Kultur Kabarett: deutsch und lustig

Gabriele Hauger
Kabarettist Christian Schulte-Loh kommt erstmals nach Lörrach. Foto: Sector3/Robert Winter

Christian Schulte-Loh ist derzeit mit seinem Programm „Bankrott Royal - Die Zunkunft ist golden“ auf Deutschland-Tour und kommt in den Lörracher Burghof. Wir erreichen ihn ein wenig verspätet im Zug – natürlich ist die Deutsche Bahn schuld. Alles easy findet der Kabarettist, der seit langem in London lebt und dort auch erfolgreich auftritt. Denn dort ist die Bahn ein Komplettdesaster, erzählt er. Und gibt weitere Einblicke in deutsch-englische Lebenswelten.

Alles easy findet der Kabarettist, der seit langem in London lebt und in England erfolgreich auftritt. Denn dort ist die Bahn ein Komplettdesaster, erzählt er. Und gibt weitere Einblicke in deutsch-englische Lebenswelten.

Schulte-Loh: Gibt es eigentlich in England auch so schöne Doppelnamen?

Ja, natürlich. Hier wird man mit Doppelnamen allerdings gleich mal in die Upper-Class eingeordnet. Das ist hier etwas exklusiver. Manchmal fast ein bisschen unangenehm.

Wie hat es Sie denn nach England verschlagen?

Das war 2009: Viele sagten: Wow, das ist aber mutig von Dir. Das Gegenteil ist der Fall. Eigentlich ist der Plan nämlich aus Feigheit entstanden. Ich habe auf Deutsch viele Comedy-Nummern geschrieben. Und wollte das gerne auf die Bühne bringen. Irgendwie habe ich mich aber nicht so richtig getraut. Wenn das jemand mitkriegt, den ich kenne? Hilfe. Während des Auslandsstudiums habe ich dann tatsächlich meinen ersten Auftritt gehabt, natürlich auf Englisch. So fing alles an. Letztendlich war aber London schon immer das Ziel meiner Träume. Schließlich ist England ja auch das Mutterland des Humors.

Wenn wir schon bei den Engländern sind: Was sind denn typisch englische Eigenschaften? Und was deutsche?

Es gibt ja diesen schönen Satz: Die Deutschen sind zu ehrlich, um höflich zu sein, und die Briten sind zu höflich, um ehrlich zu sein. Da steckt schon ganz viel drin. Das englische Publikum finde ich insgesamt etwas kindlicher. Das gefällt mir gut. Sie sind sehr ausgelassen, wenn ihnen etwas gefällt. Die sind sich auch nicht zu schade dafür, sich mal ein bisschen peinlich oder exzentrisch aufzuführen.

Ist die Küche in England wirklich so schlecht?

Da muss man ganz vorsichtig sein. In London ist es natürlich komplett international, da kriegt man alles, und das auch in bester Qualität. Aber auf dem Land gibt es immer noch diese kleinen Cafés, wo man noch die alte Schule serviert bekommt. Also sehr blasse durchgekochte Nudeln oder das typische English-Breakfast. Am Ende ist alles beige. Man muss die Farbe schon mögen. Die klassische Hausmannskost indes, beispielsweise das Sonntagsmenü, ist aber unfassbar lecker.

Sie haben über Ihre Übersiedlung in England ein Buch geschrieben. Was ist die Essenz?

Ein wichtiger Punkt des Buches: Wie gehe ich mit Rückschlägen und Niederlagen um? Was mache ich, wenn im Publikum einer den rechten Arm hebt? Wie geht man als Deutscher mit diesem alten, unausrottbaren Nazi-Klischee um? Die ganze Welt, also auch die Briten, denkt zudem, dass wir Deutschen humorlos sind. Der Weg zum ersten Lacher ist dann aber meist kurz. Ich brauche auf der Bühne eigentlich nur zu sagen: Ich bin ein deutscher Komiker. Das reicht schon.

