Low-Budget-Bereich bemerkenswerte Ideen gibt, zeigt das TAKK–Haus als Modell und als Fotografie. Durch ein kluges Raumkonzept werden hier in einem Gebäude je nach Bedarf verschiedene Klimazonen geschaffen. Ergänzt mit natürlichen Dämmstoffen muss das Apartment fast gar nicht geheizt werden.

Energielandschaften

Im oberen Stock geht es dann in die Zukunft: Wie können künftige Energielandschaften aussehen? Windräder lösen vielfach Proteste aus. 16 Design-Studenten haben daher Modelle geschaffen, die durch ihre Originalität und Ästhetik vielleicht auf größere Akzeptanz stoßen könnten.

Energiegewinung und gleichzeitig Umweltschutz: faszinierende Modelle Foto: Gabriele Hauger

Wie Energie gespeichert werden kann – auch das neben der Energiegewinnung ein herausforderndes Zukunftsthema –, soll der Energiebunker aus Hamburg zeigen. Vielleicht ein weiteres Zukunftsmodell: Eine ausgediente Bohrinsel, die so umgewandelt wird, dass sie mit eingefangener Energie Plastik aus dem Meer filtert. Natürlich blicken Forscher und Designer auch nach ganz oben – ins All. Mit der Hoffnung, dass Energie von dort gewonnen werden kann, um die Probleme der Menschheit zu lösen.

Transformationsprozess

Die Ausstellung „Transform! Design und Zukunft der Energie“ zeigt, welche Herausforderungen die Frage nach Energie an uns stellt. Sie zeigt aber auch inspirierende Chancen und fantastische Ideen und Modelle, die zum Teil schon Wirklichkeit sind. Und sie beweist wieder einmal, zu welch kreativen Leistungen der Mensch fähig ist. Insofern weckt die Schau auch Zuversicht, dass die Menschheit den Transformationsprozess schaffen könnte. Sie muss es.

bis 1. September; es ist ein ausführlicher Katalog erschienen.

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