„Hier bin ich bald einer der letzten Europäer“
Zudem sei es aktuell fast unmöglich ins Land einzureisen und Ausländer ohne Aufenthaltstitel müssten in ihre Heimatländer zurückkehren. Für die Touristen- und Hotelbranche hat das laut Wendle dramatische Folgen: „Viele haben bereits ihren Job verloren. Sie schlagen sich so durch, aber die Situation wird von Woche zu Woche schwieriger.“ Denn die Stadt lebe vom Tourismus, nun sei die Innenstadt weitgehend leer: „Hier bin ich bald einer der letzten Europäer“, erklärt Wendle.
Gleichwohl könne man sich – wenn man möchte – „frei bewegen und alles unternehmen, wenn man nicht in einem Quarantäne-Gebiet ist“. Für die Menschen im Land gebe es keine Einschränkungen – bis auf die Direktive, im öffentlichen Raum Mundschutz zu tragen. Dennoch seien die Straßen weitgehend leer. „Hin und wieder fahren Lastwagen vorbei, die Güter transportieren, aber die Menschen machen nur das Nötigste.“
Gemüsegarten und Online-Unterricht
Auch seine Familie geht seltener Einkaufen. Stattdessen haben sie ihren Garten in einem eher ländlich geprägten Außenbezirk von Da Nang umgestaltet und bauen nun mehr Gemüse an. „Jetzt gibt es täglich Frisches aus dem eigenen Garten. Damit könnten wir uns und die Nachbarn im Notfall zwei Wochen gesund ernähren.“
Die Schulen wurden bereits direkt nach dem Mond-Neujahr im Januar geschlossen. In vielen Familien werden die Schüler laut Wendle seither von den Großeltern betreut. Seine Kinder, die eine internationale Schule besuchen, erhalten jede Woche sogenannte „Activity-Boxes“ mit Aufgaben via Internet. „Sie reichen die Aufgaben dann über eine App ein und erhalten eine Rückmeldung von den Lehrern.“ Der Klassenlehrer biete außerdem einmal am Tag eine Online-Unterrichtsstunde an, damit etwas Lernroutine erhalten werden könne.
Bekämpfung statt Eindämmung
Grundsätzlich verfolgen Vietnam und auch andere Länder in Asien seit Beginn der Corona-Krise eine ganz andere Strategie als die europäischen Staaten: Bekämpfung statt Eindämmung. „Sie wollen das Virus ausrotten“, betont Wendle. Wer positiv getestet werde, komme sofort ins Krankenhaus, alle Kontaktpersonen in spezielle Lager statt häuslicher Quarantäne. „Eine heftige Entscheidung, aber damit hat man das Virus bisher unter Kontrolle gehalten und wird das auch rigoros durchziehen, bis ein Impfstoff da ist“, sagt Wendle. Das Resultat: sehr tiefe Fallzahlen – Stand Samstag rund 50 Fälle.
Manuel Wendle sieht in den unterschiedlichen Strategien indes „eine Gefahr für das Verständnis zwischen den Kulturen“ und die Wirtschaft werde auf lange Sicht bedroht, da sich viele globale Unternehmen in eine starke Abhängigkeit von Asien begeben hätten. Denn Wendle ist überzeugt: „Die Asiaten werden ihre Länder für die Europäer und Amerikaner erst wieder aufmachen, wenn diese das Virus im Griff haben oder flächendeckend geimpft wurde.“