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Kultur Hebelpreis für Pierre Kretz

Marianne Rittner
Der Elsässer Hebelpreisträger Pierre Kretz Foto: Jean Louis Hess

Der Hebelpreis geht an Pierre Kretz. Er ist einer der wichtigsten Literaturpreise des Landes. Die Verleihung findet beim großen Hebelfest am Freitag statt.

Mit dem Johann-Peter-Hebel-Preis wird am heutigen Freitag, 10. Mai, der zweitwichtigste Literaturpreis des Landes Baden-Württemberg verliehen. In diesem Jahr wird Pierre Kretz aus dem Elsass mit dem Preis ausgezeichnet. Übergeben wird er im Rahmen der Hebelfeierlichkeiten um 11.45 Uhr in der Turn- und Festhalle Hausen durch Kunststaatssekretär Arne Braun.

Mit 20 000 Euro dotiert

Der staatliche Preis ist in diesem Jahr erstmals mit 20 000 Euro dotiert. Die Anhebung des Preisgeldes soll das Andenken an den alemannischen Heimatdichter, der in Hausen im Wiesental einen Teil seiner Kindheit verbrachte, über die Landesgrenzen festigen und die länderübergreifende Bedeutung des Preises hervorheben.

Elsässer Dialekt

Spätestens jetzt mit der Preisvergabe dürfte sich allen Interessierten die Frage nach dem Autor und seinen Texten stellen. Von Kunststaatssekretär Arne Braun wird Pierre Kretz besonders dafür gelobt, dass er „für seine literarische Arbeit neben der französischen Sprache den elsässischen Dialekt“ wählt, „der durch den Generationenwechsel im Verschwinden begriffen ist.“ Hierdurch mache der Autor „mit seiner Verbundenheit zum alemannischen Sprachraum die Zweisprachigkeit der Region des Elsass in literarisch herausragender Art und Weise sichtbar.“ Damit sieht die Jury Kretz in der Tradition des alemannischen Dichters der Aufklärung mit Bewusstsein für Tradition, regionale Sprache und Heimatverbundenheit.

Mit bissigem Humor

In seinem autobiografischen Roman „Ich, der kleine Katholik“ lässt der Autor seine fromme Kindheit im Elsass der 1950er Jahre aufleben. Er schreibt mit bissigem Humor, der nicht darüber hinweg täuschen lässt, dass die Erinnerungen an das „Sünderdorf“ zwiespältig sind. Die heile Welt der Kindheit wird mit dem Erwachsenwerden immer öfter durch Zweifel getrübt.

Weg in die Vergangenheit

In „Der Seelenhüter“ berichtet der Ich-Erzähler von der Rückkehr in sein Heimatdorf, wo er sich an seinen im Krieg gefallenen Vater zurückerinnert und an die Mutter, die im Irrenhaus starb. Er sucht den Weg in die Vergangenheit, die seine eigene ist und die ihn seit seiner Kindheit nicht loslässt.

Eigener Witz

Weit mehr als in Kretz’ Romanen treten die historischen und sprachlichen Besonderheiten seiner Region in den von ihm verfassten Mundart-Texten in den Vordergrund und beeindruckten die Jury. Sie wurden als Theaterstücke in der Schweiz, in Frankreich und in Baden adaptiert und in Frankreich, im Schweizerischen Rundfunk und im Südwestrundfunk (SWR) auf Elsässisch, Alemannisch und Schweizerdeutsch gesendet. Wie den Romanen auch wohnt den Hörstücken ein eigener Witz inne, der jedoch die zeitweilige Bitterkeit des Dorflebens nicht verharmlost.

Heimattreue

Für Kretz, der in Séléstat (Schlettstadt) geboren wurde und in einem elsässischen Winzerdorf aufwuchs, ist die Auszeichnung ein wichtiges Signal, welch besondere Bedeutung seine Literatur für die Region des Oberrheins hat. Hier werden sowohl seine Prosatexte als auch seine Theaterstücke hochgelobt. Seiner Heimatregion blieb der freie Schriftsteller treu und lebt heute in Strasbourg und in einem Haus in den Vogesen.

Wichtiges Signal

Bereits als Student inszenierte und adaptierte Pierre Kretz Theaterstücke in elsässischer Mundart und setzte sich im Rahmen der Protestbewegungen der 1970er Jahre für die Geltung der individuellen Sprache diesseits und jenseits des Rheins ein. Dennoch arbeitete er bis zu seinem 50. Lebensjahr als Anwalt, ehe er sich ganz dem Schreiben zuwandte.

Auch wenn sein Essay von 1994 den ernüchternden Titel „Die verlorene Sprache der Elsässer“ trägt und er heute weitgehend im Französischen schreibt, bleibt die Heimatsprache ein wichtiger Teil der eigenen Identität.

Die verlorene Sprache

„Ich wollte mehr als die eine Identität“, kommentierte Kretz seine Abkehr von den Rechtswissenschaften hin zum Beruf des Autors. Auf die Wahrhaftigkeit seiner Identität als Botschafter der Sprache dürfte mit der Verleihung des Hebelpreises ein neues glänzendes Licht fallen.

Hebelfest (ab 6 Uhr im Dorf) und Festakt (11.45 Uhr, Festhalle) mit Preisverleihung: Freitag, 10. Mai

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