Lörrach Gemeinden zeigen Frauen die kalte Schulter

Guido Neidinger
 Foto: Die Oberbadische

Nur neun von 33 Kommunen im Kreis unterstützen Frauenhaus. Stadt Lörrach ist mit 15.000 Euro große Ausnahme.

Lörrach - Hilfe erhalten jedes Jahr hunderte von Gewalt bedrohte Frauen aus dem Landkreis Lörrach im Frauenhaus und von der Frauenberatungsstelle. Viele Gemeinden im Kreis aber beteiligen sich an deren Finanzierung gar nicht oder leisten nur symbolische Beträge. Dies wurde in den Haushaltsberatungen der Stadt Lörrach deutlich.

„Es ist beschämend, wie gering die Unterstützung des Frauenhauses durch die Gemeinden im Landkreis ist“, hielt sich Christiane Cyperrek mit ihrer Kritik nicht zurück. Im Gegenteil: Die SPD-Stadträtin prangerte die nur spärlich oder gar nicht fließenden Zuschüsse vieler Gemeinden an. Selbst die größeren Städte wie Weil am Rhein (1600 Euro), Rheinfelden (500 Euro) oder Schopfheim (2000 Euro) lägen weit unter dem Betrag, den man erwarten könne.

Lörracher Gemeinderat würdigt die gute Arbeit des Frauenhauses

Es entstehe der Eindruck, so Cyperrek gegenüber unserer Zeitung, „die anderen Kommunen würden darauf hoffen, dass die Stadt Lörrach hier den Löwenanteil übernimmt“. Ein Kalkül, das aufgeht. Denn Lörrach hat bisher pro Jahr 10 000 Euro an das Frauenhaus als freiwilligen Zuschuss überwiesen. „Das war zu wenig“, konstatierte Uwe Claassen (Freie Wähler) und zeigte sich zufrieden, dass der Zuschuss der Kreisstadt ab 2019 um 5000 Euro auf 15 000 Euro pro Jahr erhöht wird.

Nur neun Gemeinden im Kreis zahlen überhaupt etwas für das Frauenhaus

Alle Fraktionen standen im Hauptausschuss hinter dieser Erhöhung. Hannelore Roßkopf (CDU) erklärte: „Das ist eine wichtige Einrichtung“. Für Günter Schlecht (SPD) steht außer Frage, „dass die Unterstützung leider notwendig ist.“ Uwe Claassen konstatierte: „Dort wird eine tolle Arbeit geleistet.“

Diese Wertschätzung spiegelt sich in den Zuschüssen der anderen Kreis-Gemeinden nicht wider. Das zeigt die Liste ihrer Zuschüsse für die Jahre 2015 bis 2018, die den Lörracher Stadträten in den Haushaltsberatungen vorlag.

Danach haben laut Cyperrek „von 33 Gemeinden nur neun überhaupt etwas gezahlt“. Dies sind: Bad Bellingen 275 Euro, Binzen 200 Euro, Efringen-Kirchen 191,74 Euro, Kleines Wiesental 100 Euro, Schönau 50 Euro, Schopfheim 2000 Euro, Lörrach 10 000 Euro, Steinen 500 Euro und Weil am Rhein 1600 Euro. Andere Gemeinden wie Rümmingen haben dem Frauenhaus seit 2015 jedes Jahr eine Absage erteilt. Wieder andere haben sich laut Cyperrek gar nicht erst gemeldet.

Während Christiane Cyperrek dieses Verhalten ausdrücklich kritisierte, versuchte es Oberbürgermeister Jörg Lutz mit einem positiven Appell: „Die anderen Gemeinden mögen sich an Lörrach ein Beispiel nehmen.“

Ein Beispiel, das dringend notwendig ist. Immer wieder muss das von einem gemeinnützigen Verein getragene Frauenhaus um seine Existenz bangen. In einem Interview mit unserer Zeitung sagte Martina Kopf vom Leitungsteam: „Seit Bestehen des Frauenhauses sind wir immer auf Spenden angewiesen. Wir wären nicht das, was wir heute sind, und wir könnten es auch nicht weiter sein, wenn wir keine Spenden bekommen würden. Grob gesagt, haben wir eine geteilte Finanzierung. Wir bekommen Tagessätze für Frauen und Kinder, die über das Jobcenter und das Landratsamt laufen. Diese decken aber nicht unsere Kosten, zumal wir diese Tagessätze nur für die Frauen bekommen, die Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben.

Aber bei uns sind auch Frauen, die ein kleines Einkommen haben und kein Arbeitslosengeld II beziehen oder das auch gar nicht wollen. Dann haben wir Frauen, bei denen der Aufenthalt nicht klar ist, und die bekommen von niemandem Geld. Mit anderen Worten: Wir benötigen Spenden. Wir bekommen auch Bußgelder. Das ist allerdings sehr variabel. Mal ist der Betrag höher, mal niedriger, oder es gibt gar nichts. Der Verein muss 30 Prozent unseres Haushalts selbst erwirtschaften, sonst könnten wir nicht überleben.“

35.000 Euro für Frauenhaus und Frauenberatung von „Leser helfen“

Damit das Frauenhaus ein paar Existenzsorgen weniger hat, unterstützt die Aktion „Leser helfen“ unserer Zeitung das Frauenhaus in diesem Jahr mit einem Spendenbetrag in Höhe von 20.000 Euro.

Frauenberatungsstelle erhält nur von der Stadt Lörrach Geld

Noch problematischer steht es um die öffentlichen Zuschüsse für die Frauenberatungsstelle. Außer vom Landkreis Lörrach gibt es nur von der Stadt Lörrach einen Zuschuss. Pro Jahr sind dies 7647 Euro. Allerdings wurden die Landkreisgemeinden laut Mike Nizet bisher auch nicht um Zuschüsse gebeten. „Das wollen wir aber jetzt in Angriff nehmen“, ergänzte Nizet und hofft auf die Unterstützung der Gemeinden. Denn auch die Frauenberatungsstelle wird von einem gemeinnützigen Verein getragen und ist auf Spenden angewiesen. Die Frauenberatungsstelle Lörrach ist die einzige spezialisierte Anlaufstelle im Landkreis Lörrach für Frauen und Mädchen, die sexualisierte Gewalt erleben oder erlebt haben. Pro Jahr werden fast 1000 Beratungsgespräche geführt. Außerdem ist die Frauenberatungsstelle mit dem Projekt „Mut tut gut“ präventiv tätig.

Von der Aktion „Leser helfen“ unserer Zeitung wird die Frauenberatungsstelle regelmäßig unterstützt. In diesem Jahr beträgt der Zuschuss voraussichtlich 15.000 Euro.

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