Kultur Panorama der Architektur

Tonio Paßlick
Iwan Baan in der neuen Ausstellung „Momente der Architektur“ Foto: Tonio Paßlick

Erstmals rückt das Vitra Design Museum nicht Architekten oder ikonische Bauten in den Fokus, sondern mit dem Werk des 48-jährigen Holländers Iwan Baan einen der aktuell bedeutendsten Fotografen für Architektur und die gebaute Umwelt.

Die Ausstellung „Iwan Baan. Momente der Architektur“ zeigt mit dem breit angelegten Werk des Fotografen zugleich ein Panorama der Architektur des frühen 21. Jahrhunderts in ihren urbanen und sozialen Zusammenhängen, und die Menschen, die darin leben.

Blick hinter die Fassaden

„Baan schaut hinter die Fassaden, sieht Widersprüche und Brüche und schafft gleichzeitig Identität und Community“, fasste Mateo Kries, Direktor des Vitra Design Museums einige der Qualitäten zusammen, mit denen sich Iwan Baan eine weltweite Reputation erworben hat. Seine Arbeitsweise sei schnell und präzise. Er schaffe Bilder, die prägnant, poetisch und menschlich wirken.

Ikonische Bilder

Viele ikonische Bilder der letzten 20 Jahre sind in den drei thematisch gegliederten Räumen zu sehen – von den offiziellen Porträts architektonischer Wahrzeichen bis hin zu Fotos eines durch den Wirbelsturm Sandy ins Dunkel getauchten Manhattan.

Für Baan stellt sich die Frage, was mit Architektur passiert, wenn sie von Menschen übernommen wird, wie Räume und Orte von Menschen angenommen werden. „Mich interessiert, was einen Ort besonders macht“, beschreibt er schlicht seine oft aufwändige Suche nach den Zusammenhängen.

„Zooming in, zooming out“ nennt er den Wechsel zwischen Nah- und Fernsicht. Mal beschreibt der Blick aus dem Helikopter oder der Drohne eine Mega-City wie einen bunten Teppich, mal berührt der einzelne Mensch inmitten großer kultischer Versammlungen in Indien.

In fremden Welten

In Baans Arbeiten werden die Fragen gestellt, mit denen alle fotografierenden Reisenden konfrontiert werden. Man ist stiller Beobachter, Voyeur oder Flaneur in fremden Welten – auf jeden Fall nicht zugehörig. Und man fragt sich, welche Schwingungen von Bauwerken und ihren Umgebungen ausgehen. Seine Bilder erzeugen eine Aura der Authentizität durch subtile Intuition, Improvisation in Echtzeit, Verwendung natürlichen Lichts und Verzicht auf umständliche Postproduktion. „Mir geht es weniger um zeitlose Bilder großer Architektur als um den spezifischen Zeitpunkt, um den Ort und die Menschen dort – all die unvorhergesehenen, unplanbaren Momente an und um einen Ort, wie die Menschen dort leben und welche Geschichten dadurch erzählt werden“, sagt Baan über seine Vorgehensweise.

Wärme der Wahrnehmung

Der Begriff „Faszination“ durchzieht seine Entdeckungen genauso wie eine spürbare humorvolle Wärme der Wahrnehmung. Es ist ihm wichtig, welche Geschichten Umgebung und Situationen erzählen, er stellt Beziehungen her.

Im deutlichen Kontrast zur früheren Suche nach perfekter repräsentativer Stilisierung eines Objektes erzählen Baans Bilder Geschichten. Das überzeugt offensichtlich auch Star-Architekten, die verstanden haben, dass Baans Bilder nicht nur Aspekte konstruktiver Ideen vermitteln, sondern auch den Genius Loci einbeziehen und die einfachen Fragen nach dem Zusammenhang zwischen gelebtem Ort und architektonischer Idee aufgreifen.

Kontext zu den Menschen

Dafür erforschte der obsessiv reisende Iwan Baan (Mateo Kries) in den vergangenen 18 Jahren auch traditionelle Bauformen wie die Felsenkirchen im äthiopischen Lalibela oder chinesische Runddörfer. Berühmte Bauwerke, das Wachstum internationaler Megastädte oder informelle Bauten werden damit kontrastiert. Und immer wieder in den Kontext zu den Menschen gestellt.

Baans Fokus auf Architektur geht auf eine Begegnung mit dem niederländischen Architekten Rem Koolhaas zurück. Der erste Teil der Ausstellung zeigt deshalb eine Reihe von Bildern, die zwei monumentale Projekte in Peking dokumentieren wie das Olympiastadion von Herzog & de Meuron.

Zahlreiche bisher unveröffentlichte Fotografien veranschaulichen zudem, wie Baan Architektur als Prozess und soziale Kraft begreifen lernte. Geschickt haben die Kuratorin Mea Hoffmann und Iwan Baan die räumlichen Möglichkeiten des Museums aufgegriffen, zahlreiche Bildschirme mit Fotoserien oder Videos neben monumentale Aufnahmen von Mega-Cities gesetzt und damit die Wahrnehmungen nachvollziehbar gemacht, mit denen Iwan Baan ein nachhaltig lebendiges Bild von Architektur in vielseitigen Facetten und Farben zeichnet.

bis 3. März

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