Lörrach Flüchtlinge werden zu Nachbarn

Marco Fraune
An der Konrad-Adenauer-Straße soll Wohnraum für bis zu 192 Personen geschaffen werden. Foto: Bernhard Konrad

Gemeinderat: Politik steht hinter den Planungen der Verwaltung / Anwohner aus Stetten sorgen sich

Die Planungen der Stadtverwaltung für die Unterbringung von weiteren Flüchtlingen stoßen auf Zustimmung in der Politik. Die Fraktionssprecher unterstrichen am Donnerstagabend im Gemeinderat besonders, dass eine gute Kommunikation mit den Anliegern wichtig ist. Das wurde direkt deutlich, da Betroffene aus Stetten die Herangehensweise der Verwaltung hinterfragten.

Von Marco Fraune

Lörrach. An der Konrad-Adenauer-Straße soll in dreistöckigen Unterkünften insgesamt Platz für bis zu 192 Flüchtlinge geschaffen werden, wobei laut Plan die dreistöckige Modul- und Festbauweise bis voraussichtlich 2024 fertiggestellt sein wird. Der Gemeinderat gab ebenso grünes Licht dafür, dass geprüft wird, ob im ehemaligen Polizeirevier Flüchtlinge wohnen können.

Die Verwaltung wurde beauftragt, alle Möglichkeiten zu nutzen, dauerhaften Wohnraum zur Anschlussunterbringung in Lörrach zu schaffen.

Das sagen Anlieger

Die in dieser Woche von der Verwaltung präsentierte mittel- und langfristige Strategie bei der Flüchtlingsunterbringung hat bei Anliegern der Konrad-Adenauer-Straße für Unruhe gesorgt, wie eine Eigentümerin die Sorgen von Mietern im Rat kommunizierte. „Wir hätten uns eine andere Kommunikation gewünscht.“

Eine gute gestalterische Planung sei wichtig, dass die Kaltenbach-Stiftung in der wie von der Stadt übermittelten Form helfen kann, wurde angezweifelt, die Plätze seien nicht gut an den Öffentlichen Verkehr angebunden sowie die Einkaufsmöglichkeiten zu weit entfernt, so die Eigentümerin. Der dreigeschossige Ansatz wurde zudem ebenso kritisch bewertet wie die Frage nach einem Lärm- oder Sichtschutz angeführt.

„Wir unterstützen die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt gerne, doch unsere Bedenken müssen mit einfließen und ernst genommen werden. Die Anwohner dürfen nicht vergessen werden“, forderte die Betroffene.

Das sagt die Verwaltung

Oberbürgermeister Jörg Lutz warb um Verständnis, dass die Anwohner nicht vor dem Grundsatzbeschluss des Gemeinderats gehört werden können, daher sei zuvor über die Medien allgemein informiert worden.

Es werde zudem noch eine Info-Veranstaltung für die Bürger geben. „Die Informationsstrategie hat sich bewährt“, verwies Lutz auf die anderen Standorte von Flüchtlingsunterbringungen, wo es geräuschlos abgelaufen sei. „Alle Befürchtungen an den drei Standorten haben sich fast in Luft aufgelöst.“ Die Stadt setzt daher auch für Stetten auf einen Anwohnerbeirat und soziale Betreuung.

Alle möglichen Grundstücke in der Stadt seien außerdem geprüft worden, ergänzte Bürgermeister Monika Neuhöfer-Avdic. An der Konrad-Adenauer-Straße sei es auch der einzig mögliche Bereich, da es ansonsten nur Ausgleichsflächen gebe, wo so etwas nicht möglich ist. Außerdem sei wichtig, dass die Flüchtlingsunterbringungen nicht nur im Norden der Stadt Lörrach liegen, sondern möglichst über die Stadt verteilt. Hinsichtlich der genauen Planung der Gebäude, deren Anordnung und weiteren Punkten befinde sich die Stadt noch im Anfangsstadium.

Das sagt die Politik

Es bestehe Handlungsdruck, daher gehe die Politik auch mit, erklärte Ulrike Krämer (CDU). Wichtig sei, mit den Anwohnern in Kontakt zu bleiben. Die bestehenden Hochbau-Projekte der Stadt dürften zugleich nicht durch das neue Aufgabenfeld in Verzug geraten.

Die SPD unterstütze das Vorgehen der Stadt ebenso, erklärte Hubert Bernnat. Wichtig sei die Kommunikation mit den Anliegern und dass berechtigte Anliegen beachtet werden. Es könne eine modulare Bauweise gewählt werden, die für andere Nutzungen später verändert werden könne.

„Es ist das Gebot der Stunden, dass wir was suchen“, setzt auch Grünen-Sprecherin Margarete Kurfeß auf die Strategie der Stadt, die eine Anmietung von privaten Gebäuden für Flüchtlinge ebenso vorsieht wie an der Weinbrennerstraße die Umwandlung des ehemaligen Polizeireviers in eine Anschlussunterbringung (wir berichteten). Kurfeß machte zugleich klar: „Das sind zusätzliche Finanzmittel, die zur Verfügung stehen. Es sind keine Mittel, die wir anderen Bevölkerungsgruppen wegnehmen.“

200 neue Nachbarn, das gehe nicht spurlos an Anliegern vorbei, ordnete Silke Herzog (Freie Wähler) ein. Wichtig sei für die Flüchtlinge eine gute Begleitung und Ansprechpersonen. „Nur so kann es gut funktionieren.“ Die Bedenken der Anlieger müssten ernst genommen werden.

Es sei richtig, dass die Stadt Lösungen suche, erklärte Matthias Koesler (FDP). Die Alternative, die Menschen in Turnhallen unterzubringen, „das will ich nicht“. Eine Modul-Lösung sei besser.

„Es ist eine Aufgabe, die wir umzusetzen haben“, weiß auch Ulrich Lusche (CDU). Sachlich-inhaltlich gebe es keinen Dissens zwischen Politik und Verwaltung. Doch die Kommunikation sei dann auch außerordentlich wichtig. „Damit es gelingen kann, muss man die Sorgen ernst nehmen, und die Bürger müssen mitgenommen werden.“ Offensiv, selbstbewusst und sensibel müsse das Thema angegangen werden.

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