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Lörrach Eisenbahnen voller Erinnerungen

Die Oberbadische
Wolfgang Onnasch bei der Übergabe mit Miriam Cohn im Spielzeugmuseum Riehen Fotos: Dennis Kalt Foto: Die Oberbadische

Lörracher Sammler schenkt wertvolle Modeleisenbahnsammlung ans Spielzeugmuseum in Riehen

Von Dennis Kalt

Lörrach. 150 Modelleisenbahnen hat der passionierte Lörracher Sammler Wolfgang Onnasch kürzlich dem Spielzeugmuseum Riehen (Schweiz) gespendet. Dahinter steckt die Absicht, seine Raritäten für die Nachwelt zu erhalten und die damit verbundenen Geschichten weiterzugeben.

„Modelleisenbahnen haben bei mir schon im Kindesalter große Begeisterung ausgelöst“, erzählt der kurz nach dem Zweiten Weltkrieg geborene und in Berlin-Pankow aufgewachsene Onnasch. So bekam er bereits vor seiner Einschulung an Weihnachten seine erste Modelleisenbahn geschenkt. Seitdem hat ihn das Eisenbahnfieber gepackt und nicht mehr losgelassen.

Onnasch zog Ende der 90er-Jahre zu seiner damaligen Lebensgefährtin und heutigen Frau nach Lörrach, die sich aus beruflichen Gründen an der Wiese niederließ. „Die Stadt hat mir auf Anhieb gefallen und auch die Nähe zur Schweiz mit ihren Bergen und ihrer Idylle schätze ich als Naturmensch sehr“, schildert der Eisenbahnfan.

Heute besitzt der ehemalige Bundesbeamte des Ministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 150 Exemplare, die Miriam Cohn, Fachfrau für Bildung und Vermittlung des Spielzeugmuseums Riehen, stellvertretend für Direktorin Francine Evéquoz, entgegennahm. Cohn freute sich sehr über dieses großzügige Geschenk, das auch einige „zeithistorische Modelle“ enthält.

Dabei sind alle Miniatureisenbahnen in einem makellosen Zustand: „Ich habe damals viele Bücher zum Thema Modelleisenbahnen gelesen. Dabei habe ich mir auch Wissen über Reparaturarbeiten angeeignet. Wenn mal was an einer Lok kaputt ging, habe ich solange gewerkelt und geschraubt, bis sie wieder im einwandfreien Zustand war.“

Onnaschs Wissen und Passion gingen schließlich so weit, dass er in der Lage war, die Geschwindigkeit der Bahnschranken, mit der diese auf und nieder gehen, an das Tempo der einzelnen Modellzüge anzupassen. Das Lächeln mit dem Onnasch aus seiner Eisenbahnvergangenheit erzählt, lässt erkennen, wieviele schöne Erinnerungen er damit verbindet.

Seine Freude weicht jedoch, als er anfängt über die politische Situation in der sowjetischen Besatzungszone in Ostdeutschland zu berichten: „Mein Vater weigerte sich, der kommunistischen Gewerkschaft beizutreten. Darum wurden ihm Beziehungen zu den amerikanischen Besatzungskräften nachgesagt.“

Eines Tages standen drei Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit bei den Onnaschs in der Türe und durchsuchten die Wohnung. Weil sich einer der Stasimitarbeiter vom verängstigten und weinenden Wolfgang Onnasch gestört fühlte, schrie er dessen Mutter an: „Machen Sie das Kind weg!“ Als die Mutter der Bitte nicht nachkam, marschierte der uniformierte Polizist auf den kleinen Jungen zu, positionierte sich vor diesem und ließ die vor ihm aufgebaute Aufzieheisenbahn unter seiner Stiefelsohle zerbersten. „Ein schreckliches Erlebnis!“, wie Onnasch heute noch mit traurigem Blick schildert.

Den Wert seiner Sammlung schätzt Onnasch auf etwa „10 000 bis 20 000 Euro“. Genauer kann er diesen jedoch nicht beziffern – er ist auch von keinerlei Bedeutung für ihn: „Meine Frau hat sich schon im Internet nach den Preisen einzelner Modelle erkundigt. Für einige Exemplare würden Sammler mehrere hundert Euro zahlen. Ein Verkauf kam für mich aber nie in Frage.“

Da die Modelleisenbahnen mit ihrem Besitzer nun gleichzeitig das Land wechselten, musste sich Onnasch zunächst beim schweizerischen Zoll in Riehen anmelden. Es wurde jedoch kein Zoll erhoben, da die Exponate als „zollfreies Kulturgut“ deklariert wurden. Onnasch erzählt dabei amüsiert, dass sich ein Zollbeamter besonders für seine Sammlung interessierte und sich über die Modelle und deren Preise informierte. „Besonders von der alten Holzlok aus Schweden war er sichtlich angetan, weil er sie für eine Weile immer wieder durch seine Hände gleiten ließ, um das alte Holz an seinen Fingerkuppen zu spüren“, berichtet Onnasch mit einem Schmunzeln.

Als Grund, warum er seine Sammlung in die Hände des Riehener Spielzeugmuseums gibt, erklärt der schwer erkrankte Mann: „Ich möchte meine Sammlung für die Nachwelt erhalten und wünsche mir, dass einige Geschichten, die mit den einzelnen Modellen verknüpft sind, an die Museumsbesucher weitergegeben werden können.“

Sein Lieblingsexemplar ist die Holzlok, die von Merklin in Schweden Mitte der 1990er Jahre angefertigt wurde und deren Wert heute bei rund 850 Euro liegt: „Das reale Modell wurde im Schienenverkehr in Schweden zu Beginn des 20. Jahrhunderts eingesetzt. Aufgrund der schlechten Isolationseigenschaften des Holzchassis, kam es öfters dazu, dass sich innerhalb der Lok Eis bildete, welches man dann mühselig von der Wand abkratzen musste. Sozusagen ein fahrender Eisschrank.“ u Spielzeugmuseum Riehen, Baselstraße 34, Öffnungszeiten: Montags sowie von Mittwoch bis Sonntag, jeweils von 11 bis 17 Uhr. Mehr Informationen im Internet unter www.spielzeugmuseumriehen.ch

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