Lörrach Anmutig und fast wie schwerelos

Jürgen Scharf
 Foto: Agenda Productions

Ballett: „Ukrainian Classical Ballet“ brilliert mit „Schwanensee“ und „Dornröschen“ im Burghof

Das Russische Nationalballett existiert momentan nicht, aus naheliegenden Gründen. Doch das alljährliche Gastspiel mit traditionellen Tschaikowsky-Balletten im Burghof musste trotzdem nicht ausfallen. Auch das 2017 gegründete „Ukrainian Classical Ballet“ sieht sich in der festen Tradition des klassischen Balletts.

Von Jürgen Scharf

Lörrach. Die erstmalige Visite der ukrainischen Compagnie, in der die besten Tänzer aus verschiedenen Truppen versammelt sind, war etwas für Ballettliebhaber und galt der Verkörperung des Begriffs „Ballett“. Am Nachmittag erlebten bei der Familienvorstellung mit der Märchenerzählerin (Julia Swiech) Erwachsene und allein 400 Kinder eine Aufführung von „Dornröschen“ in märchenhafter Kulisse.

Ballett-Doppelpack mit neuen Ideen

Am Abend sorgte „Schwanensee“ zwar für nicht ganz so volle Reihen wie früher, aber für gesteigerte Aufmerksamkeit. Sah man doch eine interessante eigene Einstudierung von Mila Titova, die in „Dornröschen“ die Fliederfee tanzte und die in dem Ballett-Doppelpack neue, erfrischende Ideen, erweiterte Bewegungsformen und sehr sorgfältige Gruppenchoreografien einbrachte.

Die Choreografin, die auch Ballettmeisterin ist, besorgte ihre Inszenierungen auf der Basis der berühmten Fassung des französisch-russischen Balletttänzers Marius Petipa, der kompletten und traditionellen Version von „Schwanensee“. Bei der Vorstellung dieses populärsten Balletts überhaupt wirkte die Aufführung sehr theatermäßig.

Solisten begeistern das Publikum

Der zweite Akt mit den berühmten Schwanenbildern hat deutlich an Gestik der Schwäninnen gewonnen. Die Schwanengruppe erfreute durch die Prägnanz der Massensynchronisation. Die beiden Solisten, die auch auf der nachmittäglichen „Dornröschen“-Besetzungsliste standen, tanzten sehr genau ihre Prinz- und Schwan-Pas de deux.

Irina Sharikova in der Doppelrolle des weißen Schwans Odette und des schwarzen Schwans Odile war als Schwanenkönigin ein Erlebnis mit ihrem Tremolo der Furcht, dem Zittern der Glieder und Beine, den wie Flügel flatternden Armen. Dmytro Vasilenko war ein eher standfester als sprungfreudiger Prinz, aber durchaus nobel in seiner Erscheinung.

Aufgewertet wurde die Rolle des Hofnarren. Komronbek Imomov sorgte mit seinen humorvollen Tanzeinlagen und das Publikum animierenden Gesten für viel Szenenapplaus, zeigte er doch akrobatische Sprungkraft und wurde so zum heimlichen (männlichen) Star der Aufführung.

Punktgenau synchron zur Musik

Die Choreografin bemühte sich nicht nur um das gute Erscheinungsbild der Solisten, sondern wertete auch das Corps de Ballet auf, verfasste eine elegante und graziöse Gruppenchoreografie, vor allem im Schlussakt, wenn die Schwäninnen auf der Lichtung erscheinen. Das waren Ballettbilder von großer Anmut und Schwerelosigkeit.

Selten sah man auch den legendären Pas de Quatre der vier Schwäne mit ihren überkreuzten Händen so rhythmisch genau und exakt in der Beinarbeit. Überhaupt fiel bei beiden Produktionen auf, dass die Choreografin sehr musikalisch auf das Libretto hin inszeniert. So kamen die Höhepunkte bei Hebungen, Sprüngen und Drehungen (fast immer) punktgenau auf die Sekunde zur Musik.

Auch Razmik Makuryan als Rotbart im Federkleid mit Vogelflügeln war stattlich in seinen Sprüngen und sehr theatralisch. Dass er am Schluss im Zweikampf von Siegfried besiegt wird, ist in dieser originalen Ballettversion dem Happy-End geschuldet: Die Liebe siegt hier schlussendlich über das Böse.

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