Lörrach Ein Spiegel ihrer Zeit

Beatrice Ehrlich
Kristine Rascher bringt Kindern die Faszination des Briefmarkensammelns näher. Foto: Beatrice Ehrlich

Briefmarken: Großtauschtag in der Schlossberghalle Haagen.

Lörrach - Auf den ersten Blick sieht man nur Kartons auf den Tischen, zwischen denen sich am Sonntagmorgen überraschend viele Menschen drängen. Tritt man einen Schritt näher heran an die Kisten und Alben, in denen die Briefmarkensammler ihre Schätze aufbewahren, eröffnet sich eine ganz eigene, faszinierende Welt.

Spiegel ihrer Zeit

Vergangenheit wird greifbar beim Blick auf die kleinen papiernen Boten, von denen manche sogar noch auf einem handbeschrifteten Brief kleben. Briefmarken sind seit ihrer Einführung um 1840 ein getreuer Spiegel ihrer Zeit. So etwa der kleine und der große Brustschild mit dem geprägten Reichsadler als erste Marken des neugegründeten „Deutschen Reichs“, denen das besondere Interesse des Vorsitzenden des Briefmarken-Sammler-Bunds Lörrach von 1921, Karl Thamerus, gilt. Eine Seltenheit sind sie auf den ersten Blick nicht: Gleich reihenweise hat Sammler Daniel Munch aus Mulhouse sie hinter Klarsichtfolie einsortiert, fein säuberlich geordnet nach ihrem Wert, in Taler- und in Guldenwährung. Die Besonderheit liegt im Detail: Ein kompletter Satz ist das Begehren des ambitionierten Sammlers, und das postfrisch und geprüft. Laut dem „Michel“, der Bibel der Philatelisten, lässt sich mit solchen ganzen Sätzen auch gutes Geld erzielen.

Leidenschaft muss dabei sein

Den meisten Sammlern geht es heute nicht mehr in erster Linie ums Geld. Leidenschaft muss dabei sein und ein bestimmtes Interessengebiet. Um die Öffentlichkeit teilhaben zu lassen an den Früchten langjährigen Sammelns, haben Thamerus und seine Mitstreiter im Hintergrund der Tauschbörse eine kleine Ausstellung mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten eingerichtet: „Lörrach Anno dazumal“ heißt ein Ausstellungsbeitrag von Heinz Jäger, dem früheren Bundespräsidenten des Bundes Deutscher Philatelisten, in der viele bekannte Motive zu entdecken sind, ebenso wie bei Ortwin Preuß’ Sammlungen zu den Themen Hofgut Kaltenherberge oder Markgrafenstadt Schopfheim. Postalische Weinreklame (Erhard Billich) oder Karl Marx (Max Sutter) heißen weitere Sammlerschwerpunkte, die den Betrachter wiederum in die Vergangenheit eintauchen lassen. Der Blick der Sammler geht aber auch weit über das heimische Markgräflerland hinaus: Argentinische Blütenpflanzen (Walter Krause) sind hier ebenso zu sehen wie „Naturschätze Kenias“ (Erhard Billich).

Herz für die Jugend

Ein Herz für die Jugend hat Kristine Rascher, die im Rahmen des Nachmittagsprogramm in der Hebelschule eine Briefmarkengruppe leitet. Dort erstellen die Grundschulkinder ein Album zu einem bestimmten Thema, jedes Kind gestaltet eine Seite mit den Briefmarken, die Rascher aus ihrer großen Sammlung zur Verfügung stellt. Thematisch geordnet und von Kinderhand beschriftet sind auf den ausgestellten Albumseiten oder auch Kalenderblättern die schönsten Bildchen zu sehen: ausgefallene Tiere wie Echsen oder Fledermäuse, Sportler verschiedener Disziplinen, aber auch Motive aus fernen Ländern in Asien und Südamerika. Beim sorgfältigen Ablösen, Ordnen und Beschriften der Marken, lernen die Kinder eine Menge; sprachlich, motorisch, aber auch durch den Blick über die eigene Lebenswelt hinaus: So ist es Kristine Rascher ein wichtiges Anliegen, dass die Kinder, wenn sie den Namen eines Landes lesen, es auch auf der Karte finden können.

Geduldig folgen einige Kinder den Ausführungen der Philatelistin, lassen sich die Feinheiten des Sammelns und die Details einzelner Motive erklären. Auch wenn der Briefmarken-Sammler-Bund über Nachwuchssorgen klagt – von 280 Mitgliedern in den 1970er Jahren sind heute nur noch 70 geblieben – der Faszination der kleinen Bildchen können sich gerade Kinder kaum entziehen.

Umfrage

Bargeld

Die FDP fordert Änderungen beim Bürgergeld. Unter anderem verlangt sie schärfere Sanktionen. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading