Lörrach Alles gebongt?

Die Oberbadische
 Foto: Kristoff Meller

Kassensicherungsverordnung: Die zu Beginn des Jahres eingeführte Kassaenbon-Pflicht stößt in ihrer jetzigen Form auf Unverständnis

Lörrach - Sei es der Lolli für 15 Cent am Kiosk oder das Croissant für 1,30 Euro beim Bäcker: Seit 1. Januar müssen Händler mit einem elektronischen Kassensystem ihren Kunden einen Kassenbon über die gekaufte Ware aushändigen. Hintergrund ist die neue Kassensicherungsverordnung, die in unserer Umfrage teils auf deutliche Kritik stößt.

„Das ist Schikane, darum boykottiere ich bislang die Bonpflicht“, sagt Sandra Galuppi vom Kiosk am Markt ganz offen im Gespräch mit unserer Zeitung. Denn es werde ohnehin alles schon „dreifach aufgezeichnet“ und niemand nehme den Bon für ein Päckchen Zigaretten oder eine Zeitung mit. Sie will sich stattdessen um eine Befreiung von der Bonpflicht bemühen, die aktuell ausschließlich für besondere Härtefälle möglich ist.

Offener Boykott bis "business as usual"

Wenige Meter weiter auf dem Wochenmarkt wird hingegen fleißig das Thermopapier gedruckt. Am Stand der Bäckerei Paul landet der Großteil indes in einer großen Tüte hinter der Theke. „Nur ein Fünftel nimmt den Bon mit, die Kunden kennen und vertrauen uns“, erklärt die Mitarbeiterin. Bis auf das zusätzliche Papier habe sich aber nicht viel geändert: „Wir haben auch bisher schon die Beträge in die Kasse eingetippt, aber eben keine Bons gedruckt.“

Am Stand der Demeter-Gärtnerei Berg aus Binzen hat eine Frau gerade ebenfalls ihren Bon auf der Theke liegen lassen, die nachfolgende Kundin hingegen packt den Kaufnachweis für ihr Gemüse ein. „Wir geben schon seit Jahren Kassenbons aus“, berichtet die Mitarbeiterin. Allerdings müsse aufgrund der neuen Kassensicherungsverordnung nun in eine neue Software investiert werden.

Wer sich mit Fleisch und Wurst am Stand der Metzgerei Jansen eindeckt, erhält den Bon mit der verpackten Ware in einer Tüte. „Bisher haben wir die Kunden gefragt, ob sie den Zettel haben möchten, jetzt legen wir ihn einfach mit rein“, erläutert die Verkäuferin. Wer hingegen nur ein „Fleischkäsweckle auf die Hand“ kaufe, lasse den Bon meist liegen.

Mehr Abfall, mehr Kosten

Mit Blick auf die hiesigen Wochenmärkte erläuterte der stellvertretende Fachbereichsleiter „Medien und Kommunikation“, Alexander Fessler: Beschicker, die bislang ohne elektronisches Kassensystem gearbeitet haben, müssten sich auch künftig keines zulegen. Ohnehin sehe zumindest die Marktsatzung der Stadt Lörrach keine zwingende Anwendung elektronischer Systeme für die Kassen der Wochenmarktstände vor.

„Unser Papierverbrauch ist in den jüngsten Tagen enorm gestiegen, das bedeutet für uns mehr Abfall und mehr Kosten. Da haben wir ständig dieses Umweltthema und dann wird so was eingeführt“, kritisiert Dzenita Jäckel vom Bistro „Alt Stazione“ am Alten Markt die neue Verordnung. „Wir sind verpflichtet, die Bons hinzulegen, aber die Leute nehmen sie nicht mit und belächeln uns.“ Natürlich hätten sie und ihrer Mitarbeiter auch bislang jeden Espresso eingetippt, aber die Rechnung nur auf Nachfrage ausgedruckt.

"Kunden lassen die Zettel zum Großteil liegen"

Ähnlich ist auch die Rückmeldung auf der anderen Seite des Platzes in der „Bar Drei König“ wie Driton Dizdari berichtet: „Die Kunden lassen die Zettel zum Großteil liegen, und wir bekommen wegen des Umweltaspekts eher negative Rückmeldungen.“

Der Lörracher Apotheker Birger Bär begrüßt das Anliegen des Staates, Steuerbetrug zu verhindern. Kritik übt er indes an der Umsetzung des Ansatzes. So müsse er etwa auch dann einen Kassenbon ausgeben, wenn kein Betrag auf diesem verzeichnet ist – etwa sobald ein Rezept für Kinder vorgelegt werde. Ohnehin werde in seinen Kassen jeder Tastendruck gespeichert und sei darum präzise nachzuvollziehen, so dass eine verpflichtende Bon-Ausgabe eigentlich nicht notwendig sei.

Bär plädiert zum einen für eine stärkere Differenzierung der Kassensicherungsverordnung, zum andern erwarte er spätestens nach einem Jahr eine Information von Seiten der Politik über die bisherigen finanziellen Resultate der neuen Vorgaben. Der Aufwand (Papier, Tinte etc) müsse das Ergebnis rechtfertigen.

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