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Lörrach Baby-Boom im Kirchenasyl

Kristoff Meller

Stadtkirche: Dank warmer Witterung rekordverdächtige 77 Dohleneier im Turm.

Lörrach - Das trockene, sonnige Frühlingswetter der vergangenen Wochen trieb Landwirten und Förstern die Sorgenfalten auf die Stirn, für die Fortpflanzung der Lörracher Dohlenpopulation hingegen, waren die Bedingungen ideal: 77 Eier wurden in den Nistkästen im Turm der Stadtkirche gezählt. Ein absoluter Rekord.

Als Herbert Sitterle im Jahr 1972 seinen Schreibtisch im SAK-Büro in der Alten Feuerwache bezog, konnte er schon die Dohlen, Turmfalken und Schleiereulen im Turm der Stadtkirche beobachten. „Sie waren schon immer da“, erzählt der sich mittlerweile im Ruhestand befindliche SAK-Geschäftsführer und ehemalige Gemeindediakon. Um die Vögel im Kirchturm kümmert er sich aber noch immer, und die Dohlen haben es Sitterle dabei besonders angetan: „Sie bilden einen großen Verband und sind so sozial wie kaum eine andere Vogelart.“ Die kleinsten Vertreter der Rabenvögel mit schwarzem Federkleid lebten bis vor 200 Jahren meist im Wald, durch die wachsende Bewirtschaftung siedelten sie dann verstärkt in Ruinen und andere Gemäuer um, berichtet Sitterle.

Wichtiger Lebensraum

Heute stellen Kirchtürme einen wichtigen Lebensraum für Dohlen, aber auch für Turmfalken, Mauersegler und Fledermäuse dar. Im 503 Jahre alten Turm der Stadtkirche haben SAK und NABU darum schon vor etwa 25 Jahren oberhalb der Glocken einen Holz-Rundlauf sowie zwölf Nistkästen für Dohlen angebracht, um der bedrohten Art Kirchenasyl zu gewähren. So gelang es laut Sitterle, die Population der Singvogelart in Lörrach zu stabilisieren.

Doch so voll wie in diesem Frühling war es in den aufwendig mit Zweigen und Co. ausgefüllten Nistkästen noch nie: „Ich habe insgesamt 77 Dohleneier gezählt, im Schnitt waren es fünf pro Nest. Das ist absoluter Rekord, sonst waren es im Schnitt um die 50 Eier“, erklärt Sitterle.

Mehr Turmfalken-Eier als sonst

Auch im Brutkasten der Turmfalken eine Etage tiefer hat er mit sechs Eiern mehr Exemplare als sonst entdeckt. Im zweiten Turmfalken-Kasten, wo zuletzt eine Nilgans brütete (wir berichteten), haben sich hingegen ebenfalls Dohlen eingenistet. „Das war noch nie der Fall“, sagt Sitterle. Das gleiche Bild im ehemaligen Schleiereulen-Kasten und auch die zwölf Brutstätten beim Rundlauf sind gut belegt.

Der Hauptgrund für den Küken-Boom dürfte laut Sitterle das warme und sonnige Wetter sein, denn Dohlen mögen keine Nässe. Vielleicht, so Sitterle, habe auch die coronabedingte Ruhe durch weniger Straßen- sowie Flugverkehr dazu beigetragen.

Witterung in den nächsten Wochen entscheidend

Mittlerweile ist aus fast allen Kästen Gepiepse zu hören, gut die Hälfte der Küken ist seit Donnerstag bereits geschlüpft. Nun kommt es auf die Witterung der nächsten Wochen an, wie viele der Jungtiere das erste Jahr überleben. „Wenn das Wetter schlecht ist, schaffen es vielleicht ein bis zwei von fünf Küken, bei guten Bedingungen könnten es drei oder mehr sein, aber alle werden bestimmt nicht durchkommen“, ist Sitterle sicher.

Denn die kleinen Dohlen brauchen eiweißhaltige Nahrung in Form von Insekten und deren Population ist bekanntlich ebenfalls stark rückläufig. „Wenn wir in drei bis vier Wochen die Jungtiere beringen, wissen wir mehr“, sagt Sitterle.

Bei dieser Arbeit wird er von Erika und Gerfried Früh (NABU) sowie von Kirchendienerin Margit Pohlmann unterstützt, die sich ebenfalls seit Jahren um die Vögel im Turm kümmern. Jedes Tier erhält dabei eine Nummer, die an die Vogelwarte des Max-Planck-Instituts für Ornitholgie in Radolfzell gemeldet wird. Dort wird die laut Sitterle in Baden-Württemberg stark rückläufige Population der Dohlen genau beobachtet. In diesem Jahr könnte dieser Trend aber durch die warme Witterung etwas ausgebremst werden.

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