Wo liegen die Comedy-Schwerpunkte in England?

Da blicke ich natürlich von außen auf Großbritannien: von den Royals bis zur U-Bahn. Durchaus mit Bezügen auf mein Deutschsein, manchmal nur mit kleinen Andeutungen. Auf der Bühne in Deutschland ist das dann umgekehrt. Das Publikum muss sich ja in seinen Themen wiederfinden.

Zu Ihrem Auftritt in Lörrach. Sie haben einen wunderbaren Exkurs über die deutsche Wurst im Programm. Unter anderem stellen Sie die Frage, wieso die Fleischwurst FLEISCHwurst heißt und ob demzufolge in den anderen Würsten dann kein Fleisch drin ist? Bringen Sie den Sketch auch hier?

Unbedingt! Die deutsche Wurst muss sein. Das schöne Gefühl bei diesem Gag ist, dass ich etwas aufgreife, was jeder kennt, über das sich viele aber noch nie konkrete Gedanken gemacht haben. Da gibt es viele schöne Aha-Erlebnisse im Publikum.

Worum geht es sonst in Ihrem Programm?

Es geht um Vieles, fast als wenn ich mich zwei Stunden mit Freunden unterhalte. Unter anderem um die Frage: Sind wir Deutschen genauso bekloppt wie die Engländer? Aber vielleicht auch genauso lustig? Was bedeutet Herkunft? Wie wird man zu dem, was man ist? Wie verhalten wir uns im Alltag? Es gibt aber auch den Blick nach vorne. Ich bin kein nostalgischer Typ, der dauernd zurückschaut und sagt: Wisst ihr noch? Es geht eher darum, wohin wir und die Welt uns entwickeln. Das Ganze natürlich anekdotisch. Da prallen dann die beiden Kulturen aufeinander. Beispiel Krisen: Die Deutschen suchen nach Lösungen, die Engländer gehen in die Kneipe.

Sie haben auch einen Roman geschrieben.

Das war mir ein Herzensanliegen, ich habe viele Jahre, besonders während Corona, daran gearbeitet. Es geht darum, wie wir uns angesichts großer Veränderungen verhalten würden. Das Buch ist aber im Gegensatz zur Bühne kein bisschen autobiografisch. Es ist der humorvolle Entwurf einer anderen Welt, ein Gesellschaftsroman. Ich gehe der Frage nach: Was wäre, wenn es einen Gottesbeweis gebe? Wenn die wichtigste Währung in der Welt nicht mehr Geld, sondern Kreativität wäre? Wir müssten Gott also möglichst gut unterhalten.

Jetzt wollen Sie erst mal das Lörracher Publikum unterhalten.

Ich stamme ja aus dem Ruhrgebiet und bin noch nie hier unten aufgetreten. Ich freue mich sehr.

 

„Bankrott Royal – Die Zukunft ist golden“: Donnerstag, 18. April, 20 Uhr, Burghof Lörrach

Info

Christian Schulte-Loh
ist ein Komiker der Londoner Schule. In Großbritannien seit Jahren erfolgreich, ist er mittlerweile auch in Deutschland ein TV-bekanntes Gesicht, u.a. als regelmäßiger Gast bei „Nuhr im Ersten“ (Das Erste), als Moderator mehrerer Folgen des „Quatsch Comedy Club“ (Sky) sowie als Gast bei „Genial Daneben“ (Sat.1), „Markus Lanz“ (ZDF) oder „Maybrit Illner“ (ZDF).​

Bücher
Seine Abenteuer im Mutterland des Humors beschreibt er im Buch „Zum Lachen auf die Insel – als deutscher Komiker in England“ (Piper-Verlag), seinem hochgelobten Erstlingswerk. Sein erster Roman „Es gibt einen Gott, und ihr ist langweilig“ erschien am 1. September 2023 im Droemer-Verlag.

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