Lörrach Jugendrat soll sich politisch beteiligen können

Bernhard Konrad
Der große Ratssaal der Stadt Lörrach: Ort der politischen Debatte – die sich mitunter auch mal im Klein-Klein verzettelt. Foto: Kristoff Meller

Der Hauptausschuss begrüßt die Schaffung von Spielregeln für die Beteiligung des Jugendrats. Intensiv diskutiert wurden gleichwohl Fragen der Redezeit – während die Jugend schweigend zuhörte.

Der Lörracher Jugendrat setzt sich insbesondere für Themen von hoher Relevanz für Jugendliche ein, beispielsweise die Nutzung öffentlicher Orte, die Verbesserung von Sportanlagen und -möglichkeiten oder Fragen des Schulalltags.

Rechte des Jugendrats

Die Vertreter des Jugendrats haben in Ausschuss- oder Gemeinderatssitzungen kein Stimmrecht. Aber: Ihr Rederecht ermöglicht es ihnen, Anliegen vorzutragen. Das Anhörungsrecht legt fest, dass sie zu bestimmten Fragestellungen gehört werden müssen. Zudem sollen Anträge des Jugendrats wie Fraktionsanträge behandelt werden. Das heißt: Sie werden auf die Tagesordnung des Gemeinderats gesetzt.

Sollte „im Ausnahmefall“, so Fachbereichsleiter Thomas Wache, etwas Jugendrelevantes nichtöffentlich diskutiert werden, könne eine Vertretung des Jugendratsvorstands gesondert dazu eingeladen werden.

Als Vertreter des Jugendrats bat Florian Bauer im Ausschuss darum, dass dieser bei den betreffenden nichtöffentlichen Themen so weit als möglich eingebunden wird. Erfreulich sei, dass sich Stadt und politische Gremien nun konkret mit dem Thema befassen.

Lob für das Engagement

Die Ausschussmitglieder lobten das Engagement der Jugendlichen durch die Bank. Günter Schlecht (SPD) sagte: „Ich finde es toll, dass Sie sich für die Demokratie einsetzen.“ Ulrike Krämer (CDU) schloss sich dem an, bat aber die Verwaltung darum, die Frage des Antragsrechts nochmals sachlich zu prüfen – ob dem tatsächlich so sei. Ulrich Lusche (CDU) merkte an, perspektivisch sei es wichtig, dass sich die Altersstruktur des Gemeinderats ändere. Pirmin Gohn (FDP) fügte hinzu, der gesamte Prozess bis zur Einbindung des Jugendrats habe deutlich zu lange gedauert.

Eschers Kritik

Bernhard Escher (fraktionslos) will die Rechte des Jugendrats keineswegs beschnitten sehen. Doch war er der Auffassung, es sei nur fair, dass die Regeln so geändert werden, dass er als Fraktionsloser die gleichen Rechte habe. Konkret: Er, Escher, sei von allen Bürgern der Stadt gewählt und dürfe lediglich drei Minuten sprechen, Vertreter des Jugendrats dagegen fünf. Zudem müsse er fünf Unterstützerstimmen sammeln, um einen Antrag einreichen zu können – der Jugendrat nicht. Diese Regelung benachteilige ihn und sollte darum angepasst werden.

Jörg Müller (Freie Wähler) signalisierte Unterstützung für Escher: Müller bezeichnete die Handhabung fraktionslosen Gremienmitgliedern gegenüber als „unglücklich“.

Wache erinnerte nochmals daran, dass sich der Jugendrat ausschließlich bei Jugend-Themen einbringen könne (im Gegensatz zu den Stadträten) – er sei quasi die „Fraktion der Jugendlichen“.

Schlechts Replik

Günter Schlecht musste erkennbar Selbstdisziplin üben, um an sich zu halten. Er sprach Escher direkt an, der aus eigenem Antrieb aus der CDU-Fraktion ausschied: „Immer wieder kommen Sie mit Ihrer Fraktionslosigkeit. Sie selbst haben entschieden, fraktionslos zu sein. Jetzt eine Verbindung von ihrer Fraktionslosigkeit zum Jugendrat herzustellen, ist deplatziert. Ich kann es nicht mehr hören!“ OB Jörg Lutz schloss die Debatte mit dem Satz: „Auch ich sehe hier keinen Zusammenhang.“

Die Abstimmung war einstimmig, am 29. Februar entscheidet der Gemeinderat. Schweigend nahmen die beiden Vertreter des Jugendrats das Resultat zur Kenntnis.

 

DER KOMMENTAR

Von Bernhard Konrad

Die kontinuierliche Einbindung des Jugendrats wird nur dann gelingen, wenn Anregungen der Jugendlichen  nicht bloß gehört, sondern mitunter auch umgesetzt werden.

Stadt und Gemeinderat müssen die Jugendvertretung  bei Jugendthemen „in angemessener Weise beteiligen“ –  das gibt die Gemeindeordnung vor. Für diese Mitwirkung an politischen Prozessen werden nun die Spielregeln konkretisiert: Sie sollen festlegen, wann und wie sich Jugendliche einbringen können.

Bei allen Formen kommunalpolitischer Beteiligung neben den städtischen Gremien ist die Frage der Wirksamkeit von entscheidender Bedeutung.   Das letzte Wort hat der Gemeinderat – und dieser hat immer das große Ganze im Blick zu behalten. Klar ist aber auch: Wenn Bürger zur Beteiligung ermutigt, ihre Ideen aber nie aufgegriffen werden, wird das  Engagement bald wieder beendet sein.   Das wird in der Konsequenz  die öffentliche Wahrnehmung der  Verwaltung und des Gemeinderats negativ beeinflussen. 

Die Anregungen des Jugendrats werden gewiss nicht immer berücksichtigt werden können. Doch haben Kommune und Gemeinderat mit Blick auf die Jugendvertretung eine besondere Verpflichtung. Es handelt sich um ein gewähltes Gremium – auch wenn die Wahlbeteiligung gering war.

Lörrach kann froh sein, dass sich junge Menschen kommunalpolitisch in der Stadt engagieren. Ihre „angemessene Beteiligung“ ist ein weites Feld mit großem Interpretationsspielraum. Stadt und Gemeinderat tun gut daran, dieses Feld so zu bestellen, dass es fruchtbar bleibt.  Als Ernte eingefahren wird nicht ausschließlich die Umsetzung von Vorschlägen, sondern gleichzeitig auch der positive Blick auf die  Kommune, ihre   politischen Gremien und unsere   demokratischen Strukturen.

 

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