Kultur Tanzabend mit Aterballetto

Gabriele Hauger
Das „Stabat Mater“ bringt Essenzielles auf die Bühne. Foto: Nicola Stasi

Die italienische Tanz-Kompanie Aterballetto überzeugt bei ihrem Gastspiel im Burghof.

Die Bild- und Körpersprache der Tänzer packt die Zuschauer von der ersten Minute an. Das „Stabat Mater“ von Arvo Pärt als Einstieg in den Abend – und das in der Karwoche – ist von großer emotionaler Wucht. Was für ein seltener Genuss, dass die Wirkung des Tanzes zudem von Live-Musik (Quartetto Motus per la Toscanini) noch gesteigert wird!

Drei Tänzer, drei Musiker, drei Sänger

Drei Musiker, drei Tänzer und drei Sänger gleichberechtigt auf der dunklen Bühne, eine Stimme erhebt sich aus der Stille und macht Gänsehaut. In der folgenden halben Stunde der Choreografie des aus Kuba stammenden Norge Cedeno Raffo geht es um Essenzielles: um Schmerzen, ums Sterben, um tiefes Mitgefühl, um Trost und um Hoffnung.

Dreiklang der Akteure

Der Dreiklang aller Akteure hat mystische Bedeutung, es entsteht ein faszinierendes Zusammenspiel aus Stimmen, Instrumenten und Körpern. Die schwarzen Bänder, die senkrecht auf die Bühne fallen, werden symbolträchtig von Saul Daniele Ardillo immer wieder in seinen Tanz integriert. Sie sind das Kreuz, sind der Halt, den er in seinem Schmerz, seiner Angst sucht.

Jesus Sterben

Auch optisch passt er in die Rolle des Gekreuzigten, stellvertretend für alle Leidenden dieser Welt. Die zwei Frauen um ihn (Arianna Kob und Federica Lamonaca) sind besorgt mütterlich, liebend, aber genauso verletzlich und verzweifelt. Mit großer Gestik, verschlungenen Figuren, umarmenden Hebungen und beeindruckenden Soli spielt sich diese große Geschichte von Jesus Tod, von der ganzen Menschheit auf der Burghof-Bühne ab.

Widergespiegelt wird dies auch in der Kostümierung (Raffo und Fabiana Piccioli): einfach, dunkel, dazu hautfarbenen Oberteile und Beinschoner, die an Verbände erinnern.

Klassische Technik

Seit der Gründung der Tanz-Kompanie 1979 besticht das Ensemble mit hervorragender, klassisch geschulter Technik, die auf stets innovative Modernität trifft und diese zu einem ganz eigenen Tanzstil zusammenführt, der das Ensemble zu einem der beliebtesten der Burghof-Tanzreihe werden ließ.

Arvo Pärts „Stabat Mater“ an sich ist in seiner Konstruktion und Melodik, in der Wirkung der Countertenor-Stimmen überwältigend. In der Kombination mit den Tänzern des Aterballetto bleiben die Zuschauer am Sonntagabend im fast ausverkauften Haus nach dem Verklingen des letzten Bildes tief bewegt, ehe sich donnernder Applaus Bahn bricht.

Streicher sitzen direkt auf der Bühne

„Double Side“ ist der zweiteilige Abend betitelt. Und so hat das zweite Stück von der kanadischen Choreografin Danièle Desnoyers einen anderen Charakter. „With Drooping Wings“ (mit hängenden Flügeln) greift auf die Barockmusik Henry Purcells zurück; die neu interpretierten Werke des Komponisten Federico Gon stehen unter dem Titel „An English Suite“, von den Streichern direkt auf der Bühne hinter einem schnürenartigen Vorhang gespielt. Wobei auch hier reine Begleitung ihre Rolle zu gering schätzen würde. Ein Wechselspiel aus Musik und Tanz beherrscht die Szenerie.

Neue Bewegungssprache

Die Tänzergruppe ist bunt, lebenslustig und individuell gekleidet. Die acht Tänzerinnen und Tänzer formieren sich zum harmonischen Gemeinsamen, aus dem doch stets einer ausbricht, die Reihe auflöst, zu neuer Bewegungssprache findet. Paare bilden sich, driften wieder auseinander, Individualisten tanzen ein Solo, die Gruppe tritt wieder zusammen, fügt sich zum rhythmischen Gesamtkunstwerk. Ein vitales Spiel, nicht ganz so nachhaltig wirkend wie der Auftakt des insgesamt formidablen Tanzabends.

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