Kultur Reise durch die Welt des Tanzes

Gabriele Hauger
Szene aus Pacopepepluto Foto: Jeanette Bak

Ausverkauft! Wenn Eric Gauthier und seine Tanzkompanie aus Stuttgart in den Burghof kommen, strömen die Fans. „15 Years Alive“: Aus diesem Grund präsentierte der sympathische Kanadier eine Art Gala. Die war allerdings nicht immer leicht verdaulich.

Zur Geburtstagsfeier wünscht man sich meist ein harmonisches, fröhliches Fest. Doch Gauthier Dance nahmen die Zuschauer am Donnerstagabend im proppevollen Burghof auf eine nicht immer einfache Reise durch die Welt des Tanzes mit.

Harte Kost

Wer ein rein geschmeidiges Best of-Programm aus 15 Jahren erwartet hatte, sah sich gerade zu anfangs getäuscht. Schwer verdauliche Kost bot der kanadische Tänzer und Choreograf dem Publikum, indem er auch zwei Tanzfilme präsentierte. Besonders der Beitrag „Return“ von Hofesh Shechter, eine Kooperation mit dem Theaterhaus Stuttgart, verlangte den Zuschauern einiges ab. „Es wird ein bisschen makaber“, hatte denn auch der sympathische Ballettchef im Vorfeld angekündigt. Der Film ist im Leichenschauhaus angesiedelt. Zu von Bach inspirierter Musik tanzt der allein Zurückgebliebene mit seiner verstorbenen Liebe, die nur kurzfristig wieder zum Leben erweckt wird. Das geht ganz schön an die Nieren. Der Applaus ist verhalten und ein wenig geschockt.

Szene aus dem Eingangsstück „Pression“ Foto: Jeanette Bak

Der Rodin des Tanzes

Auch das Eingangsstück „Pression“ des Choreografen Mauro Bigonzetti ist nicht ganz einfach. Dieser gilt als Rodin des Tanzes, und so formen und verschlingen sich hier die Körper der Tänzer geradezu skulptural, kreieren fleischgewordene Kunstwerke in beeindruckender Körpersprache. Das Frühwerk des italienischen Choreografen besteht aus zwei Teilen. Kratzende Cello-Geräusche begleiten die Verschlingungen der männlichen Tänzer, die mal zum Minotaurus , mal zum riesigen Insekt mutieren: Körperlichkeit pur. Ein krasser Bruch folgt zu Schuberts „Der Tod und das Mädchen“ mit dem Auftritt der amazonenhaften Tänzerinnen auf Spitze. Zwei komplett unterschiedliche Stile, die sich hier vermischen – und die Vielfalt und Klasse des Ensembles unterstreichen.

Erleichtert vernahmen die Zuschauer die Ankündigung, dass nun zwei „Party Pieces“ anstehen. Und es wurde eine Party! Zunächst das Kurzstück „ABC“ von Gauthier selbst. Ein Solo, das entlang des Alphabets ironisch durch die Welt des Tanzes führt. Grandios die Bühnenpräsenz von Shori Yamamoto. Von A wie Arabesque über D wie Drama bis T wie Tschaikowsky führt die amüsante, energiegeladene Tour, bei der der Solo-Tänzer seine Klasse samt schauspielerischem Talent beweist. Hier werden in nur wenigen Minuten alle Register gezogen: von kurzen Hip-Hop-Einlagen über Schwanensee-Geflatter bis zu Don Quichottes eleganter Sprungkraft.

Tolles Trio

Wunderbar auch das Männertrio, das zu schmalzigen Dean Martin Songs jeweils ein fulminantes Solo zeigt. In „Pacopepepluto“ hat Choreograf Alejandro Cerrudo pure Männlichkeit mit Humor vereint. Luca Pannacci, Giovanni Visone und Shawn Wu sind perfekte, sprunggewaltige Tänzer, die auch mal augenzwinkernde Posen einnehmen.

Ein weiterer Klassiker stand an: „Das Sofa“ von Itzik Galili, ein geniales Wechselspiel zwischen Verführung, Lust und Angeberei. Die Protagonisten: ein Macho, einen Powerlady, ein herrlich übertrieben agierender Homosexueller – und eine quietschgelbe Couch.

Grandioser Abschluss

Nach der Pause dann als Abschluss das geniale Stück „Minus 16“ von Ohad Naharin, ein Klassiker des israelischen Tanzes: ein Mix aus Vivaldi, Mambo und E-Gitarre mit Anleihen aus geradezu hypnotisch ausgespielten jüdischen Ritualen – Publikumsbeteiligung inklusive. Damit unterstrich die Kompanie ihre ungebrochene Vitalität: „15 Years – Alive“!

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