Lörrach „Alle kamen, um zu helfen“

Veronika Zettler
Ute Schmitz und Samano Altahir bei einem Auftritt Foto: zVg

„Geflüchtet nach Lörrach“: Serie – Teil 3: Die Ehrenamtlichen leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration

Lörrach - 2014 und 2015 haben sich in Lörrach angesichts der wachsenden Zahl von Flüchtlingen viele Menschen für ehrenamtliche Hilfe entschieden. Dass daraus auch Freundschaften entstanden ist, zeigt der dritte Teil unserer Serie.

„Stoppt den geplanten Bau in Brombach! Wir brauchen eine faire Lösung!“ Mit diesen Worten war im Sommer 2014 die Petition gegen eine geplante Gemeinschaftsunterkunft in Brombach überschrieben. Der Skepsis auf der einen Seite stand auf der anderen eine Welle der Hilfsbereitschaft gegenüber. Im gleichen Sommer gründete sich bei großem Zulauf der Freundeskreis Asyl. Nicht nur dort, auch in etlichen weiteren Gruppen und Vereinen entschlossen sich viele für ehrenamtliche Unterstützung.

Viel Wertschätzung für den Arbeitskreis

Zum Beispiel Ute Schmitz: Im November 2014 wurde sie Mitglied im „Arbeitskreis Miteinander“ – just zu dem Zeitpunkt, als die Zahl der Flüchtlinge rapide anstieg und das Thema zunehmend alle anderen Punkte von der Tagesordnung fegte.

Sechs Jahre später begleitet Ute Schmitz noch immer Flüchtlinge. Mittlerweile ist sie zweite Vorsitzende des Arbeitskreises Miteinander und längst Fachfrau in Sachen Fluchtursachen, Asylrecht und Integration.

Der Arbeitskreis Miteinander wurde bereits Anfang der 90er Jahre gegründet, als der Krieg im damaligen Jugoslawien Hunderttausende zur Flucht trieb - allein 1992 kamen fast eine halbe Million Flüchtlinge aus Jugoslawien nach Deutschland – und es gleichzeitig ausländerfeindliche Gewalttaten in Hoyerswerda, Mölln, Rostock und Solingen gab. Die Stimmung damals sei eine komplett andere gewesen als heute, wo dem AKM viel Freundlichkeit und Wertschätzung entgegengebracht werde, meint Ute Schmitz.

In den vergangenen Jahren hat die ehemalige Lehrerin sich nicht nur um die Koordination der Begleitungen im AKM gekümmert, sondern auch selbst mehrere Menschen in der Anschlussunterbringung beim Fußfassen im Raum Lörrach unterstützt.

Wege suchen und finden

Zwischen vielen ehrenamtlichen Begleitern und Flüchtlingen seien über die Jahre gute Freundschaften entstanden. Das kann Ute Schmitz auch aus eigener Erfahrung berichten, nachdem sie als Ausbildungsbegleiterin über mehrere Jahre den aus Nord-Syrien geflüchteten Kurden Samano Altahir unterstützte.

Der 35-Jährige hat in Syrien Sozialarbeit studiert und in Sulaimaniyya (Kurdistan-Irak) mit traumatisierten Kindern gearbeitet. Vor fünf Jahren flüchtete er mit seinem Bruder über die Türkei und Griechenland nach Deutschland. Eltern und Schwestern hat er seither nicht mehr gesehen, Kontakt hält die Familie über ihre Whats-App-Gruppe.

An die Ankunft an der deutschen Grenze im Winter 2015 erinnert er sich gut: „Da waren so viele verschiedene Menschen aus verschiedenen Ländern, darunter Alte und Kinder. Es war kalt und alle haben ihren Weg gesucht“. Die Hilfsbereitschaft in Deutschland hat ihn beeindruckt: „Alle sind gekommen, um zu helfen“. Nach Gemeinschaftsunterkunft und WG hat Samano Altahir seit Mai 2019 eine eigene Wohnung in Brombach und absolviert in einem Kindergarten das letzte Jahr seiner Ausbildung zum Erzieher.

Die deutsche Kultur fasziniert ihn schon immer. Während seines Studiums habe er Nietzsche und Goethe gelesen. Die hiesige Pädagogik findet er so spannend wie die deutsche Sprache: „Deutsch ist so reich und so genau.“ Rasch die Sprache zu lernen, empfiehlt er auch anderen Neuankömmlingen: „Dann kannst du nachfragen, deinen Weg planen und weitergehen.“ Obendrein ist er überzeugt: „Wenn man sich Mühe gibt, kann man hier seinen Weg finden. Die Leute helfen gerne und sind tolerant.“

Es gab auch schwierige Momente

Mit Ute Schmitz verbindet ihn nicht zuletzt die Liebe zur Musik. Die beiden treten - wenn nicht gerade Shutdown ist – auch gemeinsam auf: Er spielt die Langhalslaute Saz, Ute Schmitz die Querflöte.

Neben vielen positiven Erlebnissen gab es auch schwierige Momente in der Flüchtlingsbegleitung. „Nicht jeder will Unterstützung“, weiß Ute Schmitz. Zudem sind ihr Fälle begegnet, in denen sich Ehrenamtliche „wirklich reingehängt haben“ bis hin zu Ausbildungs- und Arbeitsverträgen für ihre Schützlinge, und diese am Ende doch abgeschoben wurden: „Viele davon kamen aus den Balkanstaaten und waren unheimlich gut integriert. Das sind sehr traurige Sachen gewesen, die auch die jeweiligen Ehrenamtlichen enorm belastet haben.“

Ute Schmitz bleibt weiter am Ball

Wie viele ihrer Mitstreiter aus den verschiedenen Helferkreisen bleibt Ute Schmitz weiter am Ball. Derzeit begleitet sie einen jungen Afrikaner, der nunmehr die einjährige Ausbildung zum Altenpflegehelfer anpackt.

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