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Lörrach Große russische Ballettkunst

Die Oberbadische
Prinzessin Aurora (Anna Seregina) mit ihren Verehrern: eine der bezaubernden Szenen aus „Dornröschen“, getanzt vom Russischen Nationalballett im Burghof. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Tanz: Abendvorstellung des Russischen Nationalballetts mit „Dornröschen“ im Burghof

Von Jürgen Scharf

Lörrach. In der Abendvorstellung des Russischen Nationalballetts war im vollbesetzten Burghof „Dornröschen“ zu sehen, das seltener aufgeführt wird als „Schwanensee“ oder „Nussknacker“, aber von allen Tschaikowsky-Balletten das vollkommenste ist. Es ist das Ideal des klassischen Balletts – und so wurde es von dem russischen Ensemble auch getanzt: als bezauberndes Ballettmärchen voller Leichtigkeit und Schwerelosigkeit.

Das Corps de Ballet aus dem Opernhaus und Balletttheater von Tscheboksary an der Wolga ist immer auf hohem technischem Niveau, die Solistinnen und Solisten je nach Abendbesetzung mal perfekter in Technik, Musikalität und Ausstrahlung. „Dornröschen“ hat eine ganz besondere Szene, die so in keinem anderen Ballett vorkommt und für die man erfahrene Aurora-Darstellerinnen braucht.

Anna Seregina ist eine solche klassische Balletttänzerin. Am Sonntagabend ließ die Solistin in dieser Rolle zwar durchaus eiserne Disziplin durchscheinen, zeigte aber beim Tanz auf Spitze doch leichte Unsicherheiten. Als Prinzessin Aurora muss sie lange eine auf Spitze gehaltene Position zeigen, die sie nicht ganz unbewegt halten konnte. Diese Attitude, wie sie im Fachjargon heißt, wird nur durch kurze Soli der vier Verehrer unterbrochen. Diese waren Dmitrii Abramov, Dmitrii Poliakov, Karim Mubarakshin und Alexei Riumin; ihre Namen kennt man von verschiedenen Rollen, sie sind in den anderen Balletten auch solistisch zu erleben. Hier tanzten sie die Prinzen originell kostümiert wie die vier Musketiere.

Auch in der Version, die diese Truppe tanzt, ist die Basis der Choreografie nach dem großen Marius Pepita, wird aber für jede Produktion immer leicht abgeändert und je nach Qualifikation der Tänzer, ob sie besser Drehungen, Sprünge oder Pirouetten absolvieren können, angepasst. Deshalb sehen die romantischen Ballettkreationen auch jedes Mal etwas anders aus. Was immer bleibt, sind der opulente Augenschmaus, die attraktiven Solorollen, die prächtigen Kostüme.

Die Choreografie lebt ganz aus der Tradition und erinnert an die goldene Ära, die sich bis heute in klingende Münze verwandelt hat. Wenn auch die Inszenierung und das Bühnenbild wie aus dem Ballettmuseum wirken und leicht Staub angesetzt haben, entsprechen die Aufführungen den Erwartungen des Publikums.

Tadellose Technik

Wie sehr an diesem festen Haus die große russische Ballettkunst hochgehalten wird, sieht man an einer anderen Figur, dem Prinzen Desiré, der in einem mit Schwierigkeiten gespickten ersten Solo herein tanzt. Dmitrii Poliakov war hier in seiner wichtigeren Hauptrolle zu sehen. Weniger der elegante Danseur noble als ein etwas robuster, bodenständiger Tänzertyp, der aber alle Sprünge und Drehungen auf den Punkt bringt, sprungstark ist, sicher auf dem Boden zu stehen kommt, und dessen komplizierte Schraubensprünge nicht nur locker aussehen, sondern in einem großen Bogen gedreht sind, was eine der schwierigsten Übungen sein dürfte.

Mit seiner tadellosen Technik war Poliakov auch der sichere Partner von Aurora – bis hin zu den gut funktionierenden Hebefiguren im großen finalen Pas de deux, der immer Eindruck macht und bei dem das Publikum, ob groß oder klein, glänzende Augen bekommt.

Spannend ist immer die Szene, wenn sich die Prinzessin mit der Spindel sticht. Anna Seregina tanzt nach dem Stich wie von der Tarantel gestochen, bevor sie dann zuerst auf einem Bein zu stehen kommt, dann langsam zu Boden und in einen hundertjährigen Schlaf sinkt. Schön anzusehen ist auch die Traumvision, die sie mit dem Prinzen tanzt.

Beeindruckend war nicht minder Andrey Subbotin als böse Fee Carabosse in einem Furcht einflößenden schwarzen Umhang, der aber mit seiner Bühnenpräsenz fast eine komische Travestie aus dieser Feenrolle macht. Da musste sich die Fliederfee als Gegengewicht ganz schön anstrengen...

Total in die Märchenwelt führen die Feen, Fabelwesen, bunten Gestalten bei Auroras Hochzeit und Figuren wie Rotkäppchen, der Wolf und der Gestiefelte Kater im Divertissement: Da war der Märchenzauber dann komplett.

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