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Lörrach „Inklusion braucht Personal“

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Soziales: Christin Boczek-Wellmann ist neue Vorsitzende des Behindertenbeirats

Der Behindertenbeirat setzt sich für Inklusion und die Belange von Menschen mit Behinderung ein. Mit Christin Boczek-Wellmann ist eine neue Vorsitzende für das Gremium gewählt worden.

Von Adrian Steineck

Lörrach. Wo sie ihre Hauptaufgaben sieht, warum die Stadt Lörrach bei der Inklusion Nachholbedarf hat und warum es ihr als pflegende Angehörige wichtig ist, etwas zu bewegen, darüber hat sie mit Adrian Steineck gesprochen.

Frage: Frau Boczek-Wellmann, was hat Sie dazu bewogen, sich im Behindertenbeirat zu engagieren?

Mein Sohn hatte einen vorgeburtlichen Schlaganfall. Er wird demnächst fünf Jahre alt und ist durch eine halbseitige Lähmung motorisch eingeschränkt. Als pflegende Angehörige merkt man natürlich, wo die Stadt Lörrach barrierefrei ist und wo nicht. Es ist mir also einfach ein Anliegen, etwas Positives zu bewirken.

Frage: Wo hat die Stadt denn beim Thema Inklusion noch Nachholbedarf?

Wo nicht? (lacht) Ich finde es schwer, das unpolitisch zu formulieren. Es ist natürlich nicht so, dass auf diesem Gebiet nichts getan wird. Aber unsere Spielplätze etwa sind überhaupt nicht barrierefrei. Mein Sohn kann mit knapp fünf Jahren auf dem Spielplatz nur im Sandkasten spielen. Dabei sind Spielplätze Orte, an denen Kinder ganz automatisch zusammenkommen und sich völlig unbefangen begegnen. Es sind also Orte, die dazu beitragen können, dass Vorurteile gar nicht erst entstehen. Generell ist es so, dass überall Personal fehlt. Inklusion braucht mehr Personal. Das bemerke ich als pflegende Angehörige selbst immer wieder.

Frage: Können Sie das an einem Beispiel festmachen?

Es braucht sehr viel Eigeninitiative der Eltern. Ich muss um alles kämpfen und alles beantragen, vom Stuhl bis zum Buggy. Was mir auch geholfen hat, ist die Selbsthilfegruppe „LÖwenstark“ (siehe Infokasten). Als es etwa um die Suche nach einem Kindergartenplatz ging, haben wir bei 15 Kindergärten angerufen. Die Regelkindergärten sind alle überlaufen. Ebenso wie die Schulkindergärten, also Einrichtungen für Kinder mit geistiger und körperlicher Behinderung. Wir haben uns eine inklusive Betreuung, also einen Platz in einem Regelkindergarten, gewünscht. Das bedeutet aber gleichzeitig einen gewissen Mehraufwand für den Kindergarten – in Zeiten des Personalmangels eine echte Herausforderung. Wir hatten Glück. Er ist jetzt in einem Regelkindergarten mit einer Integrationskraft untergebracht. Wir sind in der Gruppe die Piloten, wie auch schon in der Kita.

Frage: Inwiefern?

Er war sowohl in der Kita als auch jetzt im Kindergarten das erste Kind mit einer Behinderung. In der Kita haben beim Abschlussgespräch alle gesagt, dass sie sich vorstellen können, wieder ein Kind mit einer Behinderung anzunehmen. Aber man muss auch ganz klar sehen: Nicht jede Geschichte hat ein Happy-End.

Frage: Mit Blick auf Ihre Arbeit im Behindertenbeirat: Wo sehen Sie da Ihre Hauptaufgaben?

Es wird jetzt darum gehen, in einem Workshop Ende Januar zu schauen, wo wir ansetzen können. Wir haben ein motiviertes und engagiertes Team. Ich will nicht alles neu machen. Was es an guten Projekten gibt, das wird auch weitergeführt. Wir werden auch weiter das Gespräch mit der Stadt zu suchen.

Bei „LÖwenstark“ handelt es sich um eine Elterninitiative. Gegründet wurde sie von einer Gruppe von Eltern mit unterschiedlich beeinträchtigten Kindern. Sie tauschen sich über ihre Erfahrungen aus und setzen sich dafür ein, dass die Kinder dazu gehören. Laut Christin Boczak-Wellmann hat die Gruppe Mitglieder aus vielen Städten im Landkreis Lörrach. Die Initiative setzt sich für die Vernetzung der Angebote für Familien mit Kindern, die eine Behinderung haben, ein. Daneben macht sie sich für inklusive Spielplätze und inklusive Kindergartenplätze stark. Näheres unter info@loewenstark-eltern.de und www.loewenstark-eltern.de.

Christin Boczek-Wellmann setzt sich für die Sichtbarkeit von Kindern mit Behinderung ein. Die 33-Jährige informiert auf Instagram (@chri.bo.well) zum Thema vorgeburtliche Schlaganfälle. Sie ist Mutter zweier Söhne und lebt in Stetten.

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