Kultur Intimer Dialog

Tonio Paßlick
Das Trio hat seine brandneue zweite CD mit dem Titel „Silver Seed“ mitgebracht. Foto: Tonio Paßlick

Das Konzert mit dem Trio „Tolyqyn“ am Sonntag im Burghof wird ein intimer, subtiler und einfühlsamer Dialog, nicht nur mit dem Publikum, sondern auch mit den unterschwelligen Gefühlen.

„Es wird intim, so wie ich das gern habe“, sagt Sänger, Songwriter und Bratschist Roland Satterwhite, als er mit dem Jazzgitarristen Pietro Fornara und dem Schlagzeuger Pier Ciaccio an den wenigen Besuchern vorbei auf die Bühne springt und die Stimmung mit dem ersten Satz entspannt.

Dialog mit dem Publikum

Das Konzert mit dem Trio „Tolyqyn“ am Sonntag wird ein intimer, subtiler und einfühlsamer Dialog, nicht nur mit dem Publikum, sondern auch mit den unterschwelligen Gefühlen, dem inneren Blues, der zuweilen tanzend und meist auf die innere Weltreise zu den verschiedensten Stimmungen aufbrechen möchte.

Der kanadische Geigenvirtuose Roland Satterwhite bezieht seine Inspirationen für Texte und Arrangements deshalb aus allen möglichen Kulturen und Genres. Er gilt als Erfinder der gezupften Bratsche, die er mit Daumen und Fingern spielt, inspiriert vom Ngoni-Spiel aus der Gnawa-Tradition.

Romantisch und politisch

Seine Texte sind erzählerisch und romantisch, oft auch politisch. Seit 15 Jahren lebt er in Berlin, vor fünf Jahren sind seine vielen Begegnungen mit der Weltmusik in Berlin in der Gründung von „Tolyqyn“ aufgegangen.

Und damit das zweifache Y nicht untergeht, buchstabiert er den Namen immer wieder mal. Der Titel eines Songs steht für die enorme Bandbreite der Musik: Musikelemente aus Westafrika, Delta Blues, Psychedelic Rock, Modern Jazz, Pop, Indie, Fusion, Weltmusik. Und natürlich Blues. Die Texte spannen den Bogen von Liebe über Politik bis zu Tieren, sie sind mit ihren Bildern, Metaphern und Stimmungen aber Teil der Komposition, werden in der Improvisation verändert und seriell wiederholt und zuweilen wie Sprechgesang mit Melodiebögen als musikalisches Element wahrgenommen.

Pietro Ciaccios Schlagzeug formt dabei einen spannenden Gegenpart. Fröhlich, mit atmosphärisch dichter Club-Ästhetik, unaufdringlich und elementar zugleich. Denn die oktavierte Bratsche, die Rhythmusgitarre, Bass und Banjo zugleich gibt, färbt die psychodelischen Loops der Gitarre, verzögert, erzeugt Synkopen mit Hochspannungseffekt und ebbt in sanften Wellen wieder ab.

Neue CD

Das Trio hat seine neue zweite CD mit dem Titel „Silver Seed“ mitgebracht, die zwei Tage vor dem Konzert erschienen ist. Aber sie spielt nur ein Stück daraus, die meisten Titel des Abends stammen von der ersten Einspielung aus dem Jahr 2020. Der Grund ist einfach: Der eigentliche Gitarrist des Ensembles, der Israeli Tal Arditi, ist inzwischen so gefragt, dass ein weiterer Bluesgitarrist aus dem Umfeld der Band während der vorigen fünf Konzerte dabei war. „Pietro Fornara ist magisch“, sagt Satterwhite nach dem Konzert. „Aber er ist vor allem mit den Titeln der ersten CD vertraut“. Die Gitarre schöpft alle Klangspektren zwischen Trance Blues und Rock aus, verzaubert nicht nur mit versetzten Loops und schwebenden Stimmungen, sondern auch mit einem virtuosen Electric-Sound.

Zwischen den Stücken moderiert Satterwhite englisch und deutsch, und die eingefleischten Fans folgen ihm auch in die berührenden Stimmungen hinein. Wenn er seine jüdischen und palästinensischen Freunde in Berlin erwähnt und politische Konflikte auf die menschliche Ebene herunterbricht.

„Amazing Grace“

Lyrisch und angefasst in seinem „Prison Song“. Und wenn er seine Violine aus dem Kasten holt, mit seiner faszinierend weichen Stimme „Amazing Grace“ singt und mit seiner Geige nachempfindet. Diese Vielfalt zwischen innig fokussierter Konzentration und expansiver Freiheit der Improvisation macht den Charme und die Ausstrahlung des Trios aus.

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