Lörrach Heimspiel für Max Mutzke bei Stimmen

Gabriele Hauger

Stimmen-Festival: Max Mutzke eröffnet Stimmen im Burghof/ Enthusiastisches Publikum

Eine echte Soulstimme trifft mit deutschen Texten mitten ins Herz: Das gelang Max Mutzke beim Auftaktkonzert des Stimmen-Festivals am Mittwochabend. „Wunschlos süchtig“ heißt sein neues Album, das er dem vom ersten Song an enthusiastischen Publikum im quasi ausverkauften Burghof vorstellte.

Von Gabriele Hauger

Lörrach. Es war ein Heimspiel. Fans und viele Freunde aus dem Schwarzwald feierten ihren Max, ließen sich von Mutzkes „guten Geschichten“ mitreißen, von seiner gnadenlos optimistischen Lebens- und Liebeseinstellung. Sie fühlten mit in den stilleren Liedern, die Einblick in Seele und Reflexionen des Sängers verschafften, und – ehe es dann allzu emotional wurde – wieder forttragen auf einer Welle der guten Laune.

Max Mutzke, geerdeter Schwarzwälder, ist ein grundsympathischer Typ. Sein Auftritt nach zwei Jahren Corona-Pause, in einem endlich wieder proppevollen Burghof, in dem die meisten ohne Maske lauschen, ist ein Neustart in schwierigen Zeiten. Und natürlich schwingt dieses Bewusstsein, dieses Gefühl der Unsicherheit, aber auch der Lust auf Hoffnung an diesem Abend mit.

Gute Geschichten

Das hat man selten erlebt: Schon beim ersten Titel steht das Publikum geschlossen, klatscht, jubelt und singt mit, wenn Mutzke seine „guten Geschichten“ erzählt. In die mag manchmal allzu stark gefälliger Mainstream-Pop zum Mitsingen einfließen. „Immer Sommer“ oder „Beste Idee“ (hier klingt der gute Adel Tawil durch) erinnern doch stark an andere deutsche Sänger, die im Radio rauf- und runtergespielt werden.

Viel besser ist Mutzke, wenn er seine Soul-Stimme verinnerlicht und kratzig zum Einsatz bringt, sie kreischen und grooven lässt, wenn er ganz dem Rhythmus hingegeben schnippt, summt und klatscht, mit geschlossenen Augen den Sound auskostend. Da findet sich so manche Soul-Perle. Aufhorchen lässt zum Beispiel „Giganten“, eine sich aufbauende, intensivierende Melodie, – berührend. „Manchmal muss man alles vergessen, um sich wiederzufinden, Die Mauer aus verschwendeter Zeit lässt sich überwinden, Ballast abwerfen, all die losen Enden miteinander verbinden, das Leben ist ein Versprechen, lass uns die Barrikaden durchbrechen und hör nie auf, so zu lächeln...“, heißt es darin. Oder der Song „Nimmst du mich in den Arm“, den er als Zugabe singt, der wirklich jeden anspricht, einem das Herz wärmt. Zu Tränen rührt „Wenn ich mal nicht mehr da bin“, bei dem man gedanklich seinen persönlichen Verlusten nachhängt. Toll auch die lange, schön soulig interpretierte Version seines einstigen Top-Hits „Can’t Wait Until Tonight“, 2008 beim ESC präsentiert – immer noch gut.

Seine Songs, natürlich auch die eingängigen, tanzbaren, machen Spaß, bräuchten indes im Burghof keine so fetten Sounds, keine so intensive Verstärker. Doch das Zusammenspiel der Jungs funktioniert, in viel beklatschten Soli bekommen Nick Flade (Keys), Sam Dieck (Drums), Sebi Gieck (Bass) und Raffael Holzhauser (Gitarre) ihre Würdigung.

Privates und klare Worte

Mutzke plaudert Privates aus, spart in seinen Statements aber auch nicht mit klaren Worten, äußert sich zu Umwelt, Corona, Gesellschaftsspaltung. Ehe es zu moralisierend wird, gibt er seiner Band ein Zeichen, präsentiert den nächsten Song.

Natürlich muss es bei DER deutschen Soul-Stimme, als die Max Mutzke gerne bezeichnet wird, auch um Liebe gehen. Eine neue hat der vierfache Vater gefunden, eine Patchwork-Familie ist entstanden – und ein Pendeln zwischen Waldshut und Köln, was ja nicht das Schlechteste sein muss.

Ohne drei Zugaben darf er die Bühne nicht verlassen. Satte zwei Stunden unterhält er, genießt er. Eine halbe Stunde vor Mitternacht verlassen die Besucher des ersten Stimmen-Konzerts seit langem den Burghof. Und werden diesen Abend in Erinnerung behalten.

Vorgruppe Ruut

Auch wegen des estnischen Duos Ruut, das schon bei „Stimmen on Tour“ überzeugte, nun aber als Vorgruppe einen bemerkenswerten, geradezu sphärischen Auftritt hinlegte. Das hat man so noch nie gehört. Ann-Lisett Rebane and Katariina Kivi stehen an einer speziellen estnischen Zither, klopfen Rhythmen, zupfen Melodien, lassen ihre perfekt harmonisierenden Stimmen klingen. Gespielt wird vierhändig, es wird mit dem Bogen gestrichen oder mit Schlagzeugstöcken geschlagen, so dass ein wahrer Klangkosmos entsteht. Die Musikerinnen greifen tief in die Tradition ihres Landes. In ihren Stücken wird der kalte Nordwind verflucht, das Ende des Leidens beschworen, aber auch getanzt. Ein überzeugender Beitrag, ganz zum „Stimmen“-Festival passend.

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