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Lörrach Aus dem Krieg ins Klassenzimmer

Bernhard Konrad
 Foto: Kristoff Meller

Bildung: Schulen bereiten sich auf die Ankunft geflüchteter Schüler aus der Ukraine vor

Lörrach - Lörrachs Schulen bereiten sich derzeit auf die Einbindung geflüchteter Kinder und Jugendlicher aus der Ukraine in den Schulalltag vor – in vielerlei Hinsicht eine schwierige Aufgabe. Aber: Es gibt auch gute Gründe zur Zuversicht.

Von Bernhard Konrad

Schulamtsleiter Rudolf Schick betont die Bedeutung verlässlicher Strukturen für die Kinder. Diese haben einen durch das Kultusministerium abgesicherten Rechtsanspruch auf einen Schulbesuch.

Der Schulamtsleiter

In der Regel wird dieser zunächst wohnortnah organisiert. Auch dann, so Schick, wenn das Kind womöglich aufgrund seiner Sprachkompetenz oder seinem individuellen Betreuungsbedarf später an eine andere Schule wechseln wird.

Die aufnehmende Schule erfülle eine „Lotsenfunktion“. Als weitere Perspektive kommen drei Optionen in Betracht: bei ausreichend guten Deutschkenntnissen der Wechsel in den Regelunterricht einer Klasse. Oder: Die Teilnahme an einer Sprachvorbereitungsklasse, in der von entsprechend ausgebildeten Pädagogen auf Deutsch unterrichtet wird.

Oder aber die Kinder besuchen eine der neu eingerichteten „Willkommensklassen“. Dort wird zunächst ukrainisch oder russisch gesprochen, indes soll auch in diesen Klassenverbänden so rasch wie möglich die deutsche Sprache in den Unterricht einfließen. Hierfür werden derzeit geeignete Lehrkräfte mit entsprechenden Sprachkompetenzen gesucht. Diese wiederum müssten natürlich mit Arbeitsverträgen ausgestattet werden, erläutert Schick.

Beim Lörracher Schulamt widme sich eine Task-Force den neuen Herausforderungen. Obgleich die Personalsituation angespannt ist – insbesondere für die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren sowie die SEK 1-Schulen (Schulbildung von der 5. bis zur 10. Klasse) werden Lehrkräfte gesucht – zeigt sich Schick zuversichtlich: „Ich bin guter Dinge, dass wir das hinbekommen werden.“

Die Schulaufsicht

Bernd Mugrauer teilt als Mitglied der Schulaufsicht die Zuversicht des Schulamtsleiters – trotz zahlreicher Problemstellungen, etwa mit Blick auf die Gewinnung von Personal. Zudem erschwere die räumliche Situation in zahlreichen Schulgebäuden die Umsetzung der Planungen: Viele Schulen haben für zusätzliche pädagogische Angebote kaum noch freie Kapazitäten.

Darüber hinaus seien Detailfragen zu klären, die zunächst nicht auf der Hand liegen: So gelte in Deutschland die Masern-Impfpflicht, nicht aber in der Ukraine. Die Schüler werden gleichwohl an den Schulen willkommen geheißen. Sie werden aber gebeten, möglichst zeitnah diesen Impfstatus ärztlich abklären zu lassen.

Ermutigend sei, dass die Schüler bis vor Kurzem in einem Schulsystem unterrichtet wurden, das dem deutschen sehr ähnelt. Zudem gebe es – bei aller Dramatik der Situation – im Gegensatz zu vielen Kindern, die etwa 2015/16 nach Deutschland kamen, keine monatelange Fluchtgeschichte mit langen Pausen in der Beschulung. Und: Schüler aus der Ukraine brächten in der Regel eine hohe digitale Kompetenz mit, weil das dortige Bildungssystem digital gut aufgestellt sei. Manche Kinder würden aktuell sogar noch digital von Lehrern in der Ukraine unterrichtet.

Die Schulen

Tatsächlich werden derzeit in Lörrach offenbar noch relativ wenige Schüler aus dem Kriegsgebiet beschult: An der Brombacher Hellbergschule sind es demnächst zwei Mädchen, wie Rektorin Petra Sauer sagte, am Hebel-Gymnasium liegt laut Direktorin Stefanie Müller noch keine Anmeldung vor, und am Hans-Thoma-Gymnasium werden derzeit fünf Kinder und Jugendliche aus der Ukraine unterrichtet.

Hans-Thoma-Gymnasium

Die Schule bereite sich auf die aller Wahrscheinlichkeit nach steigende Zahl neuer Schüler aus dem Kriegsgebiet mit der Bildung von zwei Gruppen vor. Eine Gruppe wird von Schülern gebildet, die schon in der Grundschule ersten Kontakt mit Deutsch-Unterricht hatten und das Fach anschließend am Gymnasium belegten.

In der zweiten Gruppe soll Unterricht für Schüler ohne Deutschkenntnisse organisiert werden. Betreut werden soll diese von Lehrern, die in der Vermittlung von „Deutsch als Fremdsprache“ ausgebildet sind, erläutert HTG-Direktor Frank Braun. Auch er nennt die Rekrutierung von Lehrpersonal eine zentrale Herausforderung.

Die Schüler sollen pro Tag mit einer Doppelstunde Deutsch unterrichtet werden. Darüber hinaus sollen die Kinder und Jugendlichen in die jeweiligen Klassen ihrer Altersgenossen eingebunden werden. Sollte am HTG eine „Schulvorbereitungsklasse“ mit noch intensiverem Deutsch-Unterricht ins Leben gerufen werden, ist eine Zusammenarbeit mit dem Hebel-Gymnasium angedacht.

Wichtig sei, dass die Schüler in eine feste Struktur eingebunden werden, betont auch Braun. Sie bräuchten in dieser Situation eine psychologische Stütze: „Wir dürfen nicht vergessen: Ihre Väter sind im Krieg. Das ist eine große Belastung.“

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