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Lörrach Andachtsmusik trifft Jazzmeditation im Burghof

Jürgen Scharf
Klangexperiment geglückt: Die Jazzpianistin Julia Hülsmann und das Delian Quartett im Lörracher Burghof. Foto: Jürgen Scharf

Das „Delian Quartett“ und die Pianistin Julia Hülsmann wandelten im Lörracher Burghof auf den Spuren von Joseph Haydn: eine faszinierende musikalische Handreichung zwischen Klassik und Jazz.

Das Delian Quartett experimentiert gern mit neuen Konzertformaten und unkonventionellen Programmgestaltungen. Kurz vor dem Abschluss seiner Residenz im Burghof lässt das Ensemble Andachtsmusik von Haydn auf Jazzmeditationen treffen.

Wie das funktioniert, hörte das nicht gerade zahlreiche Publikum am Donnerstag mit den sehr persönlichen Einwürfen der in Berlin lebenden Jazzpianistin Julia Hülsmann, die ihre Stimme am Klavier nach jeder einzelnen Folge der langsamen Instrumentalsätze von Haydns Passionsmusik „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ erhebt.

Unsichtbare Trennlinien

Haydn hatte seinerzeit die Aufgabe, sieben Adagios, wovon jedes gegen zehn Minuten dauern sollte, aufeinander folgen zu lassen, ohne den Zuhörer zu ermüden“ - keine leichte Sache, auch nicht für die Interpreten. Schon die Komposition an sich ist ja ein Sonderfall und da kann man den Jazz in seiner Modernität als starken Kontrast zu Haydns klassischer Musik durchaus akzeptieren. Zumal es kein „Play Haydn“ wurde, gottlob nicht, es also keinen verjazzten Haydn à la Bach/Loussier gab.

Eine unsichtbare Trennlinie lief über die Bühne, es blieben zwei getrennte Welten, zwei Solitäre. Hier das für seine dramaturgisch gewagten Kombinationen bekannte Streichquartett, das sich mit seinem kultivierten, feinsinnigen und zutiefst verinnerlichten Spiel auf die Haydnsche Kunst eingestellt hat und dieses Passionswerk als Meditationsmusik versteht, aber auch in den Sätzen zunehmend expressiver klingt; dort die im eigenen Quartettspiel erfahrene Pianistin, die als eine „Poetin des Jazz“ auf ihre Art subjektiv die „Sieben letzten Worte“ reflektiert, frei und intuitiv, mit dichten Klavierklängen bis in die Basslinien, farbigen Modulationen und subtilem Tastenanschlag. Ein Pianojazz zwischen Freiheit und Spontaneität.

Eindrucksvolle Klangbilder

Hülsmann kleidet ihre rhythmischen Ausflüge in ein raffiniertes Klangkleid, schafft eindrucksvolle sakrale Klangbilder am Klavier und zelebriert Töne voller Schönheit und Schlichtheit von beinahe religiöser Intensität. Dabei entlockt sie klangmalerisch dem Resonanzkörper des Flügels sphärische Töne, indem sie Saiten anzupft und auf das Holz klopft – Improvisationen, die auch ohne den Haydnschen Kontext, in dem sie gerade entstehen, ihre Wirkung nicht verfehlen würden. Erst beim Schlusssatz, dem „Erdbeben“, kommen beide Welten kurz, aber eindrücklich im Spiel zusammen. Da wird das Ganze dann zu einem Haydn-Klavierquintett.

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