Lörrach Da ist Musik drin!

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Interview: Obergildenmeister Jörg Roßkopf über die Fasnacht 2018 in Lörrach

Die Lörracher Fasnacht feiert ihren Höhepunkten entgegen: der „Lasser Gugge Explosion“ und dem Umzug am Sonntag. Ein guter Zeitpunkt für ein Gespräch mit Obergildenmeister Jörg Roßkopf über den bisherigen Verlauf der tollen Tage und das große Fasnachtswochenende. Bernhard Konrad hat nachgefragt.

Herr Roßkopf, „Selten war Fasnacht wichtiger als heute“, betonen Sie in Ihrem Grußwort im Narrenfahrplan. Inwiefern ist das so?
Die Menschen brauchen hin und wieder eine Pause, gerade in Zeiten, in denen Krisen – national oder international - dominieren, eine Pause von ihren Sorgen und Ängsten. Die Fasnachtszeit markiert einen Einschnitt, den viele Menschen schätzen. In Krisenzeiten hatte die Fasnacht immer besonders großen Zulauf, und auch in diesem Jahr verzeichnen wir eine sehr gute Resonanz auf unsere Veranstaltungen. Wir sind gut unterwegs.


Gut unterwegs ist auch die Basler Fasnacht. Sie wurde von der UNESCO in das immaterielle Erbe der Menschheit aufgenommen. Dass die Bedeutung der benachbarten Fasnacht auf diese Weise gewürdigt wird, dürfte auch Sie freuen.
Das hat uns sogar sehr gefreut. Wir haben die Basler Fasnacht in diesem Prozess auch aktiv unterstützt, indem wir in einem Schreiben an die UNESCO die Bedeutung der Basler Fasnacht betont haben – auch für uns hier in Lörrach und der deutschen Nachbarschaft. Die Auszeichnung macht auch uns ein bisschen stolz, denn die Lörracher Fasnacht ist mindestens zu einem Drittel Basler Fasnacht.


Am Samstag steigt die „Lasser Gugge Explosion“. Mittlerweile wird wegen der großen Nachfrage sogar auf Pressekonferenzen im Vorfeld verzichtet. Was ist geplant?
Wir haben sechs Bühnen auf sechs Plätzen, auf denen sich 44 Guggemusiken präsentieren. Alle haben auf jeder Bühne einen Startplatz, und diesmal werden die Konzerte an jedem Standort kommentiert.


Wie viele Guggemusiken haben Interesse an der Veranstaltung angemeldet?
Im März 2017 habe ich die Organisation von Claudio Burger übernommen, der das 16 Jahre lang sehr gut gemacht hat. Er hat mich auch für diese Auflage im Hintergrund unterstützt. Mittlerweile liegen bereits wieder 82 Anfragen für das Jahr 2019 vor… Auf Dauer werde ich das allerdings nicht alleine machen können. Wir schauen im Moment, wie wir das künftig im Gildenvorstand organisieren wollen.


„Lasser Gugge Explosion“, Dällerschlägg, Bälle, Umzüge, Monsterkonzert: Wird die Guggemusik als Element der Lörracher Fasnacht allmählich zu dominant?
Die Lörracher Fasnacht hat sich in wesentlichen Teilen zu einer Gugge-Fasnacht entwickelt, das ist so. Ich kann die Empfindung, dass wir mittlerweile etwas zu viel Guggemusik haben, durchaus nachvollziehen. Aber: Die Guggemusiken sind nun mal da. Sie sind sehr beliebt, und sie haben ihr Publikum.
Was wir in diesem Jahr erstmals anbieten werden: Am Fasnachtssonntag dürfen sich Wagen einiger Cliquen mit Soundanlagen nach dem Umzug um den Senser Platz gruppieren und dort ihre Wagen und ihre Musik präsentieren. Das ist was Neues und spricht jüngeres Publikum an. Ich bin da offen. Es gilt der Satz: „Entweder man geht mit der Zeit, oder man geht mit der Zeit.“ Als in der 50er Jahren die Guggemusik ’53 erstmals spielte, wurde sie als „Terrormusik“ bezeichnet: der Untergang der Fasnacht. Aber wir sehen: Die Fasnacht lebt immer noch. Aber genau so, wie wir sie heute in Lörrach feiern, wird sie in 30 Jahren nicht mehr gefeiert werden. Fasnacht muss lebendig sein.


