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Lörrach Ein Schritt Richtung Normalität

Kristoff Meller

Bei den Lörracher Gastronomen und Gästen überwiegt am ersten Öffnungstag nach der Corona-Zwangspause die Freude.

Lörrach - Meist gut besetzt waren die Tische der Restaurants und Cafés am Montagmittag in der Innenstadt. Gleichwohl mussten viele Gastronomen ihre Kapazitäten für die Wiedereröffnung nach der coronabedingten Zwangspause deutlich reduzieren – bei gleichzeitigem Mehraufwand und unveränderten Fixkosten. Am ersten Tag überwog jedoch meist die Freude über den Schritt in Richtung Normalität.

Gut gelaunt hält der Mann seinen Espresso in die Höhe und lächelt in die Smartphone-Kamera seines Sitznachbarn. Endlich wieder im Straßencafé sitzen oder das Mittagessen auf einem Teller schön angerichtet genießen statt in der Plastikbox mitzunehmen. Auf solche Momente haben viele Lörracher sehnsüchtig gewartet: „Die Leute haben Lust darauf“, bestätigt Driton Dizdari, Inhaber der „Bar Drei König“.

Doch trotz der meist gut besetzten Tische um die Mittagszeit täusche das Bild: „Es ist zwar gut was los, aber uns fehlen aufgrund der Abstandsregelungen fast 40 Prozent Kapazität und damit auch Umsatz.“ Zumal pro Tisch nur zwei Haushalte erlaubt sind, was Dizdaris Personal den Gästen auch freundlich aber bestimmt mitteilt.

Nur alleine oder zu zweit sitzen die Gäste zum Mittagessen auch am Chesterplatz im Restaurant „Peja“ , wo die Anzahl der Tische ebenfalls deutlich reduziert wurde. „Ich bin dennoch froh, dass wir wieder aufmachen können“, sagt Inhaber Afrim Nikqi. Allerdings könnten die hohen Fixkosten mit der reduzierten Bestuhlung auf Dauer kaum gedeckt werden: „Als Provisorium ist das in Ordnung, auf Dauer wird es schwer.“

Zumal es für ihn nicht nur darum gehe, Essen an Kunden zu verkaufen: „Das Restaurant ist ein Treffpunkt und ein Ort des Austauschs“, betont Nikqi. Mit der Mundschutzpflicht für das Personal und der Regelung, die Kommunikation mit den Gästen auf ein notwendiges Mindestmaß zu beschränken, leide diese „Gastrokultur“ erheblich. Mittelfristig sieht er zudem das Problem, dass viele Gastronomen es sich zweimal überlegen werden, zu investieren und beispielsweise eine neue Küche anzuschaffen. Das bekämen wiederum Handwerker, Zulieferer und andere Betriebe zu spüren.

Trotz der ungewissen Zukunft überwog am ersten Tag jedoch fast überall die Freude: „Es ist schön wieder aufzuhaben“, erklärte Dzenita Jäckel vom „Alt Stazione“ nach dem gut ausgelasteten Mittagstisch. Ihre Stehtische im Außenbereich musste sie zwar abbauen, dafür hat sie zusätzliche Tische mit jeweils zwei Stühlen aufgestellt. „So können wir unsere Kapazitäten fast konstant halten“, erklärt Jäckel.

Tim Heuser vom Café Pape wartete am Vormittag hingegen noch auf eine Rückmeldung aus dem Rathaus auf seine Anfrage zur Ausweitung der Bestuhlung in die Fußgängerzone. Bürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic hatte dazu im Ausschuss für Umwelt und Technik am Donnerstag bereits angedeutet, den Gastronomen zumindest für die marktfreien Tage entgegenzukommen, eine offizielle Bestätigung fehlte aber noch.

Am Montagabend teilte die Stadtverwaltung auf Anfrage unserer Zeitung mit: „Dort wo es möglich ist und die rechtlichen Rahmenbedingungen es zulassen, sind vereinzelt Erweiterungen umsetzbar. Maßgeblich bei allen Lösungen ist, dass Feuerwehrzufahrten und -aufstellflächen wie auch die Be- und Entladezufahrten wie beispielsweise auf dem Marktplatz für die Beschicker des Wochenmarktes freigehalten werden.“

Da diese Mitteilung am Vormittag noch nicht bekannt war, stellte  Heuser am Morgen weniger Tische auf, während drinnen ohnehin jeder zweite Tisch mit Flatterband gesperrt werden musste. „Wir haben mehr Aufwand bei geringerer Kapazität, das macht es nicht leicht.“ Darum wird das Geschäft laut Heuser auch nur langsam hochgefahren: „Die Fixkosten sind hoch, das versuchen wir mit weniger Personal aufzufangen.“ Aktuell sei immer ein Drittel des Personals im Wechsel im Einsatz, um die Kurzarbeit aufzustocken.

Marco Gressel von „Drei König Delikatessen“ hat hingegen bereits am Vormittag Fakten geschaffen und eine seiner Tischreihe etwas in die Fußgängerzone gestellt: „Wir lassen es darauf ankommen, die Rettungsgasse ist immer noch breit genug“, erklärte er auf Anfrage. Denn im Lokal selbst stünden aufgrund der Abstandsregelungen nur noch 14 statt 34 Plätzen zur Verfügung. Für Gressel ist aber vor allem der Mittagstisch von großer wirtschaftlicher Bedeutung: „Ich hoffe nun, dass die Gäste mehr Bereitschaft mitbringen, auch draußen zu speisen. Das Wetter kommt uns da aktuell zum Glück sehr entgegen.“

Gerade am Alten Marktplatz wird allerdings auch viel Umsatz durch das Ausgehpublikum am Abend generiert. Dennoch haben sich die Kneipen abgesprochen und schließen alle um 22 Uhr (wir berichteten). „Länger zu öffnen wäre gefährlich, denn mit zunehmendem Alkoholkonsum sinkt die Hemmschwelle“, erklärt Gressel im Hinblick auf die Einhaltung der Corona-Verordnung. „Wir verlieren dadurch Umsätze, aber die Sicherheit geht vor“, bestätigt auch Martin Hacker, Geschäftsführer im „Wilden Mann“.

Dort hat man für die neue, verpflichtende Datenerfassung spezielle Vordrucke anfertigen lassen. Namen und Kontaktdaten werden mit der genauen Uhrzeit des Besuchs notiert und für vier Wochen gespeichert, um im Fall der Fälle die Infektionsketten nachverfolgen zu können.

Andere Restaurants nutzen dafür einfache Notizblöcke, oder die Gäste müssen sich auf einer Liste eintragen. Für die Gastronomen bedeutet das auf jeden Fall einen Mehraufwand und mitunter auch Diskussionen, denn ohne Datenerfassung darf keine Bewirtung erfolgen. Gleichwohl gab es am ersten Tag fast nirgends Beschwerden. Hacker: „Die Gäste haben Verständnis dafür.“

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