Lörrach Freiluftersatz für Benefizgala?

Kristoff Meller

Bürgerstiftung: Fortbildungskurse für Sprachförderkräfte geplant. Gebrauchte IT-Infrastruktur gesucht.

Lörrach - Rund 22 000 Euro fehlen der Bürgerstiftung Lörrach durch den coronabedingten Ausfall der Benefizgala. Doch obwohl sie dadurch gezwungen ist, finanziell etwas auf die Bremse zu treten, gibt es mehrere aktuelle Projekte und Ideen, die Lörrachs Bürgern zu Gute kommen sollen. Gleichzeitig kämpft die Stiftung aber auch mit ärgerlichen Entwicklungen.

„Das Prinzip ist einfach: Ein Buch, dem man gerne noch viele Leser wünscht, wird in den öffentlichen Bücherschrank gestellt. Und gleichzeitig stöbert man in den vorhandenen Büchern und findet hoffentlich auch etwas Interessantes zum Mitnehmen.“ So beschreibt die Bürgerstiftung die Funktionsweise ihrer Bücherschränke, die an verschiedenen Orten im Stadtgebiet stehen. Indes gibt es „leider zu viele Personen, die mit dem Angebot unsozial umgehen“, beklagte Stiftungsvorsitzende Ute Lusche bei einem Mediengespräch in dieser Woche (wir berichteten).

Es würden beispielsweise gezielt Bücher mitgenommen, um diese weiterzuverkaufen: „Das ist Unterschlagung und kann strafrechtliche Konsequenzen haben“, betonte die Juristin. Gleichzeitig verstünden einige Personen die Schränke offenbar als Möglichkeit, um Altpapier zu entsorgen: „Es ist nicht Sinn und Zweck, dass unsere ehrenamtlichen Paten alle zwei Tage den Bestand ausmisten und entsorgen müssen“, betonte Franz Schmider, der seit November Karsten Kleine im Vorstandsteam ersetzt hat.

Am Standort Tumringen wurden dafür sogar bereits zwei blaue Tonnen auf Kosten der Stiftung angeschafft – eventuell müssen sie gegen einen Container ersetzt werden. Ein weiteres Ärgernis: Neben Krimis, Romanen und Co. landet immer wieder auch ungeeignete Literatur in den schmucken Schränken: „Manifeste und Bücher zu Indoktrination oder Erweckungserlebnissen haben darin nichts verloren“, betonte Lusche.

Sprachförderung
Eines der Haupttätigkeitsfelder der Stiftung ist seit vielen Jahren die Sprachförderung im Kindergarten – das Fachgebiet von Michaela Kern und Ulrike Fritsch. Ihre Arbeit wird aus eigenen Mitteln und Zuschüssen bezahlt. Die Kindergärten erhalten außerdem Fördermittel von Bund, Land und Stadt. Hier ändern sich aber immer wieder die politischen Rahmenbedingungen.

So läuft das Sprachförderprogramm des Bundes laut Lusche wohl 2022 aus. Außerdem gab es eine „Hängepartie“ beim Land, ob die Förderung trotz coronabedingter Schließung der Einrichtungen weiter läuft. „Das war ein Drama“, beklagte Lusche. Die Zusammenarbeit mit der Stadt laufe hingegen sehr gut. Diese habe auch auf die Pandemie „schnell reagiert“.

Ein neuer Ansatz ist die Qualifizierung des Kindergartenpersonals: Die Stiftung bewirbt sich aktuell für eine Zertifizierung, um das Konzept „Mit Kindern im Gespräch“ im Rahmen des Landesprogramms „Kompetenzen verlässlich voranbringen“ (Kolibri), damit sie künftig Fortbildungskurse für Sprachförderkräfte in Kitas anbieten kann. „Das wäre für uns eine große Hilfe“, sagte Lusche.

„ReUse-IT“
Gebrauchte IT-Infrastruktur an bedürftige Familien und Institutionen abzugeben statt diese wegzuwerfen, das ist der Ansatz des Projekts „ReUse-IT“. Das Prinzip: Gebrauchte, aber noch funktionsfähige Laptops, Computer und Drucker werden gesammelt und von den IT-Experten Marcel Matt und Jonathan Gorenflo von persönlichen Daten gesäubert und gegebenenfalls aufgerüstet.

Anschließend verteilt sie die Stiftung über Schulen und Institutionen – beispielsweise zuletzt an die Schubert-Durand-Stiftung oder das Café Kreuzweg. Anfragen von Einzelpersonen werden hingegen laut Lusche nicht berücksichtigt, da die Stiftung nicht beurteilen könne, wie bedürftig die Person sei.

Bei einer ersten Runde im vergangenen Jahr sollte mit dem Projekt auch die Digitalisierung an Schulen unterstützt werden. Da es aber zu wenige Spenden gab, kaufte die Stiftung letztlich 92 Geräte und verteilte sie an verschiedene Schulen, die Bedarf gemeldet hatten.

Riehle-Fonds
Neben eigenen Projekten verwaltet die Bürgerstiftung auch Nachlässe für gemeinnützige Zwecke – wie seit einigen Jahren den Riehle-Fonds. Das Erbe der Geschwister Riehle, eine alt eingesessene Lörracher Familie, wird durch die Bürgerstiftung möglichst gewinnbringend eingesetzt. Die Erträge werden auf Wunsch der Riehles zweckgebunden an das Frauenhaus, das Hospiz am Buck sowie die Städtische Musikschule verteilt.

Immer mehr Menschen ohne nahestehende Verwandte äußern laut Lusche den Wunsch, dass ihr Erbe gemeinnützigen Zwecken vor Ort zugeführt werde. Lusche: „Es würde mich freuen, wenn dieses Beispiel Schule macht.“

Die Stiftung agiere dabei „wie ein Dienstleister“, erklärte Schmider. Nach dem Tod zweier weiterer Riehle-Familienmitglieder kümmerte sie sich jüngst um die juristischen Formalitäten und räumte eine Vier-Zimmer-Wohnung aus. Diese wird nun gegen eine geringe Miete durch das Frauenhaus genutzt, deren Trägerverein bekanntlich dringend auf der Suche nach Wohnraum ist.

„Ungelegte Eier“
Neben bereits aufgegleisten Projekten gibt es im Vorstand auch „ungelegte Eier“ (Lusche). Franz Schmider würde beispielsweise gerne etwas anstoßen, um von der Pandemie abgehängten Schülern den Schulstoff zu vermitteln – beispielsweise mit Hilfe von pensionierten Lehrern. „Der Bedarf ist da sicher riesig“, glaubt Lusche. Der Vorsitzenden schwebt außerdem ein Projekt zum Thema Kochen mit Jugendlichen vor: „Dafür müssten wir aber die Schulen mit ins Boot holen, und die haben gerade ganz andere Themen.“

Gala-Ersatz für Wirte
Um den Ausfall der Benefizgala im Burghof zumindest ein klein wenig zu kompensieren, überlegt die Stiftung außerdem, eine coronakonforme Freiluft-Veranstaltung im Sommer durchzuführen. „Auch, um unseren Wirten Gelegenheit zu geben, Geld zu verdienen“, erklärte Lusche. Angesichts der dynamischen Entwicklungen in den vergangenen Wochen wolle man aber zunächst mit der Planung abwarten, so die Vorsitzende. Sie betonte: „Die Benefizgala im Februar 2022 haben wir noch nicht aufgegeben.“

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