Lörrach Adrüllede: einmalig in der Region

Peter Ade
In dunkler Nacht ist die Adrüllede auf dem Schulhof ein schaurig-schönes Ritual. Foto: Peter Ade

Fasnachtsserie – Teil 15: Schauriges Spektakel am Narrenbrunnen / Zunftabende und Sturm aufs Rathaus

Lörrach-Hauingen - Die Fasnacht musste aufgrund der Corona-Pandemie ohne Umzüge und große Saalveranstaltungen auskommen. Dafür bietet unsere Zeitung der Lörracher Narrenzunft, der Narrengilde und der Fasnachtsgesellschaft Buurefasnacht in einer Serie eine Bühne. Die 15. Folge behandelt die Buurefasnacht, die in Hauingen als „Gesellschaft“ exakt seit 60 Jahren besteht.

Tja – es hat nicht sollen sein: Gestern Abend wäre in der Hauinger Festhalle der erste der beiden diesjährigen Zunftabende über die Bühne gegangen. Im „Kompetenzzentrum des desinfizierten Humors“ hätten gestandene Cracks und junge Hüpfer wieder ordentlich vom Leder gezogen.

Die Zunftabende sind in Normaljahren das Salz in der Suppe der Buurefasnacht. Bei etlichen Sketchen bleibt kein Auge trocken. Dazu gibt’s fetzige, manchmal auch gewollt schräge Klänge, etwa des Musikvereins oder der Dorfsümpfoniker.

Unvergessen die quirligen Auftritte der verstorbenen Akteure Karl-Frieder Gressel und Hans-Dieter Böhringer. Letzterer nahm als „Räbbuur“ gerne Gott und die Welt auf die Schippe und sparte nicht mit Seitenhieben auf Lörrachs Nachbarstadt im Dreiländereck: „Es git Wiiler, und – es git Langwiiler.“

Durchs Programm der Stars, Sternchen und Sprücheklopfer führt seit vielen Jahren der Zeremonienmeister und frühere Erste Zunftmeister Ralf Renckly. In seiner Paraderolle der frech-frivolen Putzfrau „Hedwig“ liefert er eine Nummer für sich. Dem Auftakt mit Musikverein und Cliquen folgt die Präsentation des Mottos. Passend dazu in jedem Jahr das Bühnenbild von Friedemann R. Müller.

Heute Amtsenthebung

Ein weiterer starker Tag der Buurefasnacht wäre der heutige Donnerstag. Die Amtsenthebung des Ortsvorstehers verläuft gewöhnlich „nach Plan“. Mit verhaltenem Murren rückt Günter Schlecht den Schlüssel raus und lässt sich zum Abtransport in Ketten legen. Die Narren bringen den „Burgi“ in den Chruttschlämpe-Chäller, wo er bis Montagabend dürsten und darben muss. Dessen Kommentar im Vorjahr: „Die Welt isch eifach net gerecht, Euch goht’s gut und - ich heiß au no Schlecht!“

„De Dag ohni Amt und Würde – döhn mi bigott net würge“, bat der Ortsvorsteher die Narren eindringlich und fügte sich alsbald seinem Schicksal – allerdings ganz in der Gewissheit, dass er das weitere närrische Treiben im Dorf als Zaungast verfolgen darf. Ganz nach dem Motto: „Das Wasser gibt dem Hauger Hornvieh Kraft, den Lörracher Menschen stärkt des Lassers Gerstensaft.“

„Narre – wachet uf“

Auf dem Weg ins Verlies erlebt der „Gefangene“ auf dem Schulhof das schaurig-schöne Schauspiel der Adrüllede als Alleinstellungsmerkmal der Hauger Buurefasnacht: „Ihr Hauinger Narre, wachet uf, s’isch Zit, wachet uf, wachet uf! Ihr Hauinger Narre, wachet uf – es isch Zit!“

Und weiter im Originaltext: „Chömmet, chömmet, stöhnd uf, riiebet euch de Schlof us de Auge, Ihr Symbole der Hauger Fasnacht, drüllet, drüllet, drüllet diä Fasnacht a, die Fasnacht mueß laufe, diä Fasnacht mueß sich draihe, sie mueß sich drülle, drüllet das Narrerad, drüllet, drüllet, drüllet das Narrerad, drüllet die Fasnacht a!“

Dann der große Bumms: „... jetzt isch sie do, diä Fasnacht isch do, jetzt hen mir Fasnacht im Dorf.“

Die Adrüllede wurde im Jahr 1987 von Franz Biasini, Friedemann Müller und Dieter Golomb ins Leben gerufen und bei der darauffolgenden Fasnacht nach dem Hemdglunggiumzug erstmals präsentiert – nach der Musik von Billy Cobham (Crosswinds) und Alan Parsons „Tales of Mystery & Imagination“. Ausgesucht wurde die Melodie von Friedemann Müller und als Mix auf Band erstellt von Franz Biasini.

Mit sonorer Stimme

Der Text war Chefsache: Friedemann Müller sprach ihn – mit sonorer Stimme – in der Urfassung im besten, brauchtumsgerechten Alemannisch aufs Band. Franz Biasini kümmerte sich um die mystischen Begleiteffekte (bengalische Beleuchtung, Nebel, aus dem Brunnenwasser steigend).

Die Adrüllede am Narrenbrunnen ist einmalig in der Region und zieht alljährlich einige Hundert Zuschauer an. Die fast mystischen Begleiteffekte mit bengalischer Beleuchtung und Nebel, der aus dem Brunnenwasser steigt, faszinieren das Publikum immer wieder aufs Neue.

Übrigens: Die Adrüllede ist Bestandteil des Films „Lörrach – grenzenlos symbadisch“. Das Video wurde vor einigen Jahren mit Unterstützung unserer Zeitung produziert und erfolgreich auf den Markt gebracht.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading