Lörrach „It must schwing!“

Die Oberbadische
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Konzert: Eine Reise durch die Zeit mit „The Jazz Animals“ im Lörracher Burghof

Von Nina Ricca

Lörrach. Eine bunt gemischte Gruppe Jazzliebhaber aus der ganzen Region hatte sich am Dienstagabend auf den Weg gemacht, um auf dem Konzert „The Jazz Animals“ im Burghof einem Stück Musikgeschichte mit klangvollen Erinnerungen Respekt zu zollen. Das Plattenlabel „Blue Note“, für Jazzmusiker etwa so prägend wie einst Gutenbergs Buchdruck für Bücherfreunde, würde dieses Jahr seinen 80. Geburtstag feiern.

„Das Besondere an dieser Hommage ist, dass Blue Note von zwei deutschen Immigranten gegründet wurde, und damit das einflussreichste Jazzlabel der Musikgeschichte gleichzeitig ein Stück deutsche Historie ist.“ Mit diesen Worten eröffnete Pianist Axel Zwingenberger eine der insgesamt neun deutschlandweiten „Jazz Nights“.

Der Titel der Konzertreihe „The Jazz Animals. It must schwing! A tribute to Alfred Lion & Francis Wolff“ verrät eingefleischten Jazzkennern, was für ein spannendes Stück Historie hier musikalisch entstaubt wird. Die beiden Berliner Freunde Alfred Lion und Francis Wolff mussten aufgrund ihrer jüdischen Herkunft 1938 vor dem NS-Regime fliehen und starteten in New York das Plattenlabel Blue Note. Die erste Aufnahmesession am 6. Januar 1939 begann unter anderem mit den Boogie-Woogie-Pianisten Albert Ammons und Meade Lux Lewis.

Passend dazu eröffnete Axel Zwingenberger den Abend mit einem gekonnten, schnellen und aufmunternden Boogie-Woogie, eben jenem leichtherzigen Bluespiano, das als eine der Wurzeln des Jazzklaviers gilt.

Nach der kurzen Einführung in die ersten Jahre des Plattenlabels folgte mit George Gershwins „Summertime“ das erste Stück mit dem Saxofonisten und Bandleader Émile Parisien. Der 38-jährige Franzose wurde gerade erst im Oktober auf Schloss Elmau für sein Album „Double Screening“ mit dem Jahrespreis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet und gilt in der Jazzwelt als herausragender Visionär.

Herausragender Jazzvisionär

Die fließenden Variationen des Duos waren ein erstes Warmlaufen für einen hochwertigen Jazzabend. Ab dem darauffolgenden Stück „Blue Train“ von dem gleichnamigen Studioalbum von John Coltrane füllte sich die Bühne mit den für diese Hommage passenden Jazzkünstlern. Stimmungsvoll hinterlegt von Schlagzeuger Gerald Weaver, „stampfte“ eine unangestrengt verspielte Dampflok nicht nur in Coltranes „Blue Train“ durch die Entwicklung der Jazzgeschichte, immer wieder aufgelockert von beschwingten, vielschichtigen Saxofoneinsätzen.

Passend dazu konkurrierte der junge Trompeter Theo Croker mal wild abstrakt mit dem Klavierspiel des israelischen Pianisten Yaron Hermann, mal entführte er mit sanften, lockenden Tönen gedanklich aus dem Saal, durchgehend klar und sauber gespielt. Als gelungene Abrundung konnte Posaunist Glenn Ferris, der seit über 45 Jahren den Ruf eines des besten Posaunisten der USA genießt, immer wieder die Tonwellen einfangen und zusammenführen, mit beeindruckenden Soli, die dank seines Könnens in ihrer Dichte geradezu leicht wirkten.

Nach einem spannenden Abend mit frei gemalten Klangbildern nach Dizzy Gillespie, Miles Davis und Thelonius Monk, in dem elegant gespielte Soli von jedem der sechs Musiker mit begeistertem Zwischenapplaus honoriert wurden, erschien mit dem 90-jährigen „Special Guest“ Benny Golson noch eine lebende Legende des Hard Bop auf der Bühne. Golson war nicht nur einer der Weggefährten der Blue Note- Gründer, er war außerdem prägend für den sanft, souligen Jazz der 50er Jahre. Gemeinsam mit der Tribute-Band holte er zum Abschluss fast schon melodisch und mit Augenzwinkern eine ruhig schwingende Seite des vielseitigen Musikstils hervor, den die „Jazz Animals“ Lion und Wolff in ihrem Label auf Schellackplatten verewigt hatten. Der Slogan der deutschen Immigranten kam auf jeden Fall nicht zu kurz: „It must schwing!“

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