Lörrach Das Leben bleibt ein Hürdenlauf

Die Oberbadische
Moderator Nik Salsflausen (l.) stellt die Finalisten vor: Daniela Dill, Kai Bosch, Valerio Moser und Piet Weber. Foto: Ursula König Foto: Die Oberbadische

Poetry Slam: Piet Weber gewann den Wettbewerb „Frohe Reimnachten“ im Burghof

Von Ursula König

Lörrach. Für viele gehört er inzwischen zur Vorweihnachtszeit; der Burghofslam „Frohe Reimnachten“, der einem klassischen Konzept folgt: Acht junge Dichter treten mit selbstgeschriebenen Texten gegeneinander an und das Publikum kürt mit seinem Applaus den Gewinner.

Glaubt man den beiden Moderatoren Tilman Scheipers und Daniel Wagner, dann wurden in diesem Jahr „keine Kosten und Mühen gescheut, um die besten und verrücktesten Slammer einzuladen“

Eine große Überraschung gab es gleich zu Beginn: Scheipers gab den Stab an seinen Nachfolger „Nik Salsflausen“ alias Niklas Ehrentreich weiter, der in der „Slammerszene“ längst bekannt ist. So hatte er an diesem Abend gemeinsam mit Wagner zu entscheiden, wer von den acht Kandidaten weiterkam.

Die Qualität der Texte und die Darbietungsform ließen nicht immer eindeutige Entscheidungen zu. Spaß soll er machen, der Einblick in moderne Lyrik und Prosa; überraschen soll er und neue Impulse vermitteln. Als „Eisbrecher“ sinnierte Wagner über die Korrektheit der Deutschen, bevor es mit dem eigentlichen Wettbewerb losging.

Malte Rosskopf steigt mit dem Zitat „Das bin ich“ ein. Sein Text beschreibt Lebenskonzepte und geht der Frage nach, was es bedeutet, von der eigenen Lebenslüge überzeugt zu sein. Für ihn bleibt das Leben ein Hürdenlauf, während Daniela Dill aus Basel ihr Glück nicht „fassen“ kann, auch wenn sie es im Alltag gerne mit den Fingern greifen würde, um eine rote Schleife umzubinden.

Kai Bosch stellte selbstironisch und unterhaltsam seine „Orientierungsprobleme“ im Leben vor und Hanz warb mit seinem Plädoyer für alternative Lebens- und Liebesformen. Biggi Rohm will wesentlichen Fragen des Lebens intensiver nachgehen. Wenn Diamanten durch Druck entstehen, will sie lieber ungeschliffen bleiben, statt sich „auf sinkenden Schiffen fühlen wie Ratten“.

Sie stellt die Überlegung in den Raum: „Was wären wir ohne die Aussicht, von jemandem verachtet zu werden?“ Die Wortspielerei „Erschöpfung hat nichts mit Schöpfung“ zu tun, lässt an „Burnout“ denken, insbesondere wenn Rohm damit verbindet: „Sei der Fehler im System“. Denn auf „hohem Niveau“ zu jammern, bedinge auch, dass der Fall sehr tief sein kann.

Valerio Moser ist mit einem Beitrag auf schweizerdeutsch ganz in seinem Element, wenn er über seine Beziehung zu Wasser nahezu in Ekstase gerät. Renard Yearby spricht lieber in englischer Sprache, sonst sei er in der deutschen Übersetzung verloren, was einige unfreiwillige Komik nach sich ziehen kann. Er kämpft mit den Vorurteilen, die ihm entgegengebracht werden und will vermitteln, was es bedeuten kann, als „Fremder“ zu leben. Nach so viel Tiefgang streift Piet Webers Liebesbrief an eine Freundin die eher heiteren Seiten des Daseins, auch wenn er nahezu philosophisch der Frage nachgeht, was Liebe eigentlich ist.

Nach der Pause gaben vier Finalisten noch einmal ihr Bestes und am Schluss erhielt Piet Weber den diesjährigen Preis, eine Flasche Kirschwasser, was wieder einmal zeigte, dass es nicht wirklich ums Gewinnen ging, sondern darum, kreativ mit der Sprache umzugehen und dies mit Spaß zu vermitteln. Das kam im vollbesetzten Burghof sehr gut an.

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