Gibt es in diesem Jahr ein besonderes Sicherheitskonzept? Wie war die Zusammenarbeit mit Stadt und Polizei?
In einer Zeit, in der Veranstaltungen mit Fahrzeugen oder auf andere Weise angegriffen werden, müssen wir uns schon die Frage stellen, ob und wie wir für genügend Sicherheit sorgen können. Die Fasnacht ist zumindest potenziell ein Ziel für solche Angriffe. Und: Sobald etwas passiert, werden Medien und Bürger sofort danach fragen, ob alles getan wurde, um das zu verhindern. Wir haben deshalb der Stadt Vorschläge unterbreitet, wie ein verschärftes Sicherheitskonzept aussehen könnte – obgleich 100-prozentige Sicherheit nie garantiert werden kann. Die Stadtverwaltung sieht aber keine besondere Gefährdungslage, insofern hat sich das Sicherheitskonzept nicht wesentlich verändert.


Was erwartet die Gäste am Fasnachtssonntag-Umzug?
Teilnehmen werden 152 Gruppen in 114 Formationen, darunter natürlich Guggemusiken, Trommler und Pfeifer, ein Spielmannszug und ein kompakter Abschnitt von acht Wagen mit Sound-Anlagen. Jede dritte Gruppe macht Musik. Der Umzug wird wieder sehr bunt und musikalisch. Das ist ein Lörracher Markenzeichen.


In Eppingen ist kürzlich ein Mädchen schwer verletzt worden, weil sie angeblich von maskierten Personen gepackt wurde und ihre Beine in einen Kessel mit siedendem Wasser gerieten. Kann ein Veranstalter solche Entgleisungen verhindern?
Absolute Sicherheit gibt es nicht, man kann nicht immer alles im Blick haben. Aber: Man kann versuchen, schon bei der Einladung der Gruppen deutlich zu machen, wie die Spielregeln aussehen. Zuschauer dürfen auf keinen Fall verletzt werden. Auch Späße wie Schuhe klauen und irgendwo abstellen, sind nicht witzig. Wir weisen seit Jahren darauf hin, dass das nichts mit Fasnacht zu tun hat. Unsere Ordner versuchen, auch solche Dinge beim Umzug zu beobachten, die THW-Kollegen unterstützen uns dabei. Wer gegen gewisse Regeln verstößt, wird nicht mehr eingeladen. Solch ein großer Kessel mit siedend heißem Wasser wäre in Lörrach wohl gar nicht erst in den Umzug gekommen.


Auch beim Alkohol können Veranstalter nicht immer alles im Griff haben. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte kürzlich Medienberichten zufolge, Karneval gleiche heute eher einem allgemeinen Besäufnis. Wie sieht das Lörracher Präventionskonzept aus?
Gemeinsam mit der Stadt haben wir das Präventionskonzept „Lass Deine Flasche Zuhause“ entwickelt. Es spricht zum einen Leute an, die zu viel Alkohol konsumieren, aber es geht auch um Glas. Wir tun viel, um Glasbruch zu vermeiden. Unsere Stände geben Einwegbecher mit Pfand aus, wir reden auch mit Wirten, aber wir können den Leuten nicht verbieten, mit Glasflaschen in die Stadt zu kommen. Alkohol gehört zur Fasnacht, aber in Maßen. Alles in allem glaube ich nicht, dass das Alkoholproblem schlimmer geworden ist, es scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein. Das belegt auch die Statistik des Roten Kreuzes. Aber die öffentliche Wahrnehmung und Sensibilisierung hat sich verändert.


Die Lörracher Narrengilde hat mit Margarete Kurfeß erstmals eine Politikerin der Grünen zur Protektorin gemacht. Wie macht sie sich?
Zu Beginn hat man gemerkt, dass sich unserer Protektorin auf fremdem Terrain bewegt, aber das ist völlig normal. Mittlerweile hat sie bei der Lebenshilfe schon die Polonaise angeführt. Sie begegnet Facetten der Fasnacht, die sie zuvor nicht kannte. Ich denke, unsere Protektorin erlebt gerade, dass die Fasnacht bestimmte klassische Erwartungen erfüllt, aber insgesamt weit darüber hinaus geht. Wir bilden die gesamt Breite der Gesellschaft ab. Ich finde, Margarete Kurfeß sieht man an, dass ihr die Aufgabe Freude macht. Sie ist eine ausgezeichnete Protektorin.

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