Lörrach Deftige Artikulationen und gepflegte Langeweile

Willi Vogl
Titus Waldenfels und Silvia Maria Jung in der Kneipe des Nellie Nashorns mit Western-Swing und szenisch angereichertem Volksgesang. Foto: Willi Vogl

Konzert: Titus Waldenfels und Silvia Maria Jung traten in der Kneipe des Nellie Nashorn auf.

Lörrach - Countrysongs, schräge Gassenhauer und eigene Lieder paarten sich beim jüngsten Konzert am Freitagabend in der Kneipe des Nellie Nashorns mit Western-Swing und szenisch angereichertem Volksgesang. Der Multiinstrumentalist Titus Waldenfels (Gitarre, Geige, Banjo, Steel Guitar und Foot Bass) und die Schauspielerin und Sängerin Silvia Maria Jung lernten sich vor zwei Jahren als Protagonisten von Georg Ringsgwandls Opernproduktion „Der varreckte Hof“ in München kennen und touren seitdem mit einer wilden Programmmischung durch deutschsprachige Lande.

Zwischen rührseligem Liebreiz und derber Unnahbarkeit

Dabei geht es durchaus polyglott zu. Nicht nur englisch, französisch und hochdeutsche Sprachfarben stehen der in Bern ausgebildeten Sängerin zu Gebote. Als gebürtige Bayerin weiß sie zudem ihre Muttersprache vielfältig zwischen rührseligem Liebreiz und derber Unnahbarkeit in Szene zu setzen.

Titus Waldenfels kommentiert die mitunter skurrilen Liedvorträge mit knappen Einwürfen und vertrauten Begleitmustern im Westernstyle oder illustriert sie durch instrumentale Intermezzi. Dabei strahlt der mit den Füßen getretene Bass auf dem selbstgebauten Monochord gediegene bayrische Gemütlichkeit aus.

Eröffnet wurde die musikalische Melange zwischen traditioneller Countrymusik und bayrischem Volksgesang mit Bob Wills melancholischem „Bubbles in my beer“. Später hörte man etwa mit Hank Williams „I’ll never get out of this world alive“ auch eine härtere Klangsprache amerikanischer Provenienz. Waldenfels nutzte in seinen eigenen Liedern ebenfalls den Country Style und verband ihn mal mit englischen Texten wie in „Monkey Train“ oder deutschen mit dezenter bayerischer Einfärbung.

Eigenwillige Spielweise

Immer aber pflegte er dabei, wie im launig gefiedelten „Sugar in the morning“, eine eigenwillig eckige Spielweise, bei dem knallige Nachschläge bisweilen schon mal an einen Schluckauf erinnern, oder setzte wie in Petty Bookas „Bla Bla Bla Cha Cha Cha“ mit einer säuselnden Hymne seiner Hawaiigitarre auf gepflegte Langeweile.

Natürlich durften auch Songs aus „Der varreckte Hof“ des bayerischen Volksmusikanarchisten Georg Ringsgwandl nicht fehlen. Nach dem Motto „A boa Ratzn gibts oi wie“ (Ein paar Ratten gibt es immer) illustrierte Waldenfels die humorvolle textliche Düsternis mit endzeitlicher Motorik und instrumentalen Geräuschkulissen. So richtig musikalisch auf den Punkt landete Waldenfels jedoch mit kaum einem seiner Titel. Zwar war die Präsentation der unterschiedlichen stilistischen Facetten routiniert und vielfältig, gleichzeitig ließ sie jedoch die entscheidende Konzentration auf die jeweils bestimmende Charakteristik vermissen.

Stärkere theatralische Momente hingegen gab es mit Silvia Maria Jung in den bayerischen Liedern von Kathi Prechtl oder in Erni Singerls „Heut bin I grantig“, bei der sie in plastischer Artikulation, die süß-saure Stimmung der lyrischen Figur aufs Deftigste lebendig werden ließ. Marktschreierisch auftrumpfend nach dem Motto: „Gell, da schaugts!“

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