Lörrach Fast mit dem Rücken zur Wand

Guido Neidinger
 Foto: Kristoff Meller     

Stadtpolitik: Lörrach und seinen Bürgern stehen finanziell harte Zeiten bevor / Vier Millionen Euro sollen 2022 eingespart werden / Nicht nur Kultur und Soziales müssen wohl bluten / Stadträte fordern öffentliche Finanz-Diskussion

Lörrach -  Die Stadt Lörrach steht finanziell noch nicht mit dem Rücken zur Wand – dennoch werden die nächsten Jahre zunehmend schwieriger. Schon beim Haushalt für das Jahr 2022 müssen knapp vier Millionen Euro eingespart werden.

„Die Einnahmen halten den Ausgaben nicht stand.“ Oder: „Die Einnahmen halten den Aufgaben nicht stand.“ Mit diesen Worten fasste Oberbürgermeister Jörg Lutz gestern im Pressegespräch die strukturellen Finanzprobleme der Stadt Lörrach zusammen.

Anders ausgedrückt: Die Einnahmen reichen nicht aus, um den immer größeren Berg an Aufgaben und damit auch an Ausgaben zu bewältigen. Dieser Zustand bereitet nicht nur dem Oberbürgermeister, sondern auch den Stadträten Sorgen, vor allem, weil enorme Investitionen in den nächsten Jahren zu stemmen sind. Der städtische Investitionsstau beläuft sich auf weit über 100 bis 150 Millionen Euro.

Die Finanzproblematik und damit die Konsolidierung des Haushalts war das wichtigste Thema der Klausurtagung des Gemeinderats am vergangenen Samstag. In dieser wurde von Kämmerer Peter Kleinmagd eine Sparliste in Höhe von vier Millionen Euro vorgelegt.

Sparliste noch unter Verschluss

Diese Liste hielt der Oberbürgermeister gestern noch unter Verschluss. Er will erst mit den von Kürzungen betroffenen Einrichtungen reden. Danach soll die Sparliste zur nächsten Sitzung des Hauptausschusses publik gemacht werden.

Von Kürzungen dürfte jedoch kaum ein Bereich verschont bleiben. Mit den Fachbereichen Kultur und Tourismus, Jugend/Schulen/Sport sowie Umwelt und Klimaschutz wurden intensive Gespräche geführt, um individuelle und sinnvolle Einsparungspotenziale auszuloten. Bei allen anderen Fachbereichen wird das jeweilige Budget pauschal um fünf Prozent gekürzt.

Mit einer einmaligen Sparrunde ist es allerdings nicht getan. Im Gegenteil: In der Finanzplanung bis 2024 stehen zum Teil massive Fehlbeträge, die vom Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde bereits angemahnt wurden: 2022: 11,6, 2023: 4,5 und 2024 noch 3,1 Millionen Euro.

Um investitionsfähig zu bleiben und ihre Aufgaben erfüllen zu können, muss die Stadt ihre Einnahmen steigern und die Ausgaben verringern. Für verbesserte Einnahmen sollen vor allem Steuererhöhungen (Gewerbesteuer, Grundsteuer) und Gebührenerhöhungen bei städtischen Leistungen sorgen. Bei den Ausgaben stehen vor allem die freiwilligen Leistungen zur Disposition.

Schuld ist nicht allein Corona

Der Grund für die finanzielle Schieflage der Stadt ist nicht nur coronabedingt. „Der Ergebnishaushalt ist schon länger schwach“, konstatierte Kämmerer Peter Kleinmagd. Das könne auf Dauer nicht so bleiben. Mit dem Vier-Millionen-Sparpaket sieht Kleinmagd zumindest die Chance für einen genehmigungsfähigen Haushalt 2022 – eine Garantie dafür aber gebe es nicht.

Ernüchtert zeigten sich auch die Vorsitzenden der Gemeinderatsfraktionen. Margarete Kurfeß (Grüne) sprach von „schmerzhaften Einschnitten“ in den Bereichen Soziales, Kultur und Umwelt. Bei allem Sparwillen bemängelte sie, dass „einige heilige Kühe nicht angegangen werden“. Beispielhaft nannte sie städtische Einrichtungen, unter anderem die Ortsverwaltungen.

Hubert Bernnat (SPD) bezweifelt, künftig alle bisherigen Standards halten zu können. Die Diskussion, „was wir uns noch leisten können, muss in der Öffentlichkeit geführt werden“.

Transparente Diskussion mit den Bürgern aus

Auch Ulrich Lusche (CDU) sprach sich für eine transparente Diskussion mit den Bürgern aus. Bei den freiwilligen Leistungen sieht Lusche noch Spielraum. Man könne den Bürgern nicht immer höhere Steuern und Gebühren zumuten und gleichzeitig viele Kosten übernehmen, „die keine primären Aufgaben der Stadt sind“. Viele Einrichtungen der Stadt seien „auf Dauer nicht mehr in dem bisherigen Umfang zu finanzieren“.

Einen komplett anderen Sparansatz propagiert Matthias Lindemer (Freie Wähler). Bei den Neubauprojekten leiste sich die Stadt „viel Luxus, da wird übertrieben gebaut“. Das Sparpotenzial hier bezifferte er auf mindestens zehn Prozent. Als Beispiel nannte er die teure Klinkerfassade an der Albert-Schweitzer-Schule. „Braucht es das?“, fragte er.

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