Bei allem Respekt vor Grenzach-Wyhlen: Dieser Durchmarsch von der Amtsleitung der Doppelgemeinde an die Spitze der großen Kreisstadt ist eine gewaltige Veränderung. Gemeinsam mit Lutz ist sie nun Chefin von 700 Mitarbeitern. Darüber hinaus zeichnet die Stelle der Bürgermeisterin auch eine zentrale „politische“ Dimension aus: Vor allem in dieser Hinsicht wird eine Menge Arbeit auf Neuhöfer-Avdic zukommen. Das kann funktionieren – sie kann sich dabei aber auch selbst im Wege stehen.
Bei aller Authentizität ihrer Freundlichkeit kann sie sehr dominant auftreten. Nicht in einem aggressiven Sinn; eher, indem sie während einer Debatte gelegentlich einen etwas belehrenden Gesprächsstil entwickelt, der die Adressaten ihrer Erklärungen in ein entsprechendes Licht rücken kann. Das ist nicht ihre Absicht, Neuhöfer-Avdic will vereinen, aber sie muss zur Kenntnis nehmen, dass sie bislang offenbar eher spaltet – den Gemeinderat und die Öffentlichkeit.
Ihr unverstelltes Selbstverständnis ist eine wunderbare Eigenschaft, die sie sich als Bürgermeisterin bewahren sollte. Aber: Auch wenn direkt nach der Wahl nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden darf – ihre unmittelbare Aussage gegenüber unserer Zeitung: „Das Ergebnis der nächsten Bürgermeisterwahl in Lörrach wird deutlicher ausfallen“, sagt einiges aus über ihren Anspruch, ihren Ehrgeiz, über diese Verletzung – und über ihr Selbstbewusstsein.