Von Guido Neidinger
Wohnungsnot: Immer mehr Menschen in Lörrach von Obdachlosigkeit bedroht
Von Guido Neidinger
Die Diagnose ist nicht neu: Der Lörracher Wohnungsmarkt ist weitgehend leergefegt. Vor allem sozial schwachen Bürgern droht deshalb immer häufiger die Obdachlosigkeit.
Lörrach. „Erschreckend“, „ernüchternd“, das waren Worte, die am Donnerstag in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Technik, Bildung und Soziales (AUT) fielen. Soeben hatte Stefan Heinz von der Fachstelle für Wohnungssicherung seinen Jahresbericht vorgetragen. Die Betroffenheit bei den Ausschussmitgliedern war spürbar – auch eine gewisse Hilfslosigkeit.
Jahr für Jahr tragen Heinz und dessen Kollegin Sylvia Ziegler ihren Bericht vor, und von Jahr zu Jahr steigen die Zahlen der von Obdachlosigkeit bedrohten Bürger. Für 131 Haushalte bemühten sich die Mitarbeiter der Fachstelle im vergangenen Jahr um die Sicherung der Wohnung. Ein Jahr zuvor waren es noch 103 und 2010 erst 69 Haushalte. Wie wichtig diese Arbeit ist, zeigt die Erfolgsquote. In 71 Fällen konnte die Beratung abgeschlossen und der Wohnungsverlust damit verhindert werden.
Innerhalb von sechs Jahren hat sich die Problematik in der Stadt nahezu verdoppelt. „Immer mehr Menschen kommen wegen Wohnungsnot zu uns“, konstatierte Heinz. Das bedeutet auch, dass das Personal der Fachstelle mehr und mehr an seine Grenzen langt. Verschärfend kommt laut Heinz hinzu, dass auch immer mehr Flüchtlinge die Hilfe der Fachstelle in Anspruch nehmen.
Die Empfehlungen lauten: Intensivierung der Präventionsarbeit, was zusätzliches Personal bedingt, und vor allem die Schaffung von erschwinglichem Wohnraum.
Nach dem Bericht sind alleinstehende Männer ohne Kinder (37.4 Prozent) am häufigsten von Wohnungslosigkeit bedroht. Überproportional betroffen sind ältere Menschen ab 50 (52 %) Erschreckend ist, dass nicht nur Hartz-IV-Empfänger (27,2%) betroffen sind, sondern auch berufstätige Menschen (21,9%).
„Wir brauchen mehr günstigen Wohnraum“ war denn auch reihum im Ausschuss die einhellige Meinung. Bürgermeister Michael Wilke betonte, dass die Stadt „mit Hochdruck“ dabei sei, zusätzliche Wohnungen zu schaffen. Mut machte er sich und den Ausschussmitgliedern mit den Worten: „Wir sind auf einem guten Weg, auch wenn es vielleicht noch schwieriger wird.“
Schwieriger wird es auch deshalb, weil immer mehr Flüchtlinge nach ihrer Unterbringung in den Gemeinschaftsunterkünften auf den heimischen Wohnungmarkt drängen. In der Anschlussunterbringung kommen in diesem Jahr auf die Stadt Lörrach mehr als 200 Flüchtlinge zu, die eine Wohnung benötigen.
Derzeit ist die Stadt dabei, noch intakte leer stehende Abrisshäuser für diese Gruppe ausfindig zu machen. Auch an eine Wohnanlage für Flüchtlinge in einfacher Holzbauweise auf dem Füssler-Areal im Norden des Grüttparks wird gedacht.