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Kultur Piano gegen Rechts

Veronika Zettler
Danger Dan Foto: Grant Hubbs

Ein Mann, ein Klavier, ein begeistertes Publikum - beim zweiten Marktplatzkonzert bringt Danger Dan die Besucher auf dem Lörracher Marktplatz zum Mitsingen.

Über das Wort Lörrach haben sich bei den Stimmen-Festivals der vergangenen Jahre schon so einige Künstler ihre Gedanken gemacht. Danger Dan findet, es klinge, als hätte man eine Fischgräte im Hals.

Rund 2300 Konzertbesucher setzten zu lautem Begrüßungsapplaus an, als sich der 40-Jährige - wie immer in roter Bomberjacke - vor schwarz-weiß gemustertem Bühnenhintergrund an sein ebenso gemustertes Stagepiano setzte. Schwarz-weiß gemustert ist auch das Cover seines 2021 erschienenen Klavieralbums, mit dem Daniel Pongratz alias Danger Dan seine musikalischen Präferenzen neu austariert hat. Bei gleich gebliebener antifaschistischer Botschaft präsentiert sich der „Antilopen Gang“-Rapper als Solo-Performer und politischer Liederkabarettist nicht nur wortwitziger und tiefsinniger denn je, er hat in der Corona-Zeit auch zu melancholischeren und melodischeren, bisweilen pathetischen Tönen gefunden.

Mit Erfolg

Mit Erfolg: Um ihn in Lörrach live zu erleben, haben manche Fans weite Strecken zurückgelegt. Zum Beispiel Franziska, die eigens aus Nürnberg angereist ist, nachdem Danger Dan jüngst ankündigte, dem „Hamsterrad“ nach der aktuellen Tour erst einmal entsteigen zu wollen. „Ob und was danach kommt, kann ich noch nicht sagen“, ließ er seine 131 000 Instagram-Follower wissen.

Der Titel „Lauf Davon“, den er als Opener bringt, ist gleichwohl ein Prototyp für Dans Neuausrichtung und gibt die Stoßrichtung für den weiteren Abend vor, an dem viel von Aus- und Aufbruch die Rede sein wird. „Schwerer als reinzukommen ist es wieder rauszukommen“, singt Danger Dan untermalt vom Chor der Fans.

Textsicheres Publikum

Textsicherheit beweisen viele im Publikum bei allen folgenden Songs und kunstreich verschachtelten Lyrics, zum Beispiel in der „Ode an den Mord“, die an Thomas de Quinceys „Der Mord als schöne Kunst betrachtet“ aus dem Jahr 1827 erinnert. Applaus brandet auf bei den ersten Takten von „Ingloria Victoria“, in dem Danger Dan mit der preußischen Disziplin seines Aachener Gymnasiums abrechnet. Danach erzählt er von schulischen Misserfolgen. Von zehn Schulen sei er geflogen und habe daher mehr Einrichtungen besucht als Klassen abgeschlossen. Dass seine Texte mittlerweile im Deutsch-Unterricht besprochen werden, finde er „so schrecklich“, lässt aber durchblicken, dass ihn diese ironische Erfolgsgeschichte durchaus stolz macht.

Neben persönlichen Anekdoten packt Dan viel politische Botschaft zwischen die Songs. Gleich zu Beginn verkündet er: „AFD-Sympathisanten sind hier unerwünscht.“ Der folgende Applaus lässt darauf schließen, dass keine anwesend sind.

Explizit wendet er sich gegen Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Homophobie. Hatte er anfangs als Mann am Klavier die große Bühne alleine gefüllt, kommt in der zweiten Hälfte Verstärkung durch das Heck-Quartett dazu. Die vier Streicher sorgen mit dem zu NS-Zeiten verbotenen Lied „Mein Vater wird gesucht“ von Hans Drach und Gerda Kohlmey für einen andächtigen Moment im Publikum.

Andächtige Momente

Freilich hat Danger Dan auch seinen Kulthit „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ im Programm und seinen schönen Zeitkapselsong „Private Altersvorsorge“.

Bei der Zugabe „Die Verwandlung“ steht er wieder als klassischer Rapper auf der Bühne. Auch das kommt beim Publikum an.

Auf gleicher politischer Wellenlänge, aber mit ganz anderem Sound hatte die Vorgruppe Engin aus Mannheim das Publikum begeistert. Engin Devekiran (Gitarre), David Knevels (Bass) und Jonas Stiegler (Drums) servierten einen großartigen deutsch-türkischen Indie-Metal-Rock-Mix, stilistische Anleihen bei AC/DC und unter anderem eine Hommage an den Kioskbesitzer Mehmet Abi, der in ihrem Mannheimer Stadtviertel „die letzte Bastion gegen die Gentrifizierung“ aufrechterhält. Engin dürften in Lörrach etliche Fans hinzugewonnen haben.

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