^ Lörrach: Behutsame Annäherung - Lörrach - Verlagshaus Jaumann

Lörrach Behutsame Annäherung

Die Oberbadische
Langsam kommen sich Elias und Esther näher. Foto: Beatrice Ehrlich Foto: Die Oberbadische

Theater: Tempus fugit erzählt von der Annäherung zweier ungleicher Jugendlicher

Zur Saisoneröffnung eine Wiederaufnahme bei Tempus fugit, wenn auch unter anderen Vorzeichen: Märchenherz heißt eine literarische Vorlage von Philip Ridley, ein Jugenstück, das vielerlei Möglichkeiten der Interpretation bietet.

Von Beatrice Ehrlich

Lörrach. Zwei junge Schauspieler des freien Theaters Tempus fugit brachten den erfrischenden Dialog zwischen zwei Jugendlichen unter der Regie von Recha la Dous auf die Bühne des Neuen Theaterhauses. Der Schauplatz diesmal: Ein Hausmeisterschuppen, vom Protagonisten Elias als experimentelle Klangwerkstatt einge-richtet. Eines Tages bekommt der Einzelgänger Besuch von Esther, einem jungen Mädchen aus der Nachbarschaft. Sie ist auf der Flucht von ihrer misslungenen Geburtstagsparty – ihr Vater tauchte dort in Begleitung seiner neuen Freundin auf, die Esther einfach schrecklich findet.

Ein Zwiegespräch entwickelt sich, wobei vor allem Esther erst mal auf Distanz bleibt. Zu anders ist Elias als die anderen: kein Smartphone, komische Kleidung, immer für sich allein. Schnell wird aber deutlich, dass die beiden auf den ersten Blick so ungleichen Jugendlichen aus der Nachbarschaft sich schon länger gegenseitig wahrgenommen, sogar beobachtet haben.

Und auch wenn Esther Elias’ gesammelte Geräte erstmal als Schrott bezeichnet, kramt sie kurz darauf neugierig in den selbstaufgenommenen Kassetten, auf denen Alltagsgeräusche und Erinnerungen festgehalten sind, von Stimmen im Supermarkt bis hin zu Möwengeschrei und Meeresrauschen.

Während in der ersten Version von Märchenherz – 2013 in einer Fabrikhalle in der Teichstraße, damals unter der Regie von Recha und Bernhard la Dous und ebenfalls mit Elias Füchsle in der männlichen Hauptrolle – eine Fahrradwerkstatt Ort des Geschehens war, zieht sich dieses Mal das Spiel mit Klängen aus den von Elias zusammengetragenen, alten Wiedergabegeräten als roter Faden durch das Stück.

Weniger der Raum, als vielmehr ein ganz bestimmter Sound verleihen der behutsamen Annäherung zwischen den beiden Jugendlichen hier einen Rahmen (Musikalische Leitung: Johan Olsson). Elias ist hier, am Rand der Gesellschaft und der Konventionen, ganz zu Hause. Völlig unverhofft bricht die temperamentvolle Esther (Esther Kammüller) in sein Reich ein, oder besser gesagt, sie sucht dort Zuflucht.

Eine darstellerische Herausforderung: Zwischen Schroffheit und Anlehnungsbedürfnis setzen die beiden jungen Schauspieler die sich langsam entwickelnde Anziehung zwischen zwei jungen Leuten treffend in Szene. Immer mehr wird deutlich, dass die beiden sich ähnlicher sind, als es zunächst scheint: Beide vermissen einen Elternteil, nehmen ihre Umwelt aufmerksam und kritisch in den Blick.

Am Ende bricht es aus beiden heraus: Sie gehen zusammen in ihrem fiktiven Tonstudio auf Sendung, schaffen sich aus Licht- und Klangeffekten eine lebendige Unterwasserwelt, die als beindruckende Installation als Schlussbild in Erinnerung bleibt.

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