Lörrach Am Puls der Sehnsucht

Tonio Paßlick
 Foto: Tonio Paßlick

Konzert: Musik aus Palästina im gut gefüllten Burghof mit Adnan, Wissam und Samir Joubran

Von Tonio Paßlick

Lörrach. Drei Brüder, drei Ouds. Samir, Wissam und Adnan Joubran, eingerahmt von Valentin Mossou, einem Cellisten mit französisch-palästinensischen Wurzeln und zwei Perkussionisten aus dem Iran und Palästina. Mit diesem Sextett durfte das Publikum im gut gefüllten Burghof am Donnerstag eintauchen in eine Mischung aus traditionellen Maqams, spanisch-arabischer Musik und vom Jazz inspirierten Improvisationen.

Als „Fürstin der Musikinstrumente” wird die arabische Laute „Oud“ gerne bezeichnet, als Stimme der arabischen Seelen. Dennoch: „Wir sind keine Opfer, wir sind keine Helden“ sagt Samir gleich zur Einleitung. Sie spielten keine „palästinensische Musik“, sondern „Musik aus Palästina“ betonen die Brüder häufig in ihrer Sehnsucht danach, vor allem als weltoffene Musiker gesehen zu werden und nicht als politische Botschafter. Auch wenn im Dank an das Publikum am Ende eine politische Aussage steht: „Vielleicht dürfen wir euch irgendwann willkommen heißen in Jerusalem, der Hauptstadt von Palästina….“

Auch Jazz und Flamenco

Samir, Meister der klassischen arabischen Musik, Adnan mit seiner Vorliebe für Flamenco und Jazz sowie Wissam mit seinem Faible für indische Musik bilden „eine Balance, die die Identität des Trios ausmacht, geprägt durch die Offenheit für alles, was uns umgibt” (Adnan Joubran).

Der Vater war der bekannteste Instrumentenbauer Palästinas, Wissam führt diese Familientradition in vierter Generation fort nach seiner Ausbildung in Cremona. Als erstes Oud-Trio überhaupt haben sie die Bühnen dieser Welt erobert.

Ihr Weg führte die drei mittlerweile in Paris lebenden Musiker aus Nazareth seit 20 Jahren auf große internationale Bühnen und zur Zusammenarbeit mit legendären Musikern wie der Pink-Floyd-Größe Roger Waters oder der Experimental-Ikone Brian Eno. Offenporig verschmelzen sie die traditionellen Riffs und versetzen Rhythmen über den treibenden Wellen der Rahmentrommeln und Kalebassen mit Synthesizer-Klängen oder virtuosen Cello-Soli und tragen damit mutig zur Erneuerung „klassischer“ arabischer Musik bei.

Ihr jüngster Erfolg „The Long March“ dokumentierte ihre musikalische Gegenwart im 21. Jahrhundert. Der 2008 verstorbene palästinensische Dichter Mahmud Darwish wird mit seinen Gedichten und als Zuspielung mit seiner markanten Stimme auch im Konzert als Stimme der Herkunft gefeiert. Auf der hohen Saalwand erscheinen die lyrischen Zeilen in wunderschöner arabischer Kalligrafie. Nicht wie ein Menetekel, sondern wie ein modernes Gesamtkunstwerk aus Klang und Poesie.

Explosiv und virtuos

Explosiv und virtuos wirbeln die Finger über die Kurzhaltslaute, fliegen melodische Motive und Phrasen zwischen den Instrumenten hin und her. 70 Prozent der Stücke seien improvisiert, sagt Samir. Diese Harmonie und Spannung zwischen drei Solo-Instrumenten lebt vom gegenseitigen Respekt, vom übergangslosen Übernehmen wirbelnder Stakkato-Läufe und dynamischer Unisono-Passagen, vom gespannten Abwarten und der gemeinsamen Zuspitzung. Epische Schönheit entsteht unter dem hinter Nebelschwaden aufziehenden Mond, wenn über leeren Quinten gestrichene Celli-Soli und die ergreifend schnörkellose Stimme des Perkussionisten Habib Meftah an uralte Legenden gemahnen.

Im Wechselspiel mit dem anderen Perkussionisten Youssuf Hbeisch legt Meftah einen weichen rhythmischen Teppich unter die Soli, wie ein Puls, der je nach Affekt treibend steigt oder beruhigend streichelt.

Mit der Zugabe wird auch das Publikum in den gemeinsamen Puls der Sehnsucht nach Frieden und Harmonie einbezogen: „Ahwak“ ist ein Liebeslied.. Die Melodie vereinte Saal und Bühne nach einem berührend schönen Abend.

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