Lörrach Der Weg zur erfolgreichen Integration

Die Oberbadische

Vortrag: Migrationsforscher Philip Anderson berichtet über Schwierigkeiten in Schulen und Ausbildung

Immer mehr junge Flüchtlinge beginnen eine Ausbildung, viele scheitern aber an der Berufsschule. Der Migrationsforscher Professor Philip Anderson von der Hochschule Regensburg gab kürzlich in seinem Vortrag im Hebelsaal Tipps, wie eine erfolgreiche Integration gelingen kann. Eingeladen hatte der Arbeitskreis Miteinander.

Von Regine Ounas-Kräusel

Lörrach. Philip Anderson gab Erfahrungen aus verschiedenen Schulformen wider. Zum einen hat er jüngst an 20 Berufsschulen in Bayern Berufsintegrationsklassen (BI-Klassen) wissenschaftlich begleitet. Dort lernen junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 25 Jahren Deutsch und können einen Hauptschul- oder mittleren Abschluss machen. Auch an den SchlaU-Schulen (Schulanaloger Unterricht) in München, eine staatlich anerkannte Ergänzungsschule, lernen junge Flüchtlinge Deutsch und können einen Abschluss machen.

Da diese Schulen besonderen Wert auf verlässliche Beziehungen zwischen Lehrern und Schülern legen, sitzen höchstens 16 Schüler in einer Klasse. Nach eigenen Angaben machen an den SchlaU-Schulen jedes Jahr 20 jugendliche Migranten einen Abschluss.

Junge unbegleitete Flüchtlinge müssten ganzheitlich gefördert werden und ihre individuelle Situation müsse berücksichtigt werden, betonte Anderson. Vieles könne ihnen das Lernen schwer machen: traumatische Erfahrungen auf der Flucht, aber auch beengtes Wohnen in einer Unterkunft. Die jungen Leute stünden unter dem Erwartungsdruck ihrer Angehörigen, die viel Geld für ihre Flucht nach Europa ausgegeben hätten. Die Schüler wollten nicht als Flüchtlingen gesehen werden, sondern als junge Leute, die ihr Leben leben wollen. Anderson empfahl, dass Fachleute, Ehrenamtliche und alle Institutionen die sich um Flüchtlinge kümmern, zusammen arbeiten. Er plädierte für einen dynamischen Kulturbegriff. Die jungen Migranten seien von den Erfahrungen auf ihrer Flucht oft genauso stark geprägt wie von der Kultur oder der Religion in ihrem Herkunftsland.

Eine Zuhörerin regte an, für junge Geflüchtete einfachere Ausbildungsgänge anzubieten. Das sei ein ganz heißes Eisen für die Handwerkskammern, weil diese das Niveau der Ausbildungsberufe nicht senken wollten, sagte Anderson. Nur im Einzelfall sei es möglich, dass ein Jugendlicher zum Beispiel Reifenmechaniker lerne anstatt Kfz-Mechatroniker.

Ein Freiburger Berufsschullehrer schilderte, dass man vor Prüfungen mit jungen Flüchtlingen die Aufgaben durchspreche. Außerdem gebe man ihnen mehr Zeit. Anderson bestärkte ihn: Die Schulen sollten das Fachwissen ihrer Schüler und nicht die Sprachkenntnisse prüfen.

Der Landkreis Lörrach sucht Lernbegleiter für junge Flüchtlinge, aber auch für andere Jugendliche. Die Lernbegleiter sollen sich ungefähr einmal pro Woche mit dem Jugendlichen in der Schule treffen, um mit ihm Mathematik, Englisch oder Deutsch zu lernen. Sie sollen ihm helfen, einen Abschluss zu machen und eine Ausbildungsstelle zu finden.